Fragen zur Fusion: Konsequenzen für Kommunen, Kunden und Kollegen …

27. Oktober 2019

WICKEDE (RUHR) / FRÖNDENBERG. Die Gemeindewerke Wickede (Ruhr) GmbH und die Stadtwerke Fröndenberg GmbH prüfen, ob eine betriebswirtschaftliche und rechtliche Verschmelzung der beiden Kommunalunternehmen, die bereits jetzt schon auf verschiedenen Ebenen zusammen arbeiten, sinnvoll und politisch gewollt ist. – Unser lokales Nachrichten-Portal „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ berichtete kürzlich nach umfangreichen Recherchen als erstes Medium exklusiv über die Fusionspläne. – Bereits seit einigen Monaten laufen die Gespräche zwischen Fröndenberg und Wickede. Nachdem erste Fusionsgespräche vor einigen Jahren scheiterten, blicken die Beteiligten nunmehr einer schnellen Fusion der beiden Betriebe im kommenden Jahr optimistisch entgegen. – Die Redaktion unseres lokalen Nachrichten-Portals „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ hat mit Geschäftsführern und Aufsichtsräten über möglichen Konsequenzen für Kommunen, Kunden und Kollegen gesprochen und weitere interessante Neuigkeiten erfahren.

Die Konsequenzen für die Kommunen …

Wie sind die Gesellschafteranteile jetzt und voraussichtlich in Zukunft verteilt?

Alleiniger Gesellschafter der Stadtwerke Fröndenberg GmbH ist die Stadt Fröndenberg. Bei den Gemeindewerken Wickede (Ruhr) GmbH gibt es zwei Gesellschafter: Die Gemeinde Wickede (Ruhr) GmbH hält 95 Prozent der Gesellschafteranteile. Und die Stadtwerke Fröndenberg GmbH halten die restlichen fünf Prozent der Anteile. Als Minderheitengesellschafter ist das kommunale Versorgungsunternehmen aus der Nachbarstadt allerdings nicht im Aufsichtsrat der Gemeindewerke Wickede (Ruhr) GmbH vertreten.

Nach der Vereinigung der beiden ungleich großen kommunalen Unternehmen aus Fröndenberg und Wickede (Ruhr) soll die kleinere Ruhrgemeinde künftig voraussichtlich knapp ein Fünftel der Geschäftsanteile und Sitze im Aufsichtsrat des neuen kommunalen Unternehmens erhalten. Eine genaue Bewertung der jeweiligen Unternehmenswerte ist aktuell allerdings noch in der Berechnung durch externe Fachberater der spezialisierten Rechtsanwalts-, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft „BBH Becker Büttner Held“ aus München.

Durch zusätzlichen Kapitaleinsatz könnte die Gemeinde Wickede (Ruhr) ihren Anteil an dem gemeinsamen Unternehmen mit der Stadt Fröndenberg zudem noch erhöhen.

Weitere Gesellschafter soll es in dem neuen Unternehmen nicht geben.

Allerdings sind die Stadtwerke Fröndenberg aktuell auch schon an verschiedenen anderen Unternehmen beteiligt und betreiben beispielsweise seit 2011 mit den Stadtwerken Menden GmbH zusammen die „Wasserwerk Fröndenberg-Menden GmbH“ (WFM). Die Stadtwerke Menden sind daran mit 75 Prozent und die Stadtwerke Fröndenberg mit 25 Prozent beteiligt. Geschäftsfeld dieses Kooperationsunternehmens ist die Trinkwassergewinnung, -aufbereitung und -versorgung im Ruhrtal. Mit Wasser von dort beliefert werden Haushalte in acht Fröndenberger Stadtteilen (Bausenhagen, Bentrop, Fröndenberg, Hohenheide, Ostbüren, Stentrop, Warmen-Frohnhausen-Neimen und Westick). Die übrigen Stadtteile Fröndenbergs werden – ebenso wie die Gemeinde Wickede (Ruhr) – von der Gelsenwasser AG mit Wasser versorgt. Zudem werden das gesamte Mendener Stadtgebiet (mit Ausnahme der Ortsteile Halingen und Ost-Sümmern) sowie Teile der Stadt Balve von dem „WFM“ bedient.

Die Stadtwerke Fröndenberg und Menden betreiben zudem eine gemeinsame Leitstelle zur technischen Steuerung und Überwachung ihrer Gas-, Strom- und Wassernetze. Diese regelt auch das Gas- und Stromnetz der Gemeindewerke Wickede (Ruhr) auf dem Gebiet der Ruhrgemeinde und dient bei Betriebsstörungen als Notrufzentrale.


Wie sind die Mandate in den Aufsichtsräten aktuell verteilt und wie ist die Verteilung nach der Verschmelzung der beiden Kommunalunternehmen angedacht?

Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Fröndenberg umfasst derzeit 15 Mitglieder. Vorsitzender ist CDU-Ratsherr Gerhard Greczka, sein Stellvertreter ist Herbert Ziegenbein von der SPD-Fraktion. Des Weiteren gehören die Stadtratsmitglieder Harald Bartel und Rudolf Hölmer (alle CDU), Klaus-Dieter Hageneuer, Gisbert Hermann und Helmut Köppe (alle SPD), Martin Schoppmann (Grüne) sowie die Sachkundigen Bürger Michael Kirejewski (Freie Wähler), Dirk Geisler (SPD) und Matthias Laue (CDU) dem politischen Gremium an. Außerdem sind mit dabei die Arbeitnehmervertreter Olaf Brontz, Björn Herzog, Roger Kramer-Nockelmann und Guido Rüwald sowie Bürgermeister Friedrich-Wilhelm Rebbe (SPD) als geborenes Mitglied.

Der Aufsichtsrat der Gemeindewerke Wickede (Ruhr) umfasst aktuell 14 Mitglieder. Vorsitzender ist CDU-Ratsherr Hans Regenhardt, sein Stellvertreter ist Engelbert Gurka von der SPD-Fraktion. Des Weiteren gehören die Gemeinderatsmitglieder Edmund Schmidt und Dirk Schröter (beide CDU), Helmut Bäcker, Oswald Schober und Natalie Zimmermann (alle SPD) sowie Christa Lenz (FDP) und Lothar Kemmerzell (Grüne) zu dem Gremium. Hinzu kommen die Sachkundigen Bürger: Walter Bechheim, Friedrich Neuhaus und Bernd Pieper (alle CDU) sowie Thomas Schäfer (Bürgergemeinschaft). Satzungsgemäß ist zudem Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) geborenes Mitglied des Aufsichtsrates.

Bis zur nächsten Kommunalwahl am 13. September 2020 sollen die insgesamt 29 Aufsichtsräte der Gemeindewerke Wickede (Ruhr) und der Stadtwerke Fröndenberg gemeinsam den Aufsichtsrat des neuen Unternehmens der beiden Kommunen bilden. – Danach soll der Aufsichtsrat etwas verkleinert werden.

Die Verteilung der Aufsichtsratsmandate soll sich in Zukunft vor allem nach den Anteilen der Kommunen an dem neuen Unternehmen richten, sprich: die Gemeinde Wickede (Ruhr) wird wohl nur noch etwa ein Fünftel besetzen. Zudem richtet sich die Verteilung natürlich auch nach der Stärke der parteipolitischen Fraktionen in den Räten nach den Wahlen.

Das bedeute, das die kleineren Fraktionen in den politischen Räten voraussichtlich gar nicht mehr im neuen Aufsichtsrat vertreten seien, erklärte Fröndenbergs Aufsichtsratsvorsitzender Gerd Greczka (CDU) im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“. Bei den Stadtwerken Fröndenberg seien bereits jetzt nur CDU, SPD, Grüne und die Freie Wähler-Gemeinschaft (FWG) im Aufsichtsrat. FDP und „Die Linke“, die jeweils nur einen Sitz im Rat der Stadt Fröndenberg hätten, seien nicht im Aufsichtsrat der Stadtwerke repräsentiert.


Wer übernimmt den Vorsitz im neuen Aufsichtsrat?

Gerd Greczka möchte nach der Fusion auch als Vorsitzender des Aufsichtsrates des größeren Kommunalunternehmens kandidieren und würde gegebenenfalls auch nach der Kommunalwahl 2020  gerne wieder für dieses Amt zur Verfügung stehen. Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke ist der Fröndenberger CDU-Ratsherr bereits seit 2014. – Neben einem Vorsitzenden kann sich Greczka im neuen Unternehmen einen parteipolitisch gewählten ersten Stellvertreter sowie einen zweiten Stellvertreter aus Wickede (Ruhr) vorstellen.


Wie sieht es mit den Ausschüttungen des neuen Kommunalunternehmens an die beiden Kommunen als Gesellschafter sowie mit den Zahlungen von Gewerbesteuern und Konzessionsabgaben an die Kommunen aus? Wird dies so wie bislang bleiben?

Bürgermeister und Kämmerer der Gemeinde Wickede (Ruhr) und der Stadt Fröndenberg müssten sich mit den Geschäftsführern sowie den Experten von „Becker Büttner Held Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater PartGmbB“ aus München hierzu noch einmal zum Gespräch zusammen setzen und einen fairen Modus berechnen, meinte Gerd Greczka. Außerdem müsste auch noch über die Verteilung der Gewerbesteuern des neuen Unternehmens an die Kommunen diskutiert werden.

Hierbei sei neben der Gemeinde Wickede (Ruhr) und der Stadt Fröndenberg auch noch die Stadt Menden als dritter Partner mit zu berücksichtigen, da die Stadtwerke Fröndenberg ein Wasserwerk und eine Leitstelle für die Technik der Versorgungsnetze mit den Stadtwerken Menden zusammen betreiben würden, so Greczka.

Konzessionsabgaben zur Nutzung des öffentlichen Raumes für das Gas- und Stromleitungsnetz seien ohnehin gesetzlich geregelt, ergänzte Engelbert Gurka (SPD) als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Gemeindewerke Wickede (Ruhr) gegenüber unserer Redaktion. Er sieht zudem die Gewährleistung der Versorgungssicherheit für Wickede (Ruhr) an erster Stelle.


Was ist mit dem Bauhof und dem Freibad der Gemeinde Wickede (Ruhr)?

Der Bauhof* und das Freibad der Gemeinde Wickede (Ruhr) seien bislang nicht Gegenstand der Verhandlungen, erklärte Greczka. Er könne sich allerdings gut vorstellen, dass der Baubetriebshof des neu zu gründenden Kommunalunternehmens eventuell auf Dauer auch Dienstleistungen für die Gemeinde Wickede (Ruhr) übernehmen würde. Denn in Fröndenberg gebe es ja bereits die Konstellation, dass die Stadtwerke die üblichen Bauhof-Arbeiten im Auftrage der Stadt Fröndenberg erledigen würden.

(* Aktuell arbeiten beim Bauhof der Gemeinde Wickede [Ruhr] zirka zwei Dutzend Mitarbeiter. Dazu gehören auch Leiter Reiner Kräenfeld und sein Stellvertreter Detlef Peck sowie Bürokraft Julia Brinkmann als Teilzeitkraft für die Verwaltung, die täglich fünf Stunden im Büro präsent ist.)

Das Wickeder Freibad sei aktuell kein Gesprächsthema. – Das defizitäre Löhnbad in Fröndenberg gehöre hingegen schon als Geschäftsbereich zu den Stadtwerken. Dessen Verluste müsse man jeweils aus den Umsätzen und Gewinnen des neuen Gesamtunternehmens herausrechnen, erklärte Greczka im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“.

Die Konsequenzen für die Kunden …

Wie sieht es mit den bisherigen Standorten der beiden kommunalen Unternehmen in Fröndenberg und Wickede aus? Bleiben diese für die Kunden erhalten und zu den bisher üblichen Öffnungszeiten personell besetzt?

Die Hauptverwaltung am bisherigen Standort der Stadtwerke an der Graf-Adolf-Straße in Fröndenberg sowie das bisherige Büro der Gemeindewerke im historischen Bahnhof in Wickede sollten als Anlaufstellen für die Kunden vorerst beide erhalten bleiben, sagte Greczka. In Wickede solle es künftig allerdings nur noch einen Vertriebsstützpunkt geben.

Wie sich dies in Zukunft entwickle, könne er aber noch nicht absehen, sagt Gerd Greczka aber ganz ehrlich. Zunehmende Digitalisierung und abnehmende Kundenfrequenz könnten für einen Ausbau des Online-Service sorgen – ähnlich wie beim Filialnetz der kommunalen Sparkassen. Da könne man derzeit noch keine genaue Vorhersage treffen.


Gehen die bisherigen Energieabnahmeverträge der Kunden mit den beiden Lieferanten auf das neue fusionierte Unternehmen über oder ändern sich eventuell Konditionen und Vertragsbedigungen?

Da seien keine entscheidenden Veränderungen geplant, so Greczka.


Gibt es – bedingt durch die Fusion – absehbare Preiserhöhungen oder -senkungen?

Durch die Fusion sollten ja Synergieeffekte zu einer Preisstabilität und Versorgungssicherheit führen, antwortete Greczka zu dieser Frage. Deshalb gäbe es hierdurch keine Veränderungen.

Allerdings erhöhten die vorgelagerten Netzbetreiber wie Westnetz (RWE) momentan erheblich die Netzentgelte. Und dies würde im kommenden Jahr voraussichtlich zu einer regionalen Erhöhung der Strompreise von bis zu zehn Prozent führen.

Bei den Preisen fürs Erdgas sei man bemüht die Kosten zu kompensieren, damit es nicht auch in diesem Energiebereich höhere Kosten für die Endverbraucher gäbe.

Die Konsequenzen für die Kollegen …

Welche Konsequenzen hat eine mögliche Fusion für die Mitarbeiter der Gemeindewerke Wickede (Ruhr) und der Stadtwerke Fröndenberg?

Die mehr als 100 Mitarbeiter der Stadtwerke Fröndenberg und die nominell vier verbliebenen Mitarbeiter der Gemeindewerke Wickede (Ruhr) sollen keine negativen Veränderungen durch die Fusion der beiden Kommunalbetriebe erleiden.

Betriebsbedingte oder andere Kündigungen schließt Stadtwerke-Aufsichtsratsvorsitzender Gerd Greczka (CDU) aus Fröndenberg aus.

Arbeits- oder Tarifverträge müssten mit der Verschmelzung der beiden Unternehmen zu einem Betrieb allerdings erneuert und angepasst werden. Dass es dabei nicht zu Verschlechterungen käme, dafür sorgten sicherlich schon die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und der Betriebsratsvorsitzende, gibt Greczka zu bedenken. Auch in einer Arbeitsgruppe, die die Fusion vorbereite, seien die Mitarbeiter vertreten.


Die Fusion der Gemeindewerke Wickede (Ruhr) und der Stadtwerke Fröndenberg steht allerdings noch vorbehaltlich der Entscheidungen der beiden Aufsichtsräte sowie des Gemeinderates Wickede (Ruhr) und des Stadtrates Fröndenberg.


ANDREAS DUNKER für "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE"

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Geschäftsführer Bernd Heitmann (links) und Aufsichtsratsvorsitzender Gerd Greczka (CDU) von den Stadtwerken Fröndenberg ARCHIVFOTO
Geschäftsführer Bernd Heitmann (links) und Aufsichtsratsvorsitzender Gerd Greczka (CDU) von den Stadtwerken Fröndenberg ARCHIVFOTO
Geschäftsführer Michael Lorke (links) und Aufsichtsratsvorsitzender Hans Regenhardt (CDU) von den Gemeindewerken Wickede (Ruhr) ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Geschäftsführer Michael Lorke (links) und Aufsichtsratsvorsitzender Hans Regenhardt (CDU) von den Gemeindewerken Wickede (Ruhr) ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER