29. Juni 2019
WICKEDE (RUHR). Ein blaues Schild mit weißer Aufschrift „Gute Schule“ überreichte Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) im Rahmen der Abschlussfeier des Entlassjahrgangs 2019 am gestrigen Freitag (28. Juni 2019) werbewirksam an Rektor Peter Zarnitz von der Sekundarschule der Gemeinde Wickede (Ruhr). Im Zuge der Zeugnis-Ausgabe wirkte die vermeintliche Auszeichnung wie eine „gute“ Note für die Leistungen der Schule.
Worum es eigentlich geht, wird nur aus dem „Kleingedruckten“ unterhalb der großen Lettern in Kreideschrift deutlich: „Diese Schule wurde mit Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen und der NRW.BANK gefördert.“
Zutreffender wären also wohl die Bezeichnungen „Finanziell
geförderte Schule“ oder „Teure Schule“ gewesen, da sich der Text auf der Tafel auf
staatliche Zuschüsse zu den Kosten von insgesamt rund acht Millionen Euro für
den Neu- und Umbau sowie die Ausstattung der Wickeder Sekundarschule bezieht – und nicht auf eine
erfolgreich abgeschlossene Prüfung der fachlichen und pädagogischen Kompetenz oder Qualität
der kommunalen Bildungseinrichtung im Hövel. Denn hätte die Gemeinde Wickede (Ruhr) die vom Land Nordrhein-Westfalen zusätzlich zur Verfügung gestellten finanziellen Fördermittel aus dem Programm „Gute Schule 2020“ in die Sanierung, Erweiterung oder Ausstattung der kommunalen Grundschulen vor Ort investiert, hätten diese das Schild „Gute Schule“ erhalten.
Von Förderschul-Niveau bis Fachoberschulreife mit Qualifikationsvermerk
Auch bei der perfekt inszenierten Abschlussfeier der Sekundarschüler hatte man übrigens als Beobachter den Eindruck, dass gutes Aussehen und selbstsicheres Auftreten in der kommunalen Bildungseinrichtung einen höheren Stellenwert als erlerntes Wissen oder die Qualität der Abschlüsse haben. Denn weder zum Notendurchschnitt des Entlassjahrgangs noch zur Verteilung der Abschlüsse zwischen Förderschul-Niveau und Fachoberschulreife mit Qualifikationsvermerk für die gymnasiale Oberstufe gab es Informationen seitens der Schulleitung.
Eine öffentlichkeitswirksame Selbstdarstellung ist in der heutigen Zeit sicherlich wichtig. Bei einer kommunalen Bildungseinrichtung sollten aber doch gute Pädagogik und Lerninhalte im Vordergrund stehen.
Irreführende Werbung durch das Schild „Gute Schule“
Das Schild „Gute Schule“ jedenfalls ist eine allzu offensichtliche Mogelpackung. Denn statt um die nachweisliche Qualität der Schule geht es eigentlich um die Quellen der Finanzierung des Bauwerkes und des Inventars. – Ehrlicher wäre ein Schild gewesen: „Diese Schule ist auf Pump und auf Kosten der Steuerzahler und künftiger Generationen gebaut, die die Kredite mit ihren Abgaben noch lange abbezahlen müssen!“
Auch wenngleich sicherlich das
von Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) häufig bemühte Zitat des
amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy stimmt: „Es gibt nur eins was auf
Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung!“
Allerdings gehört zur guten Bildung das kritische Hinterfragen von vermeintlichen Fakten und geäußerten Meinungen. Denn das Schild „Gute Schule“ suggeriert einfach etwas anderes. Und eine Mitteilung von Fakten zur Finanzierung bzw. Förderung selbiger sollten nicht zur irreführenden Werbung genutzt werden.
Wieder eine Sondergenehmigung zur weiteren Existenz notwendig
Die verantwortlichen Kommunalpolitiker tun sich mit klaren Fakten und offener Kritik in Bezug auf die tatsächliche Situation der kommunalen Sekundarschule jedenfalls sehr schwer. Dies war bei den Kostenexplosionen für die Schaffung der neuen Schule so. Und dies ist auch bei den mangelhaften Anmeldezahlen für die fünften Jahrgänge in den letzten Jahren der Fall.
Norbert
Spieth (SPD) als Vorsitzender des Ausschusses für Bildung, Kultur, Soziales und
Sport des politischen Rates der Gemeinde Wickede (Ruhr) hatte beispielsweise kürzlich
die gestiegene Anmeldezahl der Sekundarschule für den fünften Jahrgang des kommenden Schuljahres öffentlich als „sehr
gut“ gelobt, wenngleich diese Zahl nur zur Bildung von maximal zwei statt
der offiziell vorgeschriebenen drei Klassen ausreicht.
Und deshalb bedarf es sogar erneut einer Ausnahmegenehmigung durch die Bezirksregierung Arnsberg als zuständiger Schulaufsichtsbehörde zur Bildung eines weiteren neuen fünften Jahrgangs – wie bereits leider auch schon in den Vorjahren.
Im Vergleich zu Schulnoten muss man die tatsächliche Situation also wohl eher mit „mangelhaft“ oder sogar „ungenügend“ als mit „sehr gut“ bewerten. Denn ohne die wiederholten Sondergenehmigungen durch die Bezirksregierung wäre der Fortbestand der Sekundarschule vor Ort schnell gefährdet.
ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“