Drogen-Problematik, „Soccer Court“ und Sekundarschule in der kritischen Diskussion

15. Mai 2019

WICKEDE (RUHR). Langwierige politische Diskussionen und bürokratische Planverfahren bremsen jugendliches Engagement in der Gemeinde aus. – Die Verwirklichung der von jungen Wickedern angeregten Projekte dauere häufig viel zu lange. Die Ideen gebenden Jungen und Mädchen seien dann häufig schon durch Ausbildung, Studium oder Arbeit anderweitig gebunden und vor Ort nicht mehr aktiv. – Diese Kritik mussten sich Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) und die Abgeordneten der im politischen Rat der Gemeinde Wickede (Ruhr) vertretenen Fraktionen CDU und SPD sowie Bürgergemeinschaft und Bündnis 90/Die Grünen beim „Politischen Frühling“ am heutigen Dienstagabend (14. Mai 2019) im offenen Jugendtreff „OT“ im evangelischen Martin-Luther-Haus in Wickede gefallen lassen.

Der kommunale Streetworker Frank Hake erinnerte in diesem Zusammenhang an die jahrelangen Verzögerungen bis zum Bau des hölzernen Unterstandes am Ruhr-Ufer und an das schleppende Fortkommen des bereits vor einem Jahr gewünschten „Soccer Courts mit Tartanbahn“, einem kleinen Basket- und Fußballplatz mit Kunststoffboden und Käfig, auf dem Sportplatz der Gerken-Halle im Hövel.

Hake bemängelte, dass man sich den Mund fusselig rede und nichts greifbares passiere.

Streetworker Frank Hake verläßt die Ruhrgemeinde

Der engagierte Jugendarbeiter selbst wird die Realisierung des letztgenannten Projektes während seiner Amtszeit in Wickede auch nicht mehr erleben. Denn nach dreijähriger Tätigkeit verlässt er etwas desillusioniert die Ruhrgemeinde und wechselt als Betreuer in eine Wohngruppe nach Erwitte im östlichen Kreis Soest.

Abschied bei Sport-Veranstaltung am 7. Juni 2019

Sein letztes Angebot für interessierte Jugendliche und junge Erwachsene wird eine Veranstaltung am 7. Juni 2019 in der Gerken-Sporthalle in Wickede sein. – Dabei erwarte die Teilnehmer eine besondere Überraschung, erklärte Hake im Gespräch mit unserem lokalen Nachrichten-Portal „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ und machte neugierig auf seinen Abschiedsabend.

Deutliche Hinweise auf Drogen-Problematik in Wickede

Nochmals öffentlich deutlich machte Streetworker Frank Hake auf die Drogen-Problematik, die er in Wickede sieht. Diese sei nicht zu unterschätzen und im Vergleich zu Orten mit mehr Polizei-Präsenz überproportional hoch.

Deshalb forderte er neben einer häufigeren Polizei-Präsenz während der Abendstunden sowie an Sonn- und Feiertagen vor allem ein kritischeres Hinschauen der Zivilgesellschaft.

Die Sensibilisierung für das Thema „Sucht“ müsse bereits im Grundschulalter beginnen, forderte Hake. Drogen konsumierende Teenies und junge Erwachsene seien kaum noch durch Sozialarbeiter „erreichbar“.

Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) entgegnete, dass Kinder und Jugendliche vor allem in der familiären Erziehung aufgeklärt und charakterlich gefestigt werden müssten, damit sie angebotene Drogen selbstbewusst ablehnen würden.

Alle lokalen Parteien bis auf die FDP vertreten

Neben Streetworker Frank Hake, OT-Leiter Gerd Twieling und Pfarrer Dr. Christian Klein von der evangelischen Kirchengemeinde sowie zirka einem Dutzend Heranwachsender nahmen Uwe Eder (BG), Thomas Fabri (CDU), Lothar Kemmerzell (Grüne) und Norbert Spieth (SPD) sowie der Bürgermeister an der lockeren Diskussionsrunde im „OT“ teil. – Ein FDP-Vertreter fehlte entschuldigt aufgrund einer Termin-Überschneidung.

Fehlende Straßenbeleuchtung zwischen Echthausen und Wickede bemängelt

Gerd Twieling als Leiter des „Offenen Treffs“ regte eine Straßenbeleuchtung auf dem Fuß- und Fahrradweg zwischen Echthausen und Wickede an. Denn Jugendliche und junge Erwachsene ohne Auto fürchteten sich ganz ohne Beleuchtung in der Dämmerung und Dunkelheit auf dem Weg.

Bürgermeister und Ratsmitglieder nahmen die Anregung zur weiteren Prüfung auf. Allerdings stellten sie angesichts des begrenzten Finanzbudgets der Gemeinde Wickede (Ruhr) auch sofort die Frage: Wie viele Leute sind denn wirklich von dem Problem betroffen?

Konkurrenz bei Investitionen in kommunale Infrastruktur

Des weiteren erklärten der hauptamtliche Bürgermeister und die ehrenamtlichen Politiker des Gemeinderates den Anwesenden, dass es bei Investitionen in die kommunale Infrastruktur und andere teure Projekte immer eine Konkurrenz der Interessensgruppen gäbe. Insbesondere müsse man sich dabei nach den Bedürfnissen von Mehrheiten und größeren Gruppen richten. Ein teurer Kunstrasenplatz für einige hundert aktive Mitglieder eines Fußballvereins genieße somit eventuell mehr Priorität als ein kleiner Multifunktionsplatz für ein paar Dutzend vereinsungebundene Jugendliche. – Vor allem Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) erwies sich als Ratsvorsitzender und Verwaltungschef in diesem Zusammenhang als Erklärer der praktischen Politik vor Ort.

„Internationaler Jugendaustausch“ mit Wickedes Partner-Gemeinde Jemielnica angeregt

Angeregt wurde von den jungen Teilnehmern des „Politischen Frühlings“ auch ein „Internationaler Jugendaustausch“ mit Wickedes Partner-Gemeinde Jemielnica in Polen. Dieser solle nicht nur für die Schüler der Sekundarschule offen sein.

Mehr Sitzgelegenheiten mit Tischen im öffentlichen Raum gefordert

Zudem forderten einige Anwesende mehr Sitzgelegenheiten mit Tischen im öffentlichen Raum, um daran beispielsweise Karten spielen zu können.

Lob und Kritik für die kommunale Sekundarschule

Lob und Kritik gab es von (ehemaligen) Schülern der Sekundarschule an der kommunalen Bildungseinrichtung. So sah man die Ausstattung der gemeindeeigenen Schule zwar durchaus als positiv an. Negativ wurden allerdings das Image und auch das pädagogische Konzept der Schule bewertet. Die Einrichtung habe größtenteils noch nicht einmal Realschul-Niveau und bereite nur unzureichend auf den Wechsel zum Berufskolleg vor, um dort das Fachabitur zu machen, hieß es seitens eines Mädchens. Einige Lehrer der Schule forderten zudem einfach nicht den notwendigen Respekt seitens der Schüler ein, damit ein gutes Lern-Klima entstehen könne.

Pfarrer Dr. Christian Klein: „Das finde ich schon alarmierend!“

Im Computer-Deutsch würde man im Falle der Sekundarschule übertragen wohl von „Hardware gut“ und „Software schlecht“ sprechen, fasste Pfarrer Dr. Christian Klein die Kritik einiger Diskussionsteilnehmer an der Bildungseinrichtung zusammen. Und meinte wörtlich: „Das finde ich schon alarmierend!“

Bürgermeister und Kommunalpolitiker nahmen die offenen Worte betreten zur Kenntnis. Denn schließlich hat die Gemeinde Wickede (Ruhr) in den letzten Jahren rund acht Millionen Euro in den Um- und Ausbau der Schule und deren moderne Ausstattung investiert.

Aufruf zur Teilnahme an der Wahl zum Parlament der Europäischen Union (EU)

Ansonsten riefen die Politiker die jungen Bürger zur Teilnahme an der Europa-Wahl am 26. Mai 2019 auf, bei der die Abgeordneten des Parlaments der Europäischen Union (EU) bestimmt werden. Verwiesen wurde in diesem Zusammenhang auch auf den „Wahl-O-Mat“ im Internet.

Hake hofft auf weiteren konstruktiven und kritischen Dialog

Streetworker Frank Hake brachte abschließend seine Hoffnung zum Ausdruck, dass der konstruktive und kritische Dialog zwischen Kommunalpolitik und der Jugend auch nach seinem Weggang aus Wickede weiter fortgeführt würde. Zudem wünschte er sich ungezwungene Treffen von Sozialarbeitern mit Politik und Verwaltung, um aktuelle Probleme zu erörtern.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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Die Teilnehmer des "Politischen Frühlings" im offenen Jugendtreff der evangelischen Kirchengemeinde im Martin-Luther-Haus in Wickede PANORAMA-AUFNAHME: ANDREAS DUNKER
Die Teilnehmer des "Politischen Frühlings" im offenen Jugendtreff der evangelischen Kirchengemeinde im Martin-Luther-Haus in Wickede PANORAMA-AUFNAHME: ANDREAS DUNKER