Kampfhunde-Steuer: Geht es der Gemeinde um Gefahrenabwehr oder Geldmacherei?

11. September 2017

WICKEDE (RUHR). „Vorfälle mit gefährlichen Hunden in Wickede sind uns nicht bekannt“, erklärte Polizeioberkommissar Jens Westhaus von der Pressestelle der Kreispolizeibehörde Soest am heutigen Montag (11. September 2017) auf Nachfrage von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“. Und auch Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) sind seit Beginn seiner Amtszeit im Jahre 2014 keine Probleme mit so genannten „Kampfhunden“ bekannt, wie er gegenüber unserer Redaktion erklärte.

Trotzdem schlägt die Verwaltung die Einführung einer kommunalen Sondersteuer als Lenkungsmaßnahme für die Haltung von vermeintlich gefährlichen „Listenhunden“ vor.

Nur wenige „Kampfhunde“ im Gemeindegebiet

Für die Besitzer der sechs im Gemeindegebiet registrierten „Kampfhunde“, die teilweise von normalen Familien aus Tierheimen übernommen wurden, ist dies eine enorme finanzielle Mehrbelastung. Denn sie sollen künftig statt bislang 60 immerhin 408 (!) Euro pro Jahr für ihr Tier als Abgabe an die Gemeinde abführen. Bei Mehrfachhaltungen will die Kommune sogar 576 Euro pro Hund erheben.

Protest von den Hundehaltern

Doch die betroffenen Besitzer protestieren gegen das Ansinnen des Rathauses. Sie haben eine Facebook-Initiative „Wickede gegen Kampfhundesteuer“ gestartet, die bereits von mehr als 50 Mitgliedern unterstützt wird. Federführend dabei sind Anja Hromadka und Yvi Junger. Sie wurden zwischenzeitlich von Bürgermeister Michalzik für den heutigen Montagnachmittag zu einem Gespräch eingeladen, um ihre Stellungnahme zum Thema abzugeben.

Gegenüber „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ teilte Anja Hromadka bereits im Vorfeld mit: „Besitzer von Listenhunden, die diese ordnungsgemäß anmelden, belegen bei Anmeldung die erforderliche Sachkunde. Die meisten Listenhund-Halter absolvieren mit ihren Hunden einen Wesenstest   und widerlegen somit deren Gefährlichkeit.“

Neue Quelle zur Verbesserung der gemeindlichen Einnahmen

Der Kommune scheint es bei der Einführung der „Kampfhundesteuer“ denn auch weniger um eine vorausschauende Gefahrenabwehr sowie die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung im Gemeindegebiet zu gehen. Denn Michalzik erklärte am Freitag (8. September 2017) gegenüber „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“: „Jede Gemeindeverwaltung muss der Politik aufzeigen, an welchen Stellen Einnahmen verbessert werden können. Das tut die aktuelle Vorlage zur Hundesteuer. Dabei hat Kämmerer Wiese zutreffend auch aufgezeigt, das fast alle NRW-Kommunen eine Sondersteuer für sogenannte gefährliche Hunde nehmen und wie sich das bei uns auswirken würde.“

Politiker sollen im Haupt- und Finanzausschuss beraten

Inwieweit ein „Bestandsschutz“ für vorhandene Listenhunde oder ein bestandener Wesenstest, der die Gefährlichkeit der jeweiligen Tiere individuell widerlegt, zu einer Steuerermäßigung für die Halter führen könnte, bleibt der Beratung im Haupt- und Finanzausschuss des politischen Rates der Gemeinde Wickede (Ruhr) vorbehalten.

Bestimmte Halter oder Hunderassen: Wo liegt die Gefahr?

„Die Zuordnung von bestimmten Hunderassen zu potentiell gefährlicheren als anderen Hunden ist bei den Veterinärverwaltungen und in einschlägiger Fachwelt (Kynologen) durchaus umstritten“, weiß auch Martin Michalzik, der während seiner Zeit in der Düsseldorfer Landesregierung selbst für dieses Sachgebiet mit zuständig war. „Grundsätzlich können auch ,harmlose‘ Hunde scharf/aggressiv abgerichtet werden und kann zum Beispiel ein nicht tiergerecht erzogener und geführter, möglicherweise sogar dazu abgerichteter Schäferhund oder anderer großer Hund gleich gefährlich sein. Gleichwohl und zur Vereinfachung wurden als Ergebnis der fachlichen und politischen Diskussion, die insbesondere Anfang der 2000-er Jahre aufgrund schwerer Zwischenfälle (Pitbulls etc.) erfolgte, Listen etabliert, die weithin akzeptiert und in der Anwendung auch rechtlich tragfähig sind.“

Auch die normale Hundesteuer soll um satte 20 Prozent erhöht werden

Um satte 20 Prozent steigen soll übrigens auch die Hundesteuer für die weniger gefährlichen Hunde (wir berichteten). Auch dabei scheint es der Kommune hauptsächlich um die Generierung von Geldeinnahmen zu gehen und nicht um die Finanzierung eines tatsächlichen Aufwandes oder gestiegener Kosten.

Einnahmen fließen in allgemeinen Finanzhaushalt der Kommune

Michalzik: „Die Einnahmen fließen dem allgemeinen Haushalt zu. Eine direkte Zweckbindung ist gesetzlich nicht geregelt, grundsätzlich ist aber eine gewisse Lenkungs- und Kontrollwirkung beabsichtigt, um die Zahl der Hunde im Blick zu haben und insbesondere Mehrfachhundehaltung zu begrenzen.“

Laut Gemeindeverwaltung gibt es aktuell übrigens 956 angemeldete Hunde in Wickede (Ruhr).

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“


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Ist dieser vermeintlich gefährliche Listenhund ein Familienhund oder ein Kampfhund? Die Besitzer müssten für eine Haltung künftig eventuell teuer bezahlen, wenn die Kommune wirklich eine Sondersteuer einführt. FOTO: PRIVAT
Ist dieser vermeintlich gefährliche Listenhund ein Familienhund oder ein Kampfhund? Die Besitzer müssten für eine Haltung künftig eventuell teuer bezahlen, wenn die Kommune wirklich eine Sondersteuer einführt. FOTO: PRIVAT