Gedenkfeier: Schüler verlasen Namen der 117 Wassertoten in Wickede und stellten Kerzen auf

19. Mai 2018

WICKEDE (RUHR). „Den Namen eines Menschen zu bewahren, heißt sein Verschwinden im Vergessen verhindern“, erklärte Bürgermeister Dr. Martin Michalzik am Donnerstagabend (17. Mai 2018) anlässlich des 75. Jahrestages der „Möhnekatastrophe“ bei einer Gedenkfeier am Mahnmal an der Ruhr. – Bei der Katastrophe in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 waren im Möhne- und Ruhrtal mehr als 1.300 Menschen in den ausströmenden Wassermassen der Möhnetalsperre ertrunken, nachdem die britische Royal Air Force (RAF) mit Spezialbombern ein riesiges Loch in die Sperrmauer gerissen hatte (wir berichteten). Alleine in der damaligen Gemeinde Wickede kamen 117 Bürger in den mehrere Meter hohen Wassermassen um.

„Trümmer und verendete Tiere, Fahrzeuge und große Bäume – und beim näheren Hinsehen immer mehr Körper lebloser Menschen“ hätten damals das Tal bis hin zum heutigen Marktplatz übersät, berichtete Michalzik rückblickend über den schwärzesten Tag in der Geschichte der Gemeinde. Viele Wickeder hätten damals durch die entfesselten Gewalten des Wasser „nahe Verwandte, gute Nachbarn oder liebe Freunde“ verloren.

Schüler verlasen Namen und stellten Kerzen auf

In Erinnerung an die Wickeder Opfer der Möhnekatastrophe verlasen drei Schüler der örtlichen Sekundarschule die Namen der Toten – während Jungen und Mädchen aus den Grundschulen vor dem Mahnmal jeweils eine Kerze als symbolisches Zeichen der Erinnerung für die Verstorbenen aufstellten.

Erhalt des Friedens bleibt gemeinsame Aufgabe

Bürgermeister Dr. Martin Michalzik: „Schließlich kommen wir zusammen, weil wir unter dem Eindruck dieses Wickeder Traumas spüren, dass der Friede – den wir heute haben – nicht nur ein Geschenk ist und schon gar nicht selbstverständlich. Sondern auch unsere gemeinsame Aufgabe bleibt. Es ist eben nicht selbstverständlich, dass wir als die Kinder und Enkel der Menschen, die damals Bomben aufeinander warfen und unendlich viel Leid erlitten und ausübten, heute in Europa friedlich zusammen kommen.“

Als Wunde ins Herz von Wickede (Ruhr) eingegraben

Der 17. Mai 1943 habe sich „als Wunde ins Herz dieser Gemeinde eingegraben“, so Michalzik. Aus der bitteren Erfahrung des Zweiten Weltkrieges und durch die Möhnekatastrophe vor Ort müsse die Suche nach Frieden die Aufgabe der Bürger in Wickede bleiben, damit durch Krieg nie wieder „Träume ertränkt und Hoffnungen begraben“ würden.

Rund 200 Teilnehmer bei der Gedenkfeier am Mahnmal

Insgesamt nahmen rund 200 Wickeder an der Gedenkfeier zur Erinnerung an die Möhnekatastrophe vor 75 Jahren teil.

Vorausgegangen war ein kleiner Trauermarsch mit Fahnenabordnungen der örtlichen Vereine von der Gaststätte Erlenhof über die Hauptstraße parallel zur Ruhr. Trommler des Spielmannszuges der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Wickede (Ruhr) hatten diesen gemeinsamen Gang zur Gedenkstätte musikalisch begleitet.

Mit einstigen Kriegsfeinden heute freundschaftlich verbunden

Am Mahmmal für die Wassertoten wurde die Gedenkfeier durch die Sängerin Clara Schröter mit dem Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, die Trompeterin Antonia Gutland und den Dudelsackspieler Steven MacPherson, ein Wickeder mit britischen Wurzeln, mitgestaltet.

Mit Blick auf Steven MacPherson meinte Michalzik: „Seine Mitwirkung macht deutlich, dass wir heute Verbundenheit mit den Menschen aus dem Vereinigten Königreich erleben, mit dem wir einst verfeindet waren.“

Traditionell nahmen zudem der Männergesangverein (MGV) „Quartett“ sowie die Seelsorger von katholischer und evangelischer Kirche an der Veranstaltung teil.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“


Die Namen der 117 Toten aus Wickede | wickede.ruhr HEIMAT ONLINE

ANZEIGE
ANZEIGE
Bürgermeister Dr. Martin Michalzik, der katholische Pfarrer Thomas Metten und der evangelische Pfarrer Dr. Christian Klein sowie rund 200 weitere Bürger der Gemeinde Wickede (Ruhr) nahmen an der Gedenkfeier zur Erinnerung an die Wassertoten der Möhnekatastrophe an der Ruhr teil. FOTO: ANDREAS DUNKER
Bürgermeister Dr. Martin Michalzik, der katholische Pfarrer Thomas Metten und der evangelische Pfarrer Dr. Christian Klein sowie rund 200 weitere Bürger der Gemeinde Wickede (Ruhr) nahmen an der Gedenkfeier zur Erinnerung an die Wassertoten der Möhnekatastrophe an der Ruhr teil. FOTO: ANDREAS DUNKER
Jungen und Mädchen der örtlichen Schulen verlasen die Namen der 117 Wickeder Wassertoten und stellten Kerzen zum Gedenken am Mahnmal zur Erinnerung an die Möhnekatastrophe auf. FOTO: ANDREAS DUNKER
Jungen und Mädchen der örtlichen Schulen verlasen die Namen der 117 Wickeder Wassertoten und stellten Kerzen zum Gedenken am Mahnmal zur Erinnerung an die Möhnekatastrophe auf. FOTO: ANDREAS DUNKER
Der Wickeder Dudelsackspieler Steven MacPherson spielte "Amazing Grace". FOTO: ANDREAS DUNKER
Der Wickeder Dudelsackspieler Steven MacPherson spielte "Amazing Grace". FOTO: ANDREAS DUNKER

WIR DANKEN DEN NACHSTEHENDEN INSTITUTIONEN UND PERSONEN FÜR DIE BEREITSTELLUNG DER ARCHIVFOTOS: BUNDESARCHIV, GELSENWASSER AG, GEMEINDE MÖHNESEE, KREISARCHIV SOEST, RUHRTALVERBAND, STADT FRÖNDENBERG, HELMUT EULER und KARL-HEINZ WILMES