13. Juli 2018
WICKEDE (RUHR) / MÖHNESEE. An heißen Sommertagen ist an Flüssen, Kanälen und Talsperren immer wieder ein leichtsinniger und lebensgefährlicher Freizeitspaß zu beobachten: Vor allem Jugendliche springen von Brücken, Klippen und Stauwehren ins kühle Wasser. Solch ein Sturz in die Tiefe kann jedoch tödlich oder mit erheblichen Blessuren enden, wie bundesweite Beispiele aus den Vorjahren beweisen. – Harald Bendler von der Ortsgruppe Neheim-Hüsten der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) erklärte im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ deshalb: „Man sollte niemals in unbekannte Gewässer springen. Das ist lebensgefährlich!“
Bestätigt werden diese Warnungen des Neheimer DLRG-Sprechers
vom Essener Ruhrverband, der den Wasserstand des Flusses durch seine Talsperren
und Stauseen im Sauerland reguliert. So heißt es in einer Pressemitteilung des
Ruhrverbandes vom heutigen Freitag (13. Juli 2018):
„In jedem Jahr wiederholt sich ein Trend: An der Möhnetalsperre lassen sich vor allem Jugendliche dazu hinreißen von der Körbecker Brücke, der Delecker Brücke oder den Wänden des Steinbruchs in Delecke ins Wasser zu springen. Die waghalsigen Sprünge sind nicht nur für die Springer selbst, sondern auch für andere eine große Gefahr. Denn während jeder Sprung in unbekannte Gewässer wegen eventueller Hindernisse unter der Wasseroberfläche ohnehin schon zu schwersten Verletzungen führen kann, kommt bei einer Talsperre wie dem Möhnesee noch der schwankende Wasserspiegel hinzu. Im Klartext: Eine Stelle, die vielleicht gestern noch tief genug war, kann schon heute oder morgen zu flach sein!“
Balt: „In eine Talsperre zu springen ist daher aus gutem Grund verboten. Der als Tauchrevier ausgewiesene Steinbruch in Delecke birgt zudem noch ein weiteres Risiko: Hier muss jederzeit damit gerechnet werden, dass unter Wasser Taucher unterwegs sind beziehungsweise plötzlich auftauchen, die durch den Leichtsinn der Springer ebenfalls gefährdet werden.“
Hinzu kommen noch bewegliche Hindernisse wie Boote oder Treibgut, welches zu spät von den Springern erkannt wird.
Rettungsschwimmer und Tauchlehrer rät von Sprüngen in die Ruhr dringend ab
Von Sprüngen in die flache Ruhr in Wickede rät der Rettungsschwimmer und Tauchlehrer Harald Bendler dringend ab. Der Wasserstand des Flusses sei einfach zu niedrig, weiß der DLRG-Vorsitzende aus Neheim. Und Strömungen an Brückenpfeilern und Wehren sowie natürliche Stromschnellen innerhalb der Ruhr könnten selbst für erfahrene Schwimmer zur lebensbedrohlichen Gefahr werden.
Besondere Gefahren an Stauwehren innerhalb des Flusses
An Stauwehren könne die Strömung des Flusses zudem „innendrehende Wellen“ erzeugen, die Schwimmer nach unten ins Wasser zögen, warnt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) weiter. Komme in einer solchen Situation noch eine Panikattacke des Opfers hinzu, könne dies schnell zum Ertrinken desjenigen führen.
Bei einem Unfall, sollten Beobachter sofort den Notruf 112 der Rettungsleitstelle anrufen, rät die DLRG. Keinesfalls sollten unausgebildete Laien direkt selbst als vermeindliche Retter ins Wasser springen. Dabei würden sie sich häufig nur noch selbst in Gefahr bringen.
Baden und Schwimmen in der Ruhr weder
verboten noch erlaubt
Das Baden und Schwimmen in der Ruhr in Wickede sei übrigens weder
verboten noch erlaubt, erklärte Bürgermeister Dr. Martin Michalzik
(CDU) am heutigen Freitag (13. Juli 2018) auf Anfrage von „wickede.ruhr HEIMAT
ONLINE“. Die persönliche Gefährdungslage müsse jeder Bürger selbst einschätzen.
Er selbst würde das Schwimmen in der Ruhr allerdings nicht empfehlen, da das Flusswasser kein hygienisch kontrolliertes Badegewässer sei, meinte Michalzik.
Zum Abkühlen und Planschen bei heißen Außentemperaturen sowie als Naherholungsgebiet eigne sich der renaturierte Teil des Fließgewässers oberhalb des alten Trommelwehres aber sicherlich gut, so der Bürgermeister.
Wasserqualität der Ruhr erfüllt mittlerweile Vorgaben der EU-Richtlinie für Badegewässer
Ausführlich nahm Britta Balt als Sprecherin des
Ruhrverbandes in Essen kürzlich Stellung zur Eignung der Ruhr als Badegewässer
und zum Schwimmen:
„Die Wasserqualität der Ruhr ist mittlerweile wieder so gut, dass sie an vielen Tagen im Jahr die strengen Grenzwerte der EU-Badegewässerrichtlinie (umgesetzt in Form der NRW-Badegewässerverordnung) einhält. Insbesondere die Konzentrationen der Nährstoffe Stickstoff und Phosphor sind dank der verbesserten Reinigungsleistung der Kläranlagen des Ruhrverbands seit Jahren rückläufig. Auch die hygienische Situation (Belastung des Wassers mit Escherichia-coli-Bakterien und intestinalen Enterokokken) ist so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr.“
Weiter erklärte Balt auf Anfrage von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“: „Wenn es sehr stark regnet, wird überschüssiges Regenwasser, das die Kläranlage nicht mehr fassen kann, unter Umständen direkt ins Gewässer geleitet. Das ist baulich so vorgesehen, damit der Kläranlage nicht zu viel Wasser auf einmal zufließt. Für das Gewässer ist es auch unschädlich, da das Abwasser durch das Regenwasser sehr stark verdünnt ist. Allerdings kann es dabei zu kurzzeitigen Verschmutzungen an der vorgesehenen Badestelle kommen, die durch die Strömung und die Selbstreinigung des Flusses nach kurzer Zeit wieder beseitigt sind.“
Keine offizielle Badestelle mit Frühwarnsystem in Wickede (Ruhr)
Da es in Wickede (Ruhr) kein Frühwarnsystem für solch kurzzeitige Verschmutzungen gäbe, sei hier keine für offizielle Badestellen hygienisch vorgeschriebene Wasserqualität garantiert, so Balt.
Anders sei dies an der eigens im Mai 2017 vom Ruhrverband eröffneten Badestelle „Seaside Beach“ am Baldeneysee in Essen, der von der Ruhr durchströmt wird.
Bis vor 75 Jahren gab es in Wickede ein Naturfreibad an der Ruhr
Bis zur Zerstörung durch die Wassermassen der
Möhnekatastrophe am 17. Mai 1943 – also vor 75 Jahren – gab es übrigens auch in
Wickede ein „Strandbad“ an der Ruhr.
Die „deichpolizeiliche Genehmigung“ zur Errichtung eines solchen Naturfreibades mit Fließgewässer hatte die Gemeinde am 23. April 1932 vom Landrat des Kreises Soest erhalten. Historische Fotos und Prospekte in heimatkundlichen Text- und Bildbänden zeugen noch von dieser Zeit. (Aus urheberrechtlichen Gründen dürfen wir diese Dokumente hier leider nicht abbilden.)
Freibad wurde 1964 eröffnet und erhielt vor 30 Jahren ein Edelstahlbecken
Am 20. Juni 1964 wurde nach etwa dreieinhalbjähriger Bauzeit
dann das heutige Freibad zwischen Ruhr und Hövelwald im Osten von Wickede
errichtet. Die damaligen Baukosten betrugen rund 1,3 Millionen Mark.
„Das neue
Freibad bleibt zunächst noch unbeheizt, erst Jahre später wird das Wasser
leicht vorgewärmt, bevor man es in die Schwimmbecken lässt“, heißt es dazu in
der „Chronik des 20. Jahrhunderts – 100 Jahre · Wickede (Ruhr) · 1900 – 2000“. Und
weiter: „Nach einer umfassenden Renovierung und Modernisierung wird das
Wickeder Freibad am 28. Mai 1988 wieder eröffnet. Als erstes Schwimmbad in
Nordrhein-Westfalen ist es mit einem Edelstahlbecken ausgestattet.“
ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“