Unglaublich aber wahr: Enorm hohe Betriebskosten und ganz geringe Belegung in der ZUE Wimbern

29. November 2016

WIMBERN. Wie hoch sind die monatlichen beziehungsweise jährlichen Betriebskosten für die „Zentrale Unterbringungseinrichtung“ (ZUE) für Flüchtlinge in Wimbern? – Eine Frage, die die Bezirksregierung Arnsberg als Betreiber der ZUE eigentlich ganz schnell hätte beantworten können, da eine ordentliche Verwaltung die Gesamtausgaben doch sicherlich aufaddiert unter einer Kostenstelle in der Jahresabschlussrechnung des Finanzhaushaltes zur Verfügung stehen hat. Und nach dem nordrhein-westfälischen Landespressegesetz ist die Behörde natürlich zur Transparenz und zur Auskunft gegenüber Medienvertretern diesbezüglich verpflichtet. Trotzdem dauerte die Beantwortung der simplen Anfrage von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ an die Behörde schlussendlich mehrere Wochen. Und ohne die Androhung juristischer Schritte gegen die Verantwortlichen in der Bezirksregierung hätten wir die Summe wohl immer noch nicht. Nachstehend wird vielleicht klar, warum man solch ein Geheimnis darum gemacht hat.

In einer Anfrage an die Bezirksregierung vor einigen Wochen wollte „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ nur wissen wie hoch die „laufenden Betriebskosten“ für die landeseigene Massenunterkunft im ehemaligen Marien-Krankenhaus an der Mendener Straße 52 in Wimbern tatsächlich sind. Angefangen von Miete und Mietnebenkosten über Personalausgaben für Betreuer, Dolmetscher, Haustechniker, Lehrer, Reinigungskräfte, Sicherheitsdienst und Verwaltungsmitarbeiter bis hin zu Energie- und Telekommunikationskosten sowie Grundsteuer und Gebühren für Abwasser und Müll, Essenslieferung und Verbrauchsmaterial et cetera. – Kurzum die gesamten bislang bekannten Kosten für den Betrieb der Einrichtung sowie die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung der Bewohner.

Betriebskosten von jährlich mehr als 8,9 Millionen Euro

Am Freitag (25. November 2016) kam die Antwort auf unsere Frage dann schließlich in einem Satz per E-Mail. Pressesprecher Benjamin Hahn von der Bezirksregierung Arnsberg schrieb: „Die von Ihnen erfragten monatlichen Gesamtbetriebskosten der ZUE Wickede (inkl. Miete, Betreuungsverband, Sicherheitsdienst, Nebenkosten etc.) betragen 741.900,80 Euro.“

Dies entspricht laufenden Kosten von insgesamt mehr als 8,9 Millionen Euro pro Jahr! – Und zur Erinnerung: Genutzt werden soll die am 14. April 2014 eröffnete Einrichtung im ehemaligen Marien-Krankenhaus planmäßig bis mindestens ins Jahr 2024 hinein. Also zehn Jahre!

Betreuungs-Vertrag mit Malteser-Werken läuft 2017 aus

Wie sich die laufenden Betriebskosten weiter entwickeln würden, bliebe allerdings abzuwarten, so Benjamin Hahn. Denn bereits im kommenden Jahr wolle die Bezirksregierung die Betreuungs- und Versorgungsleistungen, die die Arnsberger Landesbehörde bislang an die Malteser-Werke delegiert habe, neu ausschreiben. Dadurch könne „ein vollkommen anderes Kostengefüge“ entstehen.

Die Vertragsdauer mit dem dann künftig beauftragten „Betreuungsverband“ – dies könnten auch wiederum die „Malteser“ sein – solle zwei Jahre dauern, so Hahn. Danach gäbe es zweimal eine Verlängerungsmöglichkeit des Vertrages um jeweils ein Jahr. – Deshalb „ändern sich die laufenden Gesamtbetriebskosten also definitiv 2017 und dann 2019 oder 2020 – oder allerspätestens 2021“, meint der Sprecher der Bezirksregierung.

Würden die Kosten aber ähnlich wie bisher bleiben, käme innerhalb der aktuell geplanten zehn Betriebsjahre eine Gesamtsumme von mehr als 89 (!) Millionen Euro nur für die Betriebskosten heraus. Und darin sind tatsächlich noch längst nicht alle Ausgaben für die Massenunterbringungseinrichtung und ihre Bewohner enthalten.

Hinzu kommen Sozial- und Gesundheitskosten für die Flüchtlinge

Nicht eingerechnet in die monatlichen Ausgaben seien beispielsweise die Sozial- und Gesundheitskosten für die Flüchtlinge – wie Taschengeld und Kosten für medizinische Versorgung, bestätigte Benjamin Hahn auf Nachfrage von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“.

Bei einer angestrebten Regelbelegung von jetzt 400 Plätzen (plus 250 Plätze als reine Standby- beziehungsweise Not-Plätze) dürften sich auch diese Ausgaben nochmals bis zu einem hohen sechsstelligen oder sogar siebenstelligen Betrag summieren.

Knapp 150 Euro monatliches „Taschengeld“ pro Flüchtling

Denn aus seriösen überregionalen Medien geht hervor: „In der Erstaufnahmeeinrichtung erhält ein erwachsener alleinstehender Flüchtling (…)143 Euro zur Deckung persönlicher Bedürfnisse – das sogenannte Taschengeld. Zusammenlebende Partner erhalten je 129 Euro. Für ein Kind bis zu sechs Jahren gibt es im Monat 84 Euro, im Alter von 6 bis 13 Jahren sind es 92 Euro. Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren bekommen 85 Euro.“ (Quelle: http://www.merkur.de/politik/fluechtlinge-was-bekommen-sie-in-deutschland-faktencheck-5565086.html ).

Gesundheitskosten von einigen hundert Euro pro Kopf und Jahr

Die Gesundheitskosten liegen – laut einer WDR-Erhebung – im kommunalen Bereich bei jährlich durchschnittlich 660 Euro pro Flüchtling. (Quelle: http://www1.wdr.de/nachrichten/fluechtlinge/gesundheit-fluechtlinge-umfrage-100.html .) – Angaben über die genauen Gesundheitskosten für die Flüchtlinge in der Landeseinrichtung in Wimbern liegen uns nicht vor.

Weitere 7,5 Millionen Euro für Baumaßnahmen

Neben den laufenden Betriebskosten kommen noch erhebliche Ausgaben für Um- und Neubauten am Gebäudekomplex des ehemaligen Marien-Krankenhauses hinzu, die durch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben werden. – Laut aktuellen Planungen liegen diese Kosten bei etwa 7,5 Millionen Euro (wir berichteten).

Derzeit leben nur 40 (!) Bewohner in der ZUE in Wimbern

Angesichts dieser immensen Kosten rund um die „Zentrale Unterbringungseinrichtung“ (ZUE) für Flüchtlinge in Wimbern glaubt man fast an eine Fehlinformation, wenn man dann hört, dass in dem riesigen Gebäudekomplex derzeit nur etwa 40 Flüchtlinge wohnen.

Auf Nachfrage von "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE" hat die Bezirksregierung Arnsberg diese Zahl aber ausdrücklich schriftlich bestätigt: „etwa 40“ (in Worten: vierzig).

Und wir erinnern uns: die monatlichen Kosten betragen 741.900,80 Euro.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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Die ZUE in Wimbern ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Die ZUE in Wimbern ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Die brisante Antwort auf die scheinbar einfache Frage versuchten die Verantwortlichen der Bezirksregierung Arnsberg über Wochen hinauszuzögern. Ja, sie hätten sie am Liebsten ganz verschwiegen … SCREENSHOT
Die brisante Antwort auf die scheinbar einfache Frage versuchten die Verantwortlichen der Bezirksregierung Arnsberg über Wochen hinauszuzögern. Ja, sie hätten sie am Liebsten ganz verschwiegen … SCREENSHOT
Pressesprecher Benjamin Hahn von der Bezirksregierung Arnsberg vor der ZUE in Wimbern ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Pressesprecher Benjamin Hahn von der Bezirksregierung Arnsberg vor der ZUE in Wimbern ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER