Was die Wählervereinigung für Wickede (Ruhr) erreichen will und wie sie dies will …

16. August 2020

WICKEDE (RUHR). In einem Interview mit Andreas Pietsch als Vorsitzendem und Kreistagskandidaten der Bürgergemeinschaft (BG) Wickede e. V. hat unser lokales Nachrichten-Portal "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE" die Position der Wählervereinigung zu verschiedenen wichtigen kommunalpolitischen Themen kritisch hinterfragt. Damit will unsere Redaktion zur besseren Information und zur eigenen Meinungsbildung der Bürger anläßlich der Wahl zum politischen Rat der Gemeinde Wickede (Ruhr) und zum Soester Kreistag am 13. September 2020 beitragen. Lesen Sie selbst!

wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Wie viele Mandate erhofft sich die Bürgergemeinschaft (BG) Wickede e. V. bei der Kommunalwahl am 13. September 2020 für den politischen Rat der Gemeinde Wickede (Ruhr)?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Wir sind momentan mit drei Sitzen im Rat vertreten. Wenn es in der kommenden Legislaturperiode mehr würden, dann würden wir uns sehr freuen.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Gibt es seitens der Bürgergemeinschaft eine Wahlempfehlung zu Gunsten des amtierenden und wieder zur Wahl stehenden Bürgermeisters Dr. Martin Michalzik (CDU) oder seiner Gegenkandidatin Inga Westermann (SPD)? Und wie begründen Sie dies?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Es gab Gespräche mit beiden Bürgermeister-Kandidaten. Beide Kandidaten haben von uns 13  Fragen erhalten, die es zu beantworten galt. Aus den Antworten haben wir versucht die Schnittmenge an Übereinstimmungen mit den Positionen der BG zu ermitteln. Fazit: Beide Gespräche waren sehr konstruktiv und es gab Übereinstimmungen, aber auch Abweichungen. Daher konnten wir uns nicht eindeutig für den einen oder anderen Kandidaten entscheiden. Aus diesem Grunde haben wir beschlossen, keine Empfehlung auszusprechen. Jedes Mitglied soll für sich selbst entscheiden, wen der beiden Kandidaten er/sie wählen möchte.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Wie positioniert sich die BG zu dem Lückenschluss der Autobahn A 46 zwischen Hemer und Arnsberg oder einem alternativen Neubau der Bundesstraße über die selbe Trasse (B 7 n)?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Die Autobahn mag irgendwann einmal gebaut werden. Aus unserer Sicht darf der Verlauf der Strecke aber nicht durch Wimbern und auch nicht durch den Echthausener Wald verlaufen.  


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: In einem kürzlich verteilten Faltblatt zur Kommunalwahl schreibt die Bürgergemeinschaft: "5 weitere Jahre erfolgreiche Politik". Was konkret meinen Sie damit?
Denn erstens ist die Amtszeit des politischen Rates der Gemeinde Wickede (Ruhr) in der laufenden Periode doch sechs Jahre (2014–2020) und zweitens stellt die CDU-Fraktion ja den derzeitigen Bürgermeister und trifft somit die wesentlichen politischen Entscheidungen vor Ort – und nicht die BG.
Und was genau verbuchen Sie denn als "Ihre" Erfolge?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Es ist richtig, dass die vergangene Ratsperiode sechs Jahre dauerte, aber die kommende Periode dauert nur fünf Jahre. Daher ist es sprachlich durchaus korrekt von "fünf weiteren Jahren" zu sprechen.

In der Tat ist es so, dass die CDU und der Bürgermeister die "Marschrichtung" vorgeben und wir als BG mit drei Sitzen alleine nicht allzuviel ausrichten können. Aber wenn wir zum Beispiel Anträge einreichen, die mehrheitlich angenommen werden, dann ist das "erfolgreiche Politik".

"Erfolgreiche Politik" ist es aber auch, wenn wir Anträge der CDU, SPD, FDP oder der Grünen  unterstützen, wenn diese sinnvoll sind. Wir machen die Politik schließlich nicht für uns, sondern für die Wickeder Bürger.

Darüber hinaus sehen wir unsere Aufgabe als Oppositionspartei aber auch darin, abweichende Meinungen zu vertreten und Bestehendes in Frage zu stellen. – In dieser Hinsicht war die BG in den letzten sechs Jahren eine gute Oppositionspartei – auch ein Aspekt "erfolgreicher Politik".


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: In ihrem Faltblatt sprechen Sie zudem von "finanziellen Rücklagen der Kommune in Höhe von sechs Millionen Euro". Ist dies für den Wähler nicht irreführend, denn es klingt so, als hätte die Kommune sechs Millionen Euro an Guthaben auf der hohen Kante liegen. An anderer Stelle spricht die BG aber selbst davon, dass die Gemeinde Wickede (Ruhr) angeblich laut Haushaltsentwurf 2020 rund 29 Millionen Euro Schulden hätte. Wie erklären Sie diesen Widerspruch?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Die Daten beziehen sich auf den letzten genehmigten Haushalt. Man darf sich jetzt nicht so bildlich vorstellen, dass irgendwo auf einem Konto sechs Millionen Euro liegen. Ebenso kann man nicht die Schulden und die Rücklagen gegeneinander verrechnen. Die Rücklagen sind wichtig, wenn es darum geht, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Durch die Corona-Krise wird der nächste Haushalt deutlich schlechter ausfallen und genau hierfür werden die Rücklagen verwendet.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Die Bürgergemeinschaft spricht sich für eine niedrigere Verschuldung und gegen höhere kommunale Steuern aus. Ihre Fraktionsmitglieder haben dem kommunalen Finanzhaushalt 2020 aber mehrheitlich zugestimmt. Lediglich BG-Ratsfrau Ilse Prünte hat ihre Stimme gegen den letzten Haushaltsentwurf der Gemeinde Wickede (Ruhr) erhoben. Kritische Beobachter fragen sich deshalb: Warum hat die BG dem letzten kommunalen Finanzhaushalt zugestimmt?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Das ist eben BG – hier gibt es unterschiedliche Meinungen und keinen Fraktionszwang.

Ich verstehe, dass das Thema Schulden jeden Bürger elektrisiert und einem die Haare zu Berge stehen lässt. Aber ich frage Sie: Wie sollen wir sonst die anstehenden Investitionen bewerkstelligen – zum Beispiel im Bürgerhaus, in der Melanchthon-Grundschule, in den kommunalen Kindertagesstätten oder im Straßenbau? Es gibt zwar Landeszuschüsse – die werden aber nicht ausreichen.

Außerdem sollte man auch einmal bedenken, dass wir 2018 (und in den Jahren davor) noch neun Millionen Euro Liquiditätskredite im Haushalt stehen hatten, die jetzt praktisch auf Null zurückgefahren wurden. Das ist ein wirklich positives Ergebnis, was immer wieder unter den Tisch fällt. – Klar, das ist kein Verdienst der Verwaltung, des Rates oder des Bürgermeisters, sondern vielmehr das Resultat der anhaltend guten Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen in der Zeit vor Corona.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Und welche konkreten Sparvorschläge hat die BG-Fraktion in den vergangenen sechs Jahren im Rat gemacht?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Wir haben in den vergangenen Jahren in jeder Haushaltsbesprechung mit dem Kämmerer Vorschläge gemacht, wo wir etwas einsparen können. In der Regel sind das natürlich kleinere Beträge – gemessen am Gesamthaushalt von rund 30 Millionen Euro.

Wenn wir an die wirklich messbaren Einsparungen herangehen wollten, dann stünden das Freibad, die Koexistenz eines Bürgerhauses in Wickede und einer Gemeindehalle in Echthausen sowie die Bücherei auf dem Programm. Aber was wäre  etwa die Schließung einer so wichtigen und wertvollen Freizeiteinrichtung wie des Freibades für ein Signal an unsere Bürger, die hier ihre Steuern bezahlen?


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Außerdem die Frage: Welche Sparvorschläge, die wirklich etwas bringen – sprich im sechsstelligen Bereich oder höher liegen – schlägt die BG für die Zukunft vor?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Erst einmal müssen wir uns einen Überblick über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise verschaffen.

Wie ich oben bereits erwähnt habe, kommen für uns die Schließung des Freibads, des Bürgerhauses Wickede, der Gemeindehalle Echthausen und der Bücherei nicht so ohne Weiteres in Frage.

Worüber man aber nachdenken könnte, das ist mittelfristig die Übernahme der Gemeindehalle in Echthausen in Eigenverantwortung des Schützenvereins Echthausen. Was in Wimbern gut funktioniert, das könnte vielleicht auch eine Möglichkeit für Echthausen werden.

Wenn wir wirklich einen nennenswerten Betrag im kommenden Haushalt einsparen wollen, dann  sollten wir die Finger zunächst einmal von den erforderlichen Investitionen für die Bebauung des Mannesmann-Geländes in Höhe von 1,6 Millionen Euro lassen. Zumindest so lange, bis die Auswirkungen der Corona-Krise hinter uns liegen und wir eine halbwegs verlässliche Finanzplanung für die kommenden Jahre aufstellen können.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: "2018 hatten wir Personalkosten in Höhe von 6,13 Millionen Euro und 2023 werden es mehr als 7,3 Millionen Euro sein", kritisiert die Bürgergemeinschaft. Und weiter: "Mit zunehmender Digitalisierung sollten diese Kosten eigentlich nicht so stark ansteigen." Desweiteren fordert die BG, dass die Personalkosten der Kommune maximal in Höhe von 20 Prozent der "Erträge" (O-Ton) der Gemeinde Wickede (Ruhr) liegen sollten. Wo sehen Sie hier Sparpotenziale? Welche Stellen würden Sie kürzen oder ganz streichen? Und auf welche Dienstleistungen oder Einrichtungen müssten die Bürger dann gegebenenfalls ganz oder teilweise verzichten?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Stellen streichen möchten wir auf keinen Fall. Altersbedingt werden in den nächsten Jahren viele Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. Junge Mitarbeiter, die ja auch zum Teil schon eingestellt wurden, werden nachrücken.

Ich erwarte für die Zukunft, dass durch Digitalisierung weitere Arbeitsprozesse beschleunigt und verschlankt werden.

Auf Dienstleistungen brauchen die Bürger nicht zu verzichten – aber eben elektronische bzw. automatisierte Dienstleisungen werden zunehmen.

Der Personalkostenindex – das Verhältnis von Personalkosten zu Ertrag – liegt zur Zeit in Wickede bei etwa 23 Prozent. Ense liegt da zum Beispiel nur bei gerade einmal 18 Prozent.

Die Corona-Krise wird die Personalkosten wohl noch höher ansteigen lassen – aber mittelfristig sollten wir die 20-Prozent-Marke anvisieren.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: "Wir werden uns dafür einsetzen, nach neuen Wegen zu suchen, damit die Sekundarschule eine höhere Akzeptanz bekommt und zukunftsfähig bleibt", verspricht die BG. Wie hat sich die Bürgergemeinschaft in den vergangenen sechs Jahren eingesetzt, um die weiterführende kommunale Schule vor Ort zu fördern? Und was meinen Sie konkret mit "neuen Wegen"?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Ich wünschte mir, dass es in den schönen Räumen der Schule mehr außerschulische Nutzung gäbe. Das könnten kulturelle Angebote oder Bildungsveranstaltungen sein. Bürger könnten zum Beispiel einen Raum benutzen, um Vorträge über interessante Hobbys zu halten, zeigen, wie man ein Fahrrad repariert. Es könnte Ausstellungen, Lesungen oder Vergleichbares geben.

Begrüßenswert wäre es außerdem, wenn schulische Projekte – wie zum Beispiel der "Gedankenblitz" – ausgebaut und noch stärker in die Öffentlichkeit getragen würden.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Welche konstruktiven Anträge hat ihre Fraktion in den vergangenen sechs Jahren im politischen Rat der Gemeinde Wickede (Ruhr) eingebracht? Und welche sichtbaren Projekte wie die Boule-Bahn im Bernhard-Bauer-Park in Wickede gibt es noch in Ihrer politischen Bilanz?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Wir freuen uns sehr, dass die Boule-Anlage, die wir durch unseren Antrag auf den Weg gebracht haben, immer beliebter wird. Schön ist auch, dass ein Club gegründet wurde, der sich um die Boulebahn kümmert. Die BG ist aber nicht der Betreiber der Anlage. Die Boulebahn ist eine Freizeiteinrichtung der Gemeinde für alle Bürger jeder politischen Orientierung und so kann sie auch jeder nutzen.

In den letzten sechs Jahren haben wir so einige Anträge gestellt. Einige wurden mehrheitlich abgelehnt. Zum Beispiel der Antrag zur Aussetzung der Straßenbaubeiträge, der Antrag auf ein erweitertes Naturschutz-Gutachten für das Bike-Park-Gelände und so weiter. – Einige wurden auch angenommen: Restauration des Glasfensters in der Sekundarschule, Boulebahn, Bürgersteig-Absenkungen für barrierefreie Nutzung oder zusätzliche Wasserstellen auf dem Friedhof.

Zwei Anträge laufen noch: die Beleuchtung des Weges Wickede/Echthausen und die Beschilderung des Fuß- und Fahrradweges neben der Eisenbahn-Brücke.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: "Für uns ist es ein wichtiges Ziel, dass Wickede (und der Kreis Soest , Anm. d. Red.) bis 2030 klimaneutral wird", schreibt die Bürgergemeinschaft. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie dieses Ziel konkret erreichen und wie soll dieses finanziert werden? Und mit welchen Einschränkungen und Mehrkosten – beispielsweise für Energie – müssen Industrie, Landwirtschaft, Privathaushalte usw. in Folge dessen rechnen?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Im März haben wir auf einer Ratssitzung beschlossen, ein Umwelt-Forum ins Leben zu rufen. Wegen Corona wurde das erste Treffen abgesagt. Seitdem ist nichts mehr passiert.

Natürlich kann weder ich noch die BG einen Maßnahmenkatalog benennen, den zu erarbeiten die Aufgabe des Umwelt-Forums wäre. – Die BG kann aber, wie bereits geschehen, in den Sozialen Medien dazu aufrufen, die Sache nicht aus den Augen zu verlieren.

Das Thema ist aus Sicht der BG einfach zu wichtig, um es jetzt so sang- und klanglos untergehen zu lassen.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Die BG will sich für "naturverträgliche alternative Energiegewinnung" einsetzen, heißt es. Da Ihre Wählergemeinschaft ja nur auf kommunaler Ebene agiert: Welche Energiequellen vor Ort wollen Sie neu erschließen? Weitere Windräder, eine Biogasanlage oder was? Und welche Standorte schlagen Sie dafür vor?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, per Google-Earth Dachflächen in Wickede zu untersuchen. Ziel der Untersuchung war es zu ermitteln, wie viele Dachflächen mit Solar-Anlagen ausgestattet sind.

Ich möchte aus der Untersuchung keine Diplom-Arbeit machen und habe auch nicht den Anspruch auf absolute korrekte Ermittlung der Ergebnisse.

Vier Teilgebiete habe ich als Stichprobe bei der Untersuchung betrachtet: Ziegenhude, Chaussee, Rissenkamp und Im Ohl. Ergebnis: zwischen 12 und 17 Prozent der Häuser haben eine Solar-Anlage. – Das könnten mehr sein.

Man muß natürlich prüfen, wie man so etwas umsetzen kann. Dabei würde ich primär auf Solar-Anlagen für den Eigenverbrauch setzen.

Sicherlich ist das Thema "naturverträgliche alternative Energiegewinnung" aber eines, das im größeren Maßstab betrachtet werden muss. Deshalb setze ich mich damit vor allem in meiner Funktion als Kreistagskandidat und Mitglied des Kreis-Umweltausschusses auseinander.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Sie sprechen sich in Ihrer Wahlkampfschrift für "Erhalt und Aufforstung des Waldes" aus. Wie wollen Sie dies angesichts der mehrjährigen Dürrephasen und der letzten heißen Sommer sowie der anhaltenden Borkenkäfer-Plage denn nachhaltig realisieren?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Waldflächen, die hier in Wickede betroffen sind, müssen natürlich aufgeforstet werden, aber nicht nur durch Fichten. Wir müssen uns genau überlegen, welcher Baum widerstandsfähig ist und mit unseren Boden- und Klimaverhältnissen am besten klarkommt. Erste kleine Schritte haben wir als BG gemacht, indem wir für die Blühwiese von Landwirt Eberhard Wenner gespendet und auch zur Wiederaufforstung des Erbke-Waldes selbst 25 Eichen beigetragen haben.

In Zukunft werden wir uns noch stärker für derartige Projekte engagieren.

Allerdings ist dieses Problem eines, das fast alle bewaldeten Regionen im Kreis Soest angeht. Daher gilt auch hier, dass es in Zusammenarbeit mit dem Kreis Soest angegangen werden muss. Auch hierfür werde ich mich – wie schon bisher – im Kreis-Umweltausschuss einsetzen.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Statt einer Wohnsiedlung schlägt die BG einen "Bürgerpark" auf der noch zu sanierenden Mannesmann-Industriebrache in der Ortsmitte vor. Gibt es mit dem Bernhard-Bauer-Park, dem Lanferbach-Tal und dem Erbke-Wald nicht schon genügend öffentliche Grünanlagen in der Ortsmitte, deren Unterhaltung und Pflege erhebliche Kosten für Personal, Pflanzenmaterial und Wegebau verursachen? Fehlt es in der sogenannten "Industriegemeinde im Grünen" mit Flussauen, Feldern und Wäldern wirklich an Möglichkeiten zur Naherholung oder eher an Erweiterungsflächen für die Wirtschaft sowie zentrumsnaher und barrierefreier Wohnbebauung – insbesondere mit günstigen Mietwohnungen? Und wie soll die immens teure Bodensanierung vor der Schaffung eines Parks mit Kinderspielplätzen nur ansatzweise refinanziert werden?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Ja, unser Fraktionsvorsitzender Uwe Eder hat das ins Spiel gebracht und diese Idee wird zurzeit in der BG noch kontrovers diskutiert. Tatsache ist, dass das Mannesmann-Gelände, wenn man alle Kosten zusammenzählt, wohl das teuerste Grundstück in Wickede ist: Fünf Millionen Euro Sanierungskosten plus 600.000 Euro für Straßenbau und Kanalisation bei einer Fläche von nur 20.000 Quadratmetern. Zieht man hier noch Flächen für Straßen, Gehwege und Grünanlagen ab, dann bleiben vielleicht noch 15.000 Quadratmeter zur Bebauung übrig. Dann kostet ein Quadratmeter 370 Euro. Das ist das 2,5-fache eines vergleichbaren Grundstückes in Wickede.

Auf der einen Seite übernimmt der Altlastenverband zwar 80 Prozent der Kosten der Sanierung, auf der anderen Seite ist er aber auch mit 80 Prozent an den Erträgen beim Verkauf beteiligt. So wird es Jahre oder Jahrzehnte dauern, bis Wickede die Investitionskosten wieder eingenommen hat.

Schon allein diese Vorüberlegung sollte nachdenklich machen. Allerdings stehen noch viele Informationen aus, die wir für eine abschließende Bewertung benötigen.

Abzuwarten bleibt etwa noch eine Informationsveranstaltung des Altlastenverbandes.

Angesichts der hohen Gesamtkosten bleibt natürlich fraglich, ob hier wohl die von Ihnen angesprochenen "günstigen Mietwohnungen" entstehen können.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: "Wir sind für das Aussetzen der Straßenbaubeiträge", heißt es unter dem Motto "Politik mit Lösungen vor Ort" in der Wahlkampfwerbung der Bürgergemeinschaft. Aber ist das nicht nur als würde man skandieren "Freibier für alle!"? Wie lange sollen die Baubeiträge ausgesetzt werden? Und welche Finanzierungsoptionen schlägt die BG für den Straßenbau vor?

BG-Vorsitzender Andreas Pietsch: Ja, das ist ein Thema, was immer wieder zu Verärgerung, Unverständnis und Irritationen führt.

Der Erhalt der Straßen gehört zu den Pflichtaufgaben der Gemeinde. Es  kann nicht angehen, dass die Gemeinde diese Aufgabe vernachlässigt, um dann, wenn der Schaden irreparabel ist, Straßenbaubeiträge einzufordern.

Das war  letztendlich der Grund dafür, dass wir als BG für den Haushalt 2020 den Antrag gestellt haben, die Investitionen für den Straßenbau um 200.000 Euro zu erhöhen.

Zudem haben wir im letzten Jahr per Antrag im Rat gefordert, die Straßenbaubeiträge auszusetzen, bis die NRW-Landesregierung die Beitragsregelung ratifiziert hat.

Das war aus unserer Sicht einfach notwendig,  um den nötigen Druck aufzubauen und den Wickeder Bürgermeister aufzufordern, sich bei der Landesregierung in Düsseldorf für die Sache einzusetzen.

Unser Antrag wurde leider abgelehnt.

Insgesamt ist bei der Entlastung des Bürgers bezüglich der Straßenbaubeiträge in Nordrhein-Westfalen bis heute noch nicht sehr viel passiert.

Außerdem muss man wissen, dass es auch  in unserem Bundesland durchaus Gemeinden gibt, die die Straßenbaubeiträge abgeschafft haben. In anderen Bundesländern gibt es überhaupt keine Straßenbaubeiträge.

Deshalb hat die Forderung nach Abschaffung der Straßenbaubeiträge für Wickede und für ganz NRW mit "Freibier für alle" nichts zu tun.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Herzlichen Dank für die informativen Antworten!


Die Fragen stellte ANDREAS DUNKER für "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE".

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BG-Vorsitzender Andreas Pietsch FOTO: ANDREAS DUNKER
BG-Vorsitzender Andreas Pietsch FOTO: ANDREAS DUNKER