Glasfaser-Ausbau bis Schützenfest abgeschlossen?

14. März 2019

WICKEDE (RUHR). Bis zum Schützenfest will die „Deutsche Glasfaser“ (DG) nunmehr alle Arbeiten ihres Infrastrukturausbaus in der Gemeinde Wickede (Ruhr) wirklich abgeschlossen haben. Auch die Kunden des Telekommunikationsanbieters aus Borken, die ihre Verträge mit dem Unternehmen bis zum Ende der Nachfragebündelungsphase abgeschlossen haben, sollen bis Ende Juni an die schnelle Internetverbindung angeschlossen werden. Dies erklärten am heutigen Donnerstag (14. März 2019) der DG-Geschäftsführer Dr. Stephan Zimmermann und der zuständige Projektleiter Peter König. – Ob es bei dem Termin bleibt oder es noch weiter in die Verlängerung geht, bleibt trotzdem abzuwarten. Denn Deutsche Glasfaser hat schon zu viel versprochen und zu wenig gehalten. Die Glaubwürdigkeit des Unternehmens in der Gemeinde hat jedenfalls stark gelitten.

Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) und Echthausens Ortsvorsteher Rainer Belz (CDU) machen nun offensichtlich politisch richtig Druck, damit die Verwirklichung des „Jahrhundert-Projektes“ nicht „noch hundert Jahre“ dauert, sondern zeitnah zum Abschluss kommt.

Denn scheinbar befürchten die Kommunalpolitiker ansonsten unangenehme Diskussionen mit verärgerten Bürgern während der Schützenfeste.

Viel lieber würden sie da aber über den erfolgreichen Anschluss der heimischen Ortslagen ans schnelle weltweite Glasfasernetz plaudern. – Ein Jahr vor der nächsten Kommunalwahl sicherlich verständlich.

Bürgermeister: „Ich will den Verdruss nicht wegreden!“

Rathaus-Chef Michalzik erklärte im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ denn auch: „Ich will den Verdruss nicht wegreden!“ Bislang habe die Gemeindeverwaltung erst ein Drittel der aufgerissenen Gehwege und Straßen abgenommen und für gut befunden. An anderen Stellen gebe es noch erhebliche Probleme, räumte der Verwaltungschef ein.

Unbegehbare Gehwege und kaputte Straßen in Echthausen

Für Echthausen berichtete Ortsvorsteher Belz, dass es inzwischen einige „nicht mehr begehbare Gehwege“ im Dorf gebe und eine Frau bereits gestürzt sei. Immer noch bestehende Fräskanten im Straßenasphalt könnten zudem zur Beschädigung von Fahrzeugen führen.

Belz erinnerte die DG-Vertreter in diesem Zusammenhang deshalb an ihre „Verkehrssicherungspflicht“.

Ortsvorsteher hat seit Monaten keine Bauarbeiter mehr im Dorf gesehen

Zudem berichtete der Ortsvorsteher, dass er im Dorf Echthausen seit einigen Monaten keine Bauleute des von Deutsche Glasfaser beauftragten Generalunternehmens mehr gesehen hätte und die Maßnahmen schlicht stockten.

Deutsche Glasfaser liegt im Streit mit Generalbauunternehmer

DG-Geschäftsführer Dr. Stephan Zimmermann erklärte dazu, dass Deutsche Glasfaser inzwischen nicht mehr mit dem für Echthausen ursprünglich beauftragten Straßen- und Tiefbau-Unternehmen zusammenarbeite, da man mit der Qualität der Leistungen nicht zufrieden gewesen sei.

Derzeit stritten sich die Parteien über die Abschluss- und Nachbesserungsarbeiten, berichtete Zimmermann.

Da der Streitwert im signifikanten sechsstelligen Bereich läge, könne die Deutsche Glasfaser nunmehr auch kein anderes Unternehmer für Echthausen beauftragen, so der DG-Geschäftsführer.

Dazu wie dieser Konflikt möglichst schnell im Interesse der Echthausener Bürger aufgelöst werden soll, sagte der Manager aus Borken nichts.

Weitere Probleme im Industriegebiet Westerhaar in Wickede

Weitere Probleme gibt es im Wickeder Industriegebiet Westerhaar, wo die Bauarbeiter eines anderen beauftragten Generalunternehmens die Leitungen angeblich teilweise nur in einer Tiefe von 30 statt der vorgegebenen 40 Zentimetern verbuddelt haben sollen.

Auch damit sind die Gemeinde Wickede (Ruhr) als Eigentümerin und Abnahme-Behörde sowie Deutsche Glasfaser als Auftraggeber nicht einverstanden und verlangen Nachbesserungen von der Firma.

Nur 35 von rund 100 Unternehmen haben Glasfaser gebucht

Im Gewerbegebiet haben bislang übrigens nur 35 der rund 100 dort angesiedelten Unternehmen den teuren Business-Tarif der Deutschen Glasfaser gebucht.

Den dort befindlichen Privathaushalten ist dieser Tarif viel zu teuer. Sie bleiben deshalb bislang vom digitalen Fortschritt ausgeschlossen.

Nachdem dieses Thema durch „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ angesprochen worden war, versprach DG-Geschäftsführer Dr. Stephan Zimmermann allerdings, dass er gemeinsam mit Wickedes Bürgermeister und der Gemeindeverwaltung nach flexiblen Lösungen für die betroffenen Bürger suchen und diese sicherlich auch finden würde.

Michalzik betonte in diesem Zusammenhang, dass die Kommune ebenso wie der Infrastrukturanbieter allerdings an die Wirtschaftlichkeit denken müsse. Es gebe rund 30 Einzellagen im Gemeindegebiet, die nur mit sehr hohem Aufwand an das weltweite Glasfasernetz angebunden werden könnten, da sie weitab der größeren Siedlungen lägen.

Inwieweit Deutsche Glasfaser wirklich zu individuellen Lösungen für die Problemfälle beiträgt, bleibt abzuwarten.

Deutsche Glasfaser hat die Bürger belogen

Denn am heutigen Donnerstag wurde eine weitere ganz große Lüge des Unternehmens offenbar: Während die Bürger und Betriebe großteils damit geködert wurden, dass die Hausanschluss-Kosten von rund 750 Euro angeblich nur während der Phase der (ersten) Nachfrage-Bündelung entfallen würden, erklärte DG-Geschäftsführer Dr. Stephan Zimmermann jetzt plötzlich, dass sich die Deutsche Glasfaser diesbezüglich auch weiterhin bei Neukunden kulant zeigen und bis auf weiteres keine Kosten berechnen werde. – Wer also nur deshalb schnell einen Vertrag unterschrieben hatte, um genau diesen Betrag zu sparen, ist also der Dumme.

Die verantwortlichen Vertreter von Deutsche Glasfaser scheinen es da offenbar mit dem alten CDU-Politiker Konrad Adenauer zu halten, der gesagt haben soll: „Was kümmert mich mein (törichtes) Geschwätz von gestern?“ – Das kaufmännische Gebaren eines seriösen Geschäftspartners sieht anders aus.

Die aktuelle Bilanz fast genau zwei Jahre und einen Monat nach der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages zwischen der Gemeinde Wickede (Ruhr) und Deutsche Glasfaser am 15. Februar 2017 ist jedenfalls ernüchternd.

Kundenzufriedenheit soll nicht durch ein neutrales Institut erhoben werden

Wie die Zufriedenheit der rund 1.800 Glasfaser-Kunden in den zirka 3.800 Haushalten in Echthausen, Wickede und Wiehagen mit dem Angebot von Deutsche Glasfaser auf Dauer ist, bleibt abzuwarten.

DG-Geschäftsführer Dr. Stephan Zimmermann will diese zwar eventuell telefonisch abfragen lassen – allerdings durch kein neutrales Institut, sondern durch eigene Call-Center-Mitarbeiter.

Und etliche unzufriedene Kunden des Unternehmens haben bereits die Erfahrung machen müssen, dass Deutsche Glasfaser auf Kritik kaum reagiert.

Mit dem Kundenservice ist es offenbar vorbei, wenn Marketing und Verkauf im Zuge der Nachfrage-Bündelung erst einmal abgeschlossen sind.

Wenn es das schnelle Internet gibt, spricht keiner mehr über heutige Probleme

Wenn die Bürger in Echthausen, Wickede und Wiehagen erst einmal über schnelle Internetverbindungen surfen könnten, würde über diese Probleme allerdings wohl kaum noch jemand sprechen, meinten Kommunalpolitiker und Verwaltungsmitarbeiter übereinstimmend.

Und damit dürften sie vermutlich Recht behalten. Denn Glasfaser ist eine Zukunftstechnologie, die in unserem digitalen Zeitalter sicherlich als Infrastrukturfaktor für die Wohn- und Gewerbegebiete einer Gemeinde oder Stadt sehr wichtig ist.

Und darüber möchten Bürgermeister und andere Kommunalpolitiker während der Schützenfeste in der Ruhrgemeinde reden und nicht über die derzeit noch bestehenden Probleme und Konfliktpotentiale.

Als Entschädigung mehr Bandbreite für die Kunden

Als Entschädigung für die Unannehmlichkeiten und Verzögerungen will Deutsche Glasfaser ab dem 1. Juni seinen örtlichen Kunden übrigens kostenlos mehr Bandbreite zur Verfügung stellen. – Offenbar hat man doch irgendwie ein schlechtes Gewissen ob der ganzen Probleme.

Stellt sich nur die Frage: Wer braucht dieses Mehr an Leistung wirklich? Denn bereits jetzt dürften die wenigsten Bürger und Betriebe die gebuchte Bandbreite voll ausnutzen.

Positive Bilanz des Schlückinger Ortsvorstehers

Wirklich zufrieden zeigte sich bei dem heutigen Treffen nur Schlückingens Ortsvorsteher Willi Eickhoff (CDU). Denn das Dorf zwischen Haar und Hellweg wurde großteils in Eigenintiative mit Hilfe des kleinen Coesfelder Telekommunikationsanbieters „MueNet“ mit dem modernen Glasfaser-Netz erschlossen. Aber auch über das Unternehmen Deutsche Glasfaser, welches die Büdericher Haar und den Siedlungsbereich rund um die St.-Josef-Kapelle mit schnellen Internetverbindungen versorgt, konnte Eickhoff nichts Negatives sagen.  

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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Präsentierten die teilweise problematische Bilanz des Glasfaser-Ausbaus in der Gemeinde Wickede (Ruhr) (von links): Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU), Schlückingens Ortsvorsteher Willi Eickhoff (CDU), Wirtschaftsförderin Ruth Hornkamp, Geschäftsführer Dr. Stephan Zimmermann und Bereichsleiterin Angie Hagemann von Deutsche Glasfaser (DG), Echthausens Ortsvorsteher Rainer Belz (CDU), DG-Projektleiter Peter König und Bautechniker Christian Drees von der Gemeindeverwaltung Wickede (Ruhr) FOTO: ANDREAS DUNKER
Präsentierten die teilweise problematische Bilanz des Glasfaser-Ausbaus in der Gemeinde Wickede (Ruhr) (von links): Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU), Schlückingens Ortsvorsteher Willi Eickhoff (CDU), Wirtschaftsförderin Ruth Hornkamp, Geschäftsführer Dr. Stephan Zimmermann und Bereichsleiterin Angie Hagemann von Deutsche Glasfaser (DG), Echthausens Ortsvorsteher Rainer Belz (CDU), DG-Projektleiter Peter König und Bautechniker Christian Drees von der Gemeindeverwaltung Wickede (Ruhr) FOTO: ANDREAS DUNKER