Corona-Krise: Noch nie so wenig Besucher wie in dieser Saison

6. September 2020

WICKEDE (RUHR). Noch nie in seiner 55-jährigen Geschichte hatte das Freibad der Gemeinde Wickede (Ruhr) in einer Saison so wenig Besucher wie in diesem Jahr. Wie Schwimmmeister Michael Scheffler auf Anfrage unseres lokalen Nachrichten-Portals "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE" am heutigen Sonntagabend erklärte, habe das Freibad-Team während der diesjährigen verkürzten Öffnungsphase des kommunalen Bades zwischen dem 6. Juni und dem heutigen 6. September genau 16.248 Gäste registriert. Im Vorjahr 2019 hatte Ruth Hornkamp von der Verwaltung noch 76.051 Besucher in ihrer Bilanz und im Jahre 2018 mit dem super heißen Sommer waren es sogar knapp 100.000.

Der Grund für die schlechte Bilanz 2020: die Coronavirus-Pandemie und die damit verbundene Angst vieler Menschen sich anzustecken sowie die Infektionsschutzmaßnahmen der Kommune im Rahmen des Badbetriebes. Zudem öffnete die Gemeinde ihr Freibad in diesem Jahr erst verspätet am 6. Juni, während der Saison-Beginn normal bereits für Anfang Mai geplant war.

Unterschiedliche Praktiken in anderen Städten und Gemeinden

Freibäder in Nachbarstädten wie Arnsberg hatten auf Grund der Corona-Krise übrigens gar nicht geöffnet. – Andernorts hatten die Verantwortlichen ihre Bäder hingegen direkt nach der Freigabe durch die nordrhein-westfälische Landesregierung am 20. Mai geöffnet. Ein Beispiel dafür ist das Löhnbad der Stadtwerke Fröndenberg.

Gemeinde bereitete sich sorgfältig auf Betrieb unter Pandemie-Bedingungen vor

Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) hingegen entschied sich zusammen mit dem Freibad-Team und Fraktionsvertretern für eine sorgfältige Vorbereitung der Öffnung unter Corona-Bedinungen. Dazu gehörten ein Online-Buchungs-System während der Hauptsaison, ein räumlich getrennter Ein- und Ausgang, ein Einbahnstraßen-System innerhalb des großen Schwimmbeckens, zeitlich befristete Zugangsblöcke während des Tages und zwischenzeitliche Desinfektionsmaßnahmen.

Außerdem wurde das bisherige Tarif-System für den Eintritt ins Bad kurzerhand geändert. So gab es beispielsweise keine vergünstigten Jahreskarten für Familien und Einzelpersonen mehr.

SPD kritisiert das Krisenmanagement der Gemeindeverwaltung fürs kommunale Freibad

SPD-Ratsherr Helmut Bäcker, seines Zeichens auch Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des örtlichen Freibad-Fördervereins, kritisierte diese aus seiner Sicht übertriebenen Vorsichtsmaßnahmen in einem Interview mit "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE" und nannte Fröndenberg im Kreis Unna und Verl im Kreis Gütersloh als Beispiele dafür, wie man es besser hätte machen können.

Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) verteidigt Vorsichtsmaßnahmen auf Grund von COVID-19

Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) verteidigte hingegen seine bedächtige Vorgehensweise in der heißen Phase der Pandemie.

Nachsteuern könne man im nächsten Jahr immer noch, wenn es auch dann nur eine Saison-Eröffnung unter Pandemie-Bedingungen gäbe, so der Rathaus-Chef im Gespräch mit unserem lokalen Nachrichten-Portal. Er begründete die genauen Regelungen für den Badbetrieb damit, dass es beispielsweise in einem heißen Sommer wie 2018 häufig zu einem heftigen Andrang an der Kasse des kommunalen Bades gekommen sei.

Zu lange Warteschlangen und zu kurze Sicherheitsabstände

Helmut Bäcker und auch Julian Bräker von der SPD-Fraktion im politischen Rat der Gemeinde Wickede (Ruhr) warfen der Verwaltung hingegen vor, dass es gerade durch die Zeitblöcke bei der Öffnung zu längeren Warteschlangen vor dem Freibad und mangelnden Sicherheitsabständen zwischen den Besuchern gekommen sei.

Probleme beim Online-Buchungssystem

Kritik hatte es von verschiedenen Seiten am Online-Buchungssystem gegeben, welches nicht so schnell in Betrieb genommen werden konnte und welches einige Schwierigkeiten mit dem Bezahlsystem PayPal hatte. Deshalb wurde bar kassiert. Auch für die Frühschwimmer gab es teilweise Ausnahmen. Zudem wurden nicht so online-affine Besucher durch Mitarbeiterinnen der Taschengeld-Börse des Senioren-Forums, die Junge Union (JU) und andere beim digitalen Ticket-Kauf unterstützt.

Zuschuss von rund einer Viertelmillion Euro für das Freibad durch Steuerzahler

Vom Steuerzahler bezuschusst werde die kommunale Freizeitstätte im Winkel in dieser außergewöhnlichen Saison voraussichtlich mit etwa einer Viertelmillion Euro, prognostizierte Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) mit Blick auf die Erfahrungswerte der vergangenen Jahre sowie die geringe Besucherzahl und den gestiegenen Aufwand für die Hygienemaßnahmen.

Saison-Ende am heutigen Sonntag

Am heutigen Sonntag (6. September 2020) endete die Öffnungsphase der in früheren Jahren meist gut frequentierten Freizeit-Einrichtung zwischen Ruhr-Ufer und Hövel-Wald für 2020.

Die meisten Besucher zählte das Bad übrigens mit 793 Gästen am 8. August 2020, einem heißen Tag mit 35 Grad Celsius Lufttemperatur und einer Wassertemperatur von 26 Grad Celsius. – Zum Vergleich: Am 30. Juni 2019 hatte das Wickeder Freibad insgesamt 3.706 Besucher.

ANDREAS DUNKER für "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE


KOMMENTAR

"Hinterher ist man immer schlauer!"

"Hinterher ist man immer schlauer!" besagt eine alte Volksweisheit. Denn wie sich die Situation angesichts der vor einigen Monaten prognostizierten Gefahren durch die Coronavirus-Pandemie entwickeln würde, konnte damals niemand vorhersehen.

Deshalb war es von Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) mutig das kommunale Freibad in diesem Jahr zu öffnen und klug entsprechende Sicherheitsvorkehrungen für die Besucher einzurichten.

Ob diese in jedem Fall notwendig waren, mag dahingestellt sein. Das Ziel, dass sich das Coronavirus unter den Bad-Besuchern nicht ausbreiten sollte, wurde jedenfalls erreicht. Denn es sind keine Infektionen im Zusammenhang mit dem Wickeder Freibad bekannt.

Und ob ein Sozialdemokrat, wenn er in Michalziks Führungsposition im Rathaus gewesen wäre, das Risiko und die damit verbundene große Verantwortung zur Öffnung des kommunalen Bades angesichts des Corona-Szenarios getragen hätte, bleibt ungewiss.

Fakt ist: Noch nie in der 55-jährigen Geschichte des Freibades der Gemeinde Wickede (Ruhr) gab es solch außergewöhnliche Rahmenbedingungen. Deshalb sollte mit Kritik an den Entscheidungsträgern auch immer die Frage verbunden sein: "Hätten wir es zum damaligen Zeitpunkt wirklich besser gewusst und gemacht?"

Meine Meinung: Dr. Martin Michalzik und seine Mitstreiter haben mutig und klug entschieden und gehandelt, wenngleich einige andere Bäder eine bessere Bilanz vorzuweisen haben, was Besucherzahlen und finanzielle Einnahmen betrifft.

Sollte die Corona-Krise im kommenden Jahr anhalten, müsste die Gemeinde aber sicherlich an einigen Stellen nachsteuern und das Verfahren optimieren. Dazu sollte sie auch Helmut Bäcker (SPD) als konstruktiven Kritiker mit ins Boot nehmen und seine plausiblen Tipps teilweise mit berücksichtigen.

ANDREAS DUNKER


Freibad-Freund SPD-Ratsherr Helmut Bäcker (links) und SPD-Bürgermeisterkandidatin Inga Westermann (rechts) überreichen Kiosk-Pächterin Maike Geisen als Dank für ihre gute Bewirtung der Freibad-Gäste einen Blumenstrauß und hofften auf eine weitere Saison mit ihr und ihrem Team vom "Ahoi". FOTO: ANDREAS DUNKER
Freibad-Freund SPD-Ratsherr Helmut Bäcker (links) und SPD-Bürgermeisterkandidatin Inga Westermann (rechts) überreichen Kiosk-Pächterin Maike Geisen als Dank für ihre gute Bewirtung der Freibad-Gäste einen Blumenstrauß und hofften auf eine weitere Saison mit ihr und ihrem Team vom "Ahoi". FOTO: ANDREAS DUNKER