Wilmes referierte über den Wiederaufbau der 1943 zerstörten Möhnetalsperre

12. März 2015

WICKEDE (RUHR) / MÖHNESEE. Bei der „Möhnekatastrophe“ in der Kriegsnacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 war er gerade einmal fünf Jahre alt: Karl-Heinz Wilmes. Doch die Bilder aus seiner Kindheit von der zerstörten Bruchsteinmauer und dem davor liegenden verwüsteten Möhnetal, hat der gebürtige Günner bis heute nicht vergessen. Denn das schreckliche Erlebnis und seine Folgen haben sich in sein Gedächtnis „eingebrannt“.

Vor rund neunzig Interessierten referierte Wilmes am Mittwochabend (11. März 2015) zu der „Möhnekatastrophe“ und ihren Folgen sowie vor allem zum Wiederaufbau der Talsperre. Dabei griff er nicht nur auf seine eigene Lebenserfahrung sondern vor allem auf intensive Forschungen zurück. Unter anderem entdeckte er bislang unbekannte historische Foto-Dokumente im Archiv des Ruhrverbandes in Essen.

Ein Heer von ausländischen Zwangsarbeitern

Diese Bilder zeigen die schnelle Reparatur der Stauanlage. Dafür verantwortlich zeichnete die nationalsozialistische „Organisation Todt“ (OT), eine nach militärischem Vorbild organisierte Bautruppe.

Ausgeführt wurden die vielfach gefährlichen Arbeiten unter teils unmenschlichen Bedingungen von einem Heer von ausländischen Zwangsarbeitern. Verletzte und Todesopfer wurden dabei von den Nazis scheinbar mit einkalkuliert und kaum zur Kenntnis genommen.

Grausame Wasserwelle rollte durch Möhne- und Ruhrtal

Neben Zerstörung und Wiederaufbau der Talsperre erzählte der Günner Heimatforscher, Jahrgang 1938, von der grausamen Wasserwelle, die aus der in die Talsperre gebombten Bresche quoll und Möhne- sowie Ruhrtal verwüstete.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg habe sich die Natur die karge Landschaft zurückerobert, deren Mutterboden ebenso wie ganze Häuser und Brücken mit der Wasserflut davon gespült worden waren.

Man könne sich kaum vorstellen, welche zerstörerische Kraft das ungebändigte Wasser gehabt habe, so Wilmes.

Unbekannte Motive von den Trauerfeiern für die Toten

Neben vielen Motiven vom Wiederaufbau und der späteren militärischen Sicherung der reparierten Möhnestaumauer zeigte Karl-Heinz Wilmes bislang verschollen geglaubte Bilder von den Trauerfeiern für die Toten.

Diese ersten Beerdigungen seien von den Nationalsozialisten regelrecht inszeniert gewesen, so Wilmes.

So habe es morgens erst in Günne eine Feier mit vielen Uniformierten und Fahnenabordnungen aus den NS-Gliederungen gegeben und danach seien diese nach Wickede „gekarrt“ worden, wo am Nachmittag auf dem damaligen Wurag-Rohr-Gelände eine ähnliche Schauveranstaltung stattgefunden hätte. Mit genau den selben „Statisten“.

Britischer Angriff legte Rüstungsindustrie nicht lahm

Zu einer wirklichen Lahmlegung der deutschen Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet habe der Schlag der British Airforce gegen die Möhnetalsperre aber nicht geführt, bilanzierte Wilmes. 

Der Krieg sei durch diesen Schlag gegen die Deutschen keinen Monat eher beendet worden. Vielmehr hätten nur unzählige Zivilisten sowie etliche Militärs nutzlos ihr Leben verloren.

Ehrenamtliches Engagement für die Völkerverständigung

Heute arbeitet Karl-Heinz Wilmes, der zirka 25 Jahre als sozialdemokratischer Ortsvorsteher in Günne wirkte, ehrenamtlich an der Völkerverständigung. Unter anderem führte er schon Gespräche mit einem ehemaligen britischen Bomber-Piloten und einem alten niederländischen Zwangsarbeiter.

Neue Gedenkstätte in Günne soll am 17. Mai eingeweiht werden

Aktuell baue man an der Sperrmauer in Möhnesee-Günne ein Mahnmal zu Ehren aller Toten, die bei der Möhnekatastrophe und deren Folgen ums Leben gekommen seien, erklärte Wilmes. Dieses Mahnmal solle am 17. Mai 2015 feierlich eingeweiht werden.

Josef Kampmann, Vorsitzender des Wickeder Heimatvereins, ergänzte dazu, dass das erste Ehrenmal zur Erinnerung an das schreckliche Ereignis der Möhnekatastrophe im Jahre 1958 am Ufer der Ruhr in Wickede errichtet worden sei.

Veranstalter des Vortrages mit Wilmes waren die Volkshochschule Werl, Wickede (Ruhr) und Ense sowie der Verein für Geschichte und Heimatpflege der Gemeinde Wickede (Ruhr).

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

ANZEIGE
ANZEIGE
Wickedes Heinmatvereins-Vorsitzender Josef Kampmann, der neue Werler VHS-Leiter Marco Schlicht, die Wickeder VHS-Mitarbeiterin Heidi Bertels und Referent Karl-Heinz Wilmes aus Möhnesee-Günne (von links) FOTO: ANDREAS DUNKER
Wickedes Heinmatvereins-Vorsitzender Josef Kampmann, der neue Werler VHS-Leiter Marco Schlicht, die Wickeder VHS-Mitarbeiterin Heidi Bertels und Referent Karl-Heinz Wilmes aus Möhnesee-Günne (von links) FOTO: ANDREAS DUNKER
Rund neunzig Interessierte verfolgten den Vortrag. FOTO: ANDREAS DUNKER
Rund neunzig Interessierte verfolgten den Vortrag. FOTO: ANDREAS DUNKER
FOTO: ANDREAS DUNKER
FOTO: ANDREAS DUNKER

Bilder-Gallerie mit historischen Aufnahmen aus dem Vortrag: