Kunick warnt vor Lebensgefahr durch Dohlen-Nester in Kaminen und Schornsteinen

6. April 2017

WICKEDE. Wegen akuter Lebensgefahr für einen Wohnungsmieter legte Bezirksschornsteinfegermeister Hans-Jürgen Kunick am gestrigen Mittwoch (5. April 2017) eine Heiz- und Warmwassertherme in einem Haus in der Blumenstraße in Wickede still. Denn durch den Nestbau von Dohlen war der Abzug der Heizung des Gebäudes komplett verstopft worden und Kunick befürchtete die Bildung einer tödlichen Kohlenstoffmonoxid-Konzentration in der Raumluft. – Das giftige Gas entsteht unter anderem bei der unvollständigen Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Materialien.

Da es aktuell in der Ruhrgemeinde immer häufiger Dohlen-Nester in benutzten Abluftschächten gibt, rät der Bezirksschornsteinfegermeister allen Hausbesitzern zu zwei Sicherheitsmaßnahmen: Zum einen sollten Immobilieneigentümer so genannte „Dohlen-Gitter“ fachgerecht vom Dachdecker über Kamin- und Schornsteinöffnungen anbringen lassen – und zum anderen sollten sie in Räumen mit Heizthermen sowie offenen Feuerstätten unbedingt automatische Kohlenmonoxid-Melder installieren. Denn bei der Einatmung gelangt „Kohlenmonoxid“ (CO) über die Lunge in den Blutkreislauf und kann zu einem „Erstickungstod“ führen.

Kohlenmonoxid: Geruchs- und geschmackloses unsichtbares Giftgas

Kohlenmonoxid ist ein heimtückisches Giftgas, welches geruchs- und geschmacklos sowie unsichtbar ist und damit von den menschlichen Sinnesorganen nicht wahrgenommen wird. CO-Vergiftungen werden von den Opfern häufig viel zu spät oder gar nicht erkannt, da keine körperlichen Warnzeichen wie Atemnot oder Hustenreiz auftreten. Lediglich Kopfschmerzen und Schwindel – die aber meist nicht richtig gedeutet werden – sind Anzeichen für eine solche Vergiftung. Deswegen kommt es immer wieder zu Todesfällen. Bereits ein paar Atemzüge genügen, um bei einer überhöhten CO-Konzentration besinnungslos zu werden.

Kleine Rabenvögel mit silbrig-schwarzem Federkleid

Die Dohlen sind kleine Rabenvögel mit silbrig-schwarzem Federkleid und zählen zu den bedrohten Brutvogelarten. – Durch ihren Nestbau in aktiven Kaminen und Schornsteinen werden sie allerdings selbst zu einer lebensgefährlichen Bedrohung – nämlich für Menschen und Haustiere.

Da die Höhlenbrüter immer weniger natürliche Nistplätze oder offene Nischen in alten Gebäuden für ihre Eiablage und die Aufzucht ihrer Jungvögel finden, bauen sie ihre Nester einfach in Kamine und Schornsteine, die noch in Funktion sind. – Und: „Solche Vogelnester im Kamin führen durch Verhinderung des Rauchabzugs zu tödlichen Gefahren für die Bewohner des betroffenen Hauses“, wissen Schornsteinfeger und Feuerwehrleute.

Zunächst lassen die Dohlen bei ihrem Nestbau längere dürre Äste in die Schächte fallen, die sich dort verkanten. Daraufhin wird das hölzerne Gerüst dann mit Federn, Gras, Haaren sowie Papier- und Plastikstücken ausgepolstert und somit zu einem dichten Verschluss, der sich bis zu fünf Metern unter der Mauerkante befinden kann und damit für Schornsteinfeger schwer zu beseitigen ist.

Brütende Vögel und Jungvögel stehen unter Artenschutz

Haben die Dohlen erst einmal Eier gelegt oder sind die Jungvögel noch nicht flügge, gibt es ein weiteres Problem für Hauseigentümer und Wohnungsbesitzer: Aus Artenschutzgründen dürfen die Nester der Rabenvögel, die auf der „Roten Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen“ stehen, nicht mehr beseitigt werden. Stattdessen müssen Abluftschächte und Heizungen vom Schornsteinfeger bis zum Ende der Brutzeit der Dohlen stillgelegt werden. Die gesetzlichen Vorschriften lassen ihm keine andere Wahl. – Wer trotzdem Gelege illegal entfernt oder Dohlen tötet, muss mit empfindlichen Strafen rechnen, wenn er angezeigt wird.

Bezirksschornsteinfegermeister rät zu Dohlenschutzgittern und CO-Meldern

Je nachdem wie die Dohlennester gelagert sind, kann die Beseitigung aufwändig und kostspielig werden. Nicht zuletzt deshalb ist der Einbau eines Dohlenschutzgitters als vorbeugende Maßnahme durchaus sinnvoll. – Trotzdem rät der Wickeder Bezirksschornsteinfegermeister Hans-Jürgen Kunick aber noch zu einem elektronischen CO-Warnmelder in Räumen mit Heizungsbrennern und  Notstromaggregaten, da auch Fälle bekannt seien, wo die Dohlen auch noch durch Schutzgitter ihr Nistmaterial geworfen hätten, wenngleich die Vögel sich dann dort wenigstens nicht mehr niedergelassen hätten.

Probleme mit verstopften Abluftschächten haben zugenommen

Die Probleme mit Dohlen-Nestern in Schornsteinen und Kaminen in der hiesigen Region hätten jedenfalls in den letzten Jahren erheblich zugenommen, erklärte Bezirksschornsteinfegermeister Hans-Jürgen Kunick.

Er reagierte am gestrigen Mittwoch sofort, nachdem er vom Dohlen-Nestbau an der Blumenstraße gehört hatte und machte sich direkt vor Ort ein Bild von der Lage. Zurecht! Denn der Abzug der Heizungstherme war schon so verstopft, dass der Lichtstrahl einer Taschenlampe nicht mehr bis zu einem Spiegel an einer Prüfklappe durchdrang. Ein sichtbares Zeichen dafür, dass Gefahr in Verzug war. – Auch Laien können so übrigens selbst testen, ob ihr Rauchabzug im Haus frei oder bereits durch ein Vogelnest blockiert ist.

Bei der „Wohnungssuche“ schnell auf das Dach des Nachbarn

Einen Nachteil haben Dohlengitter allerdings: „Ist der eine Kamin geschützt, suchen sich die Vögel einen anderen.“ – Man selbst lebt also sicherer, aber die Gefahr könnte auf Gebäude in der Nachbarschaft übergehen. Denn die Brutvögel bleiben natürlich auf „Wohnungssuche“. Und diese ist für die Rabenvögel angesichts von immer mehr menschlichen Siedlungen nicht so einfach. Tierschützer sehen es deshalb kritisch, dass der Lebensraum der Dohlen zunehmend eingeengt wird.

Gute Bausubstanz ohne Mauerlöcher bietet wenig Nistmöglichkeiten

In der freien Natur zählen Baumhöhlen und steinerne Nischen zu den beliebtesten Brutplätzen der Dohlen. Außerhalb von Wäldern und Parks sowie Steinbrüchen sind die kleinen Rabenvögel dagegen auf Mauerlöcher in alten Ruinen, Spalten in Kirchtürmen oder eben Schornsteine und Kamine angewiesen. – Gerade durch die Sanierung von Altbauten gehen aber leider viele Brutmöglichkeiten für Dohlen verloren.

NABU empfiehlt spezielle Nistkästen für Höhlenbrüter

Der Naturschutzbund (NABU) rät deshalb: „Wer die Möglichkeit hat, in etwas größerer Höhe einen speziellen Dohlen-Nistkasten anzubringen, kann selbst dazu beitragen, die Wohnungsnot dieser interessanten Vögel zu lindern.“ – In Deutschland brüten nach gegenwärtigem Stand übrigens rund 100.000 Dohlenpaare.

Nach Beobachtung schnell Gegenmaßnahmen ergreifen

Wer die Nestbauer bei der Arbeit beobachtet, sollte eiligst zu Gegenmaßnahmen schreiten. Denn innerhalb weniger Stunden können die Vögel genug „Baumaterial“ heranschaffen, um einen notwendigen Abzug zu verstopfen.

Kommt es zu einem solchen Verschluss sollten Bewohner ins Freie flüchten und von dort Feuerwehr und Schornsteinfeger alarmieren. Denn das giftige Gas kann schneller wirken als man denkt. – Und nur die Fachleute sind mit Atemschutzmasken und mobilen CO-Meldern zur Eigensicherung ausgerüstet.

Erst wenn der Schornsteinfeger das Dohlennest beseitigt und die Feuerwehr das Haus mit zu hoher CO-Konzentration gründlich belüftet hat, kann es wieder gefahrlos von den Besitzern betreten werden.

Allerdings ist dabei zu beachten, dass die fleißigen Dohlen innerhalb von wenigen Stunden wieder ein neues Nest an gleicher Stelle bauen können, wenn zwischenzeitlich noch kein Schutzgitter installiert wurde.

Aufmerksame Nachbarn und Passanten sollten Betroffene warnen

Wichtig seien auch aufmerksame Nachbarn und Passanten, die Hausbesitzer warnen würden, wenn sie Dohlen an Kaminen und Schornsteinen beim Nestbau beobachteten, betonte Feuerwehr-Chef Georg Ptacek am gestrigen Mittwoch im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“. Denn selber blicke man viel zu selten auf die eigenen Kamine oder Schornsteine.

Die Nachbarn sollten Betroffene vor allem sofort warnen oder notfalls die Notrufnummer 112 wählen, wenn Opfer mit Kohlenmonoxid-Vergiftung in den Gebäuden zu befürchten seien. – Selbst in Räume mit eventuell zu hoher CO-Konzentration zu gehen, sei hingegen unvernünftig und lebensgefährlich.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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Bezirksschornsteinfegermeister Hans-Jürgen Kunick warnt vor der vielfach unterschätzten Gefahr einer Kohlenmonoxid-Vergiftung. Er rät unbedingt außen zu Dohlen-Schutzgittern und innen zu CO-Meldern. FOTO: ANDREAS DUNKER
Bezirksschornsteinfegermeister Hans-Jürgen Kunick warnt vor der vielfach unterschätzten Gefahr einer Kohlenmonoxid-Vergiftung. Er rät unbedingt außen zu Dohlen-Schutzgittern und innen zu CO-Meldern. FOTO: ANDREAS DUNKER
Eine Dohle auf einem Kamin eines Wohnhauses an der Blumenstraße in Wickede FOTO: ANDREAS DUNKER
Eine Dohle auf einem Kamin eines Wohnhauses an der Blumenstraße in Wickede FOTO: ANDREAS DUNKER
Lange dürre Äste auf Plätzen neben Kaminen und Schornsteinen weisen auf einen möglichen Nestbau von Dohlen hin. Die Vögel haben sie eventuell beim Transport zu ihrem "Bauplatz" fallen gelassen. FOTO: ANDREAS DUNKER
Lange dürre Äste auf Plätzen neben Kaminen und Schornsteinen weisen auf einen möglichen Nestbau von Dohlen hin. Die Vögel haben sie eventuell beim Transport zu ihrem "Bauplatz" fallen gelassen. FOTO: ANDREAS DUNKER
Fachgerechte Montage eines Dohlen-Schutzgitters durch einen Dachdecker auf einem Haus in der Blumenstraße in Wickede. FOTO: ANDREAS DUNKER
Fachgerechte Montage eines Dohlen-Schutzgitters durch einen Dachdecker auf einem Haus in der Blumenstraße in Wickede. FOTO: ANDREAS DUNKER
Feuerwehr-Chef Georg Ptacek sagte, dass aufmerksame Nachbarn häufig die einzigen sind, die Dohlen beim Bau ihrer Nester in Kaminen und Schornsteinen beobachteten und betroffene Hausbesitzer unbedingt vor der Gefahr warnen sollten. FOTO: ANDREAS DUNKER
Feuerwehr-Chef Georg Ptacek sagte, dass aufmerksame Nachbarn häufig die einzigen sind, die Dohlen beim Bau ihrer Nester in Kaminen und Schornsteinen beobachteten und betroffene Hausbesitzer unbedingt vor der Gefahr warnen sollten. FOTO: ANDREAS DUNKER