INTERVIEW: Frische Landluft und Gülle-Gestank …

28. Januar 2015

WICKEDE (RUHR) / KREIS SOEST. Die „frische Landluft“ wird vielfach gepriesen. Beim Gestank von Gülle hingegen rümpfen manche Bürger die Nase und ihnen „stinkts“ mächtig. Trotzdem ist die Düngung der Felder natürlich für die Landwirtschaft unabdingbar. Auch in diesen Tagen beginnen die Bauern deshalb wieder mit der jährlichen Gülleausbringung auf ihren Äckern. Denn nach der Winterpause dürfen die Landwirte gesetzlich wieder ab dem 1. Februar mit der Gülledüngung auf den landwirtschaftlichen Flächen starten. – Als Hintergrundinformation veröffentlichen wir nachstehend ein Interview mit Josef Lehmenkühler, dem Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Soest:

Was ist Gülle eigentlich genau?

Gülle ist Kot und Urin von Schweinen oder Rindern. Genau wie Gülle wird ab dem 1. Februar auch Substrat aus Biogasanlagen ausgebracht.

Dieses ist ein Gemisch aus Gülle, Mist und nachwachsenden Rohstoffe, das schon durch Biogas-Bakterien vergoren wurde. Beides ist also etwas ganz natürliches.


Warum wird Gülle oder Substrat auf den Feldern ausgebracht?

Gülle und Biogas-Substrat sind wertvolle Dünger. Mit dem Ausbringen dieser natürlichen Düngemittel schließen wir Nährstoffkreisläufe. Darin sind die Nährstoffe enthalten, die die Pflanzen zum Wachstum brauchen.

Mineralische Handelsdünger können so reduziert werden.


Warum düngen wir Pflanzen überhaupt?

Pflanzen nehmen mit ihren Wurzeln aus dem Boden die Nährstoffe auf, die sie für das Wachstum und zur Bildung von Blättern, Stängeln und Früchten brauchen.

Diese Nährstoffe müssen dem Boden auch wieder zugeführt werden, damit er auf Dauer nicht verarmt.

Das geschieht entweder mit Gülle oder Mist, also den Düngern, die im Stall anfallen, Substraten aus Biogasanlagen oder eigens dazu hergestellten Mineraldüngern.


Wann wird Gülle ausgebracht?

Bringen wir Bauern Gülle aus, haben wir sowohl die gesetzlichen Regelungen im Blick als auch den Nährstoffbedarf der Pflanzen und die Witterungsverhältnisse.

Im Winter beispielsweise darf keine Gülle ausgebracht werden, denn in dieser Zeit wachsen die Pflanzen nicht und benötigen somit kaum Nährstoffe.

Ab dem 1. Februar, wird wieder mit Gülle gedüngt, aber nur dann, wenn die Böden auch befahrbar sind. Ein leichter Frost wäre dafür gut.

Mit Sondergenehmigungen war die Ausbringung schon ab dem 15. Januar möglich, wenn man im Herbst auch früher mit der Düngung aufgehört hatte.

Aber nicht nur beim Zeitraum, auch bei der Menge und der Dokumentation sind wir an Gesetze gebunden.


Nun sieht man gelegentlich auch Güllewagen auf heimischen Äckern, die kein örtliches sondern ein fremdes Fahrzeug-Kennzeichen haben – beispielsweise eines aus dem Münsterland. – Was hat es mit diesen Fahrzeugen auf sich?

Wir befinden uns hier im Kreis Soest in einer Region mit wenig Viehhaltung im Verhältnis zur landwirtschaftlichen Fläche. Die Gülle, die hier anfällt, reicht nicht aus, um alle Felder zu düngen.

Die Landwirte im Münsterland halten mehr Tiere und geben deshalb einen Teil der dort anfallenden Gülle ab.

Diese grundsätzlich sehr positive Sache hat in der Vergangenheit für einige Anfragen aus der Bevölkerung geführt, da die Transportunternehmen teilweise weniger sensibel gearbeitet haben als heimische Landwirte. – Das werden wir stärker in den Blick nehmen.


Warum stinkt Gülle?

Zugegeben, Gülle hat auch einen Nachteil: Sie stinkt! Allerdings ist das normal.

Alles, was bei Lebewesen den Verdauungsprozess durchlaufen hat, riecht nun mal nicht so nett. Das ist bei Rindern und Schweinen so, aber auch bei allen anderen Tieren wie Hund und Katze – und eben auch beim Menschen.

Die Bauern geben sich aber mit verschiedenen Methoden doch Mühe die Gerüche einzudämmen. So wird beispielsweise auf dem Ackerland die Gülle bei noch unbestellten Flächen direkt nach dem Ausbringen in den Boden eingearbeitet, anschließend riecht man kaum noch etwas.

Steht schon Wintergetreide oder Raps auf dem Acker, vermindern so genannte Schleppschläuche die Geruchsbelästigung, denn die Gülle wird hiermit direkt auf dem Boden ausgebracht.

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Josef Lehmenkühler, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Soest FOTO: ANDREAS DUNKER
Josef Lehmenkühler, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Soest FOTO: ANDREAS DUNKER
Gülle-Fahrzeug mit Schleppschläuchen FOTO: LANDWIRTSCHAFTSVERBAND
Gülle-Fahrzeug mit Schleppschläuchen FOTO: LANDWIRTSCHAFTSVERBAND