Ökologischem Lippenbekenntnis muss politische Kurskorrektur folgen

1. Januar 2020

WICKEDE (RUHR) / RADOLFZELL. Ist das nur ein kommunalpolitischer Etiketten-Schwindel? Oder wird die „Industriegemeinde im Grünen“ in Zukunft zur „Grünen Gemeinde“? – Kritische Beobachter sind skeptisch. Denn es bleibt abzuwarten, wie es sich bei politischen Entscheidungen und im praktischen Handeln der örtlichen Verwaltung tatsächlich auswirkt, dass die Gemeinde Wickede (Ruhr) seit dem heutigen Neujahrstag (1. Januar 2020) offiziell Mitglied im deutschlandweiten Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt e.V.“ ist, welches die Biodiversität als eines seiner wichtigsten Ziele deklariert. – Denn aktuell priorisieren Bürgermeister Dr. Michalzik und seine CDU-Fraktion im politischen Rat der Gemeinde eher gegenteilige Projekte.

So soll das alte Stauwehr am Ende des renaturierten Flussabschnitts der Ruhr in Zukunft nachts künstlich beleuchtet werden, wenngleich das Wasserbauwerk mitten in einem Naturschutzgebiet liegt.

Künstliche Beleuchtung trägt zur Verringerung der Insekten bei

Und dies, obwohl Experten deutlich warnen: „Ob Schmetterlinge, Wildbienen oder andere Fluginsekten: In den letzten Jahren hat die Zahl dieser Tiere drastisch abgenommen, wie Studien belegen. Doch was sind die Ursachen dafür? Landwirtschaft, der Klimawandel und Pestizide könnten einen Teil dieser besorgniserregenden Entwicklung erklären. Einen weiteren Mitschuldigen haben nun Biologen identifiziert: die Lichtverschmutzung. Die künstliche Beleuchtung trägt ihrer Studie nach mit dazu bei, die Insektenpopulationen zu dezimieren.“ *

Groteske Idee von der Illuminierung des alten Trommelwehrs

Unbeeindruckt von solchen Warnungen halten Michalzik und seine Christdemokraten aber an ihrer grotesken Idee der Illuminierung des Wehrs fest, die den hoch verschuldeten kommunalen Haushalt zusätzlich noch mit hohen Ausgaben von zig tausend Euro belastet und unabsehbare Wartungs- und Instandhaltungskosten nach sich zieht.

Trotz gegenteiligen Votums des Heimatvereins zum Baudenkmal erkoren

Dabei war das inzwischen funktionslose Stauwehr, während seiner ganzen hundertjährigen Geschichte noch nicht beleuchtet. Und dies macht auch heute keinen Sinn, wenngleich es im Besitz des Landes Nordrhein-Westfalen inzwischen durch undurchsichtige Einflüsse bestimmter Kreise zum geschützten Denkmal avanciert ist, obwohl sich der örtliche Heimatverein in einer Mitgliederversammlung mehrheitlich dagegen ausgesprochen hatte, nachdem er von Bürgermeister Hermann Arndt (CDU) um eine entsprechende Stellungnahme gebeten worden war.

Freizeit-Park am Freibad statt grüner Wald-Insel für Wildtiere

Ein weiteres von Michalzik und seiner CDU avisiertes Projekt ist der Bike- beziehungsweise Freizeit-Park am Freibad. Dem würden Bürgermeister und Christdemokraten auch die unberührte Natur des kleinen Wäldchens und damit den Lebensraum der Wildtiere opfern, die dort angesiedelt sind und Zuflucht gefunden haben.

Und dies trotz der fast kompletten Abholzung des kommunalen Hövel-Waldes in direkter Nachbarschaft zu dieser noch erhaltenen grünen Insel im Osten von Wickede.

Herausforderungen und Probleme des Naturschutzes finden auf kommunaler Ebene statt

Da klingt die öffentliche Mitteilung von Bürgermeister Dr. Martin Michalzik, dass die Gemeinde Wickede (Ruhr) mit Beginn des neuen Jahrzehnts nunmehr Mitglied im Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ geworden ist, doch eher wie ein erzwungenes Lippenbekenntnis, welches zum guten politischen Ton gehört, da wohl klingende Begriffe wie Umwelt- und Klimaschutz sowie Artenvielfalt und Tierwohl ebenso wie das missbrauchte Wort „Heimat“ in aller Munde sind und in unserer heutigen Zeit zum politischen Programm einer jeden Partei gehören.

Dabei hat Michalzik schon richtig erkannt: „Die Herausforderungen und Probleme des Naturschutzes finden auf kommunaler Ebene statt.“

Bloße Beitrittserklärung zum Bündnis der „Kommunen für biologische Vielfalt“ hilft nicht

Die bloße Unterschrift am 28. Dezember 2019 unter die Beitrittserklärung des Bündnis’ „Kommunen für biologische Vielfalt e.V.“ genügt allerdings nicht, um den ehrenwerten und hehren Zielen dieser Vereinigung nachhaltig gerecht zu werden.

Dazu sind auch Veränderungen im Denken und Handeln vor Ort notwendig.

Und bislang fälschlich eingeschlagene politische Richtungen bedürfen einer schnellen Kurskorrektur.

Wer sich in in ökologischen Fragen als beratungsresistent erweist, dem kann nicht geholfen werden

Nur Informationsaustausch und Öffentlichkeitsarbeit, die sich der Wickeder Bürgermeister von der Radolfzeller Geschäftsstelle des seit 2012 bestehenden Vereins mit seinen rund 370 kommunalen Mitgliedern bundesweit erhofft, genügen da nicht.

Denn wer sich in ökologischen Fragen als beratungsresistent erweist, dem nutzt auch kein überörtlicher Erfahrungsaustausch und keine Hilfestellung von Experten.

Freiwillige Selbstverpflichtung muss in Gemeindeentwicklung konkret umgesetzt werden

Wickede (Ruhr) muss seine freiwillige Selbstverpflichtung zur Stärkung der Bedeutung von Natur im unmittelbaren Lebensumfeld des Menschen und dem Schutz der Biodiversität künftig auch konkret in der Gemeideentwicklung umsetzen.

Nur so kann es gelingen die Vision einer grünen Kommune als hochwertigen Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen zu realisieren, die das Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt e.V.“ ja im Kern propagiert.

Andernfalls ist die Mitgliedschaft in der Vereinigung nur ein Etiketten-Schwindel.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“


* Quelle: https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/insektensterben-durch-lichtverschmutzung/

ANZEIGE
ANZEIGE
Das alte Trommelwehr an der Ruhr steht in einem Naturschutzgebiet. Trotzdem wollen Bürgermeister Dr. Martin Michalzik und seine CDU-Fraktion das Bauwerk nachts beleuchten. Auch wenn die Lichtverschmutzung der Insektenvielfalt am Fließgewässer schadet. ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Das alte Trommelwehr an der Ruhr steht in einem Naturschutzgebiet. Trotzdem wollen Bürgermeister Dr. Martin Michalzik und seine CDU-Fraktion das Bauwerk nachts beleuchten. Auch wenn die Lichtverschmutzung der Insektenvielfalt am Fließgewässer schadet. ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Die Ruhe der grünen Wald-Insel am ehemaligen Tennis-Platz am kommunalen Freibad soll durch einen Bike- beziehungsweise Freizeit-Park künftig verloren gehen. Damit ist auch der Rückzugsort für die dort lebenden Wildtiere bedroht. ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Die Ruhe der grünen Wald-Insel am ehemaligen Tennis-Platz am kommunalen Freibad soll durch einen Bike- beziehungsweise Freizeit-Park künftig verloren gehen. Damit ist auch der Rückzugsort für die dort lebenden Wildtiere bedroht. ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER