Kostenlos: 5.000 Tütchen Saatgut für Bürger in Ense und Wickede (Ruhr)

17. April 2019

WICKEDE (RUHR) / ENSE. Die dramatische Bedrohung des Bienenbestandes ist nur ein Warnzeichen für das weltweite Insektensterben, welches Biologen in den vergangenen Jahrzehnten beobachten. – Mit der Ausbringung von nur etwa einem Gramm an Saatgut in ihren privaten Gärten können Enser und Wickeder Bürger aber nun zum Erhalt der Insekten in ihrem Umfeld beitragen, die wichtig für das Ökosystem sind. Denn in einer jetzt im Auftrage der Kommunen hergestellten „Enser Mischung / Wickeder Vielfalt“ ist Saatgut für zwei Dutzend heimische Pflanzenarten enthalten, die den Kerbtieren einen Lebensraum bieten. Mit dem Nektar und den Pollen ihrer Blüten sorgen diese Pflanzen zudem für Nahrung für die Insekten, die wiederum heimischen Vögeln und anderen Tieren als natürliches Futter dienen.

Insgesamt 5.000 Tütchen der Samenmischung verschenken die beiden Gemeinden an ihre Bürger. Erhältlich sind diese in den Rathäusern in Bremen und Wickede sowie bei der Volksbank Wickede (Ruhr) eG. Pro Haushalt stehen dabei maximal fünf Einheiten zur kostenfreien Verfügung. Mindestens bis zum Jahr 2022 sollen die Samen lagerfähig sein.

Botanikerin Luisa Hauswirth stellte spezielle Saatgut-Mischung zusammen

Zusammengestellt wurde die Samen-Komposition von der Botanikerin Luisa Hauswirth des Natur- und Umweltschutzvereins „Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz“ (ABU) im Kreis Soest. Sie wählte zwei Dutzend heimische Wildblumen und -kräuter für die Mischung aus, wenngleich gerade in Ense und Wickede (Ruhr) das Problem bestand, dass es innerhalb der Gemeindegebiete recht unterschiedliche Landschaftstypen mit der dazugehörigen Flora und Fauna gibt.

So sind in den Tütchen die Samen für folgende Blühpflanzen enthalten:

Echtes Johanniskraut, Gewöhnliche Braunelle, Gewöhnliche Schafgarbe, Gewöhnliches Ruchgras, Horst-Rotschwingel, Klatschmohn, Kornblume, Moschus-Malve, Rote Lichtnelke, Rotklee, Scharfer Hahnenfuß, Spitzwegerich, Vogelwicke, Weißes Labkraut, Wiesen-Bärenklau (Anmerkung: Nicht zu verwechseln mit dem giftigen Riesen-Bärenklau, der Herkulesstaude), Wiesen-Bocksbart, Wiesen-Flockenblume, Wiesen-Kerbel, Wiesen-Margerite, Wiesen-Pippau, Wiesen-Platterbse, Wiesen-Rispengras, Wiesen-Sauerampfer und Wilde Möhre.

Zum Erhalt von Artenvielfalt und Populationsgröße der Insekten

Die vielfältige Mischung macht's: Sie soll ganz unterschiedlichen Insekten einen Lebensraum bieten und damit zur Artenvielfalt und zum Populationserhalt beitragen. Denn viele Insekten sind auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. Fehlen diese, fehlen auch die Kerbtiere.

Insektenzahl im dramatischen Sinkflug: Rückgänge bis zu 80 (!) Prozent

„Nach Untersuchungen in Nordrhein-Westfalen ist die Biomasse der Fluginsekten seit 1989 mancherorts um bis zu 80 Prozent zurückgegangen. Nicht nur die Zahl der Arten, sondern auch die der Individuen befindet sich in einem dramatischen Sinkflug“, berichtet der „NABU“ (Naturschutzbund Deutschland) dazu.

Auf Dauer keine ausreichende Bestäubung von Nutz- und Wildpflanzen mehr

Wenngleich mancher Zeitgenossen sich darüber freuen mag, dass er auf Grund des massiven Rückgangs der Insekten nicht mehr beim Essen und Trinken im Freien von diesen belästigt wird oder er diese bei Fahrten mit dem Auto nicht mehr so häufig von der Windschutzscheibe kratzen muss, ist das massive Verschwinden der Kleinstlebewesen für die Natur schlecht. Denn bleiben Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Schwebfliegen aus, erfolgt auf Dauer keine ausreichende Bestäubung von Nutz- und Wildpflanzen mehr.

Außerdem fehlt Insektenfressern wie den heimischen Vögeln die Nahrung und auch deren Bestand wird durch die fehlende Menge an natürlichem Futter negativ beeinflusst.

Fehlende Lebensräume in öffentlichen Parkanlagen und privaten Gärten

Neben der intensiven Landwirtschaft mit Monokulturen und Pestiziden sollen für den Rückgang der Insekten angeblich vor allem fehlende Lebensräume in öffentlichen Parkanlagen und privaten Gärten verantwortlich sein. Denn auch hier gibt es immer mehr Monokulturen wie Rasenflächen, asphaltierte und gepflasterte Parkflächen sowie „Steinwüsten“.

Die Gemeinden Ense und Wickede (Ruhr) wollen deshalb nicht nur mit eigenen Grünanlagen für ein breiteres Blütenspektrum in der Natur sorgen, sondern auch Privatleute dabei unterstützen, auf ihren Grundstücken mehr Lebensräume und Nahrungsangebote für die Insekten zu schaffen, die im ökologischen System einen wichtigen Faktor bilden.

Passender Pflanzen-Mix für Böden und Klima der Haargemeinden Ense und Wickede (Ruhr)

Dieser Pflanzen-Mix passe besonders gut für die Böden und das Klima der beiden Haargemeinden, freuen sich Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) und sein Enser Amtskollege Hubert Wegener (parteilos) über den gemeinsamen Beitrag für Natur und Umwelt.

Beide wünschen sich, dass die 5.000 Papiertüten mit Samen von den Bürgern abgeholt und bis in den Sommer richtig ausgesät werden.

Michalzik: ,,Wir sind überzeugt, dass passt zu unseren grünen Gemeinden wirklich prima. Und es greift das aktuelle Thema auf, wie können wir zu Hause etwas tun, um insbesondere dem Schutz von bedrohten Insekten zu dienen.“

SPD-Veranstaltung brachte Anstoß zu der Aktion zum Schutz der Insekten

Den Anstoß für die kommunale Aktion gab es übrigens kürzlich bei einer Veranstaltung der sozialdemokratischen Partei mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) im Bürgerhaus in Wickede. An der SPD-Veranstaltung hatte auch Bürgermeister Michalzik (CDU) teilgenommen und eine von ABU-Sprecher Peter Hoffmann aus Lippstadt präsentierte Idee mit einer eigenen örtlichen Saatgutmischund schnell parteiübergreifend aufgegriffen.

Michalzik holte dann noch die Gemeinde Ense mit ins Boot, um die Mindestbestellmenge von fünf Kilogramm Samen zu erreichen. Die Kosten von insgesamt 1.500 Euro teilen sich die beiden Kommunen.

Die SPD Wickede (Ruhr) darf sich freuen, dass sie offenbar auch den politischen Mitbewerber von ihrem Engagement für den Schutz von Insekten überzeugt hat. Bei der Präsentation der speziellen Saatgut-Mischung war sie leider nicht vertreten.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) und Enses Bürgermeister Hubert Wegener (parteilos) zusammen mit der Botanikerin Luisa Hauswirth des Natur- und Umweltschutzvereins „Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz“ (ABU) im Kreis Soest FOTO: GEMEINDE WICKEDE (RUHR)
Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) und Enses Bürgermeister Hubert Wegener (parteilos) zusammen mit der Botanikerin Luisa Hauswirth des Natur- und Umweltschutzvereins „Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz“ (ABU) im Kreis Soest FOTO: GEMEINDE WICKEDE (RUHR)
Rote Klatschmohn-Blüte mit Insekt ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Rote Klatschmohn-Blüte mit Insekt ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Ein erbeutetes Insekt im Schnabel einer Blaumeise, die damit ihre Jungen in einem Vogelhäuschen an der Blumenstraße in Wickede füttern will. – In den letzten zwei Jahren blieben die brütenden Blaumeisen aus. Ob auch dies am Insektenmangel lag? ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Ein erbeutetes Insekt im Schnabel einer Blaumeise, die damit ihre Jungen in einem Vogelhäuschen an der Blumenstraße in Wickede füttern will. – In den letzten zwei Jahren blieben die brütenden Blaumeisen aus. Ob auch dies am Insektenmangel lag? ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER