Allzeithoch bei Flüchtlingszahlen: Wimbern beherbergt weiterhin „nur“ knapp 500 Asylsuchende

7. September 2015

WICKEDE (RUHR) / ARNSBERG. In den Büros der Bezirksregierung in Arnsberg habe man inzwischen Feldbetten aufgestellt. Nicht für die vielen Flüchtlinge, sondern für die Verwaltungsmitarbeiter, die sich aktuell fast rund um die Uhr um Schlafplätze für die neu ankommenden Asylbewerber in Nordrhein-Westfalen kümmerten. Derzeit arbeite das zuständige Dezernat im Schichtbetrieb, erklärte Pressesprecher Dr. Christian Chmel-Menges am heutigen Montag (7. September 2015) im Rahmen einer Stippvisite von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (NRW) in Arnsberg. Als oberste Dienstherrin ließ sich Kraft durch den rund zwanzigköpfigen Krisenstab der Landesbehörde für das Flüchtlingsproblem informieren.

Hundert Mitarbeiter seien im Asyl-Dezernat der Bezirksregierung inzwischen mit der Bewältigung der entstehenden Probleme durch den Massenansturm nach Nordrhein-Westfalen beschäftigt, hieß es. Binnen eines Jahres habe man die Zahl der Kollegen auf Grund der immer stärker werdenden Flüchtlingswelle verdoppeln müssen, bilanzierte Chmel-Menges die dramatische Entwicklung.

Zusätzlich kämen inzwischen knapp weitere 300 Kräfte aus anderen Landesbehörden sowie Pensionäre als Verstärkung für ganz Nordrhein-Westfalen hinzu. Sie würden in den fünf nordrhein-westfälischen Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster sowie in den landeseigenen Massenunterkünften für Flüchtlinge aushelfen.

Mitarbeiter sind „an der Belastungsgrenze – oder darüber hinaus“

Pressesprecher Dr. Christian Chmel-Menges von der Arnsberger Bezirksregierung betonte vor Journalisten, dass man „an der Belastungsgrenze – oder darüber hinaus“ angekommen sei. – Zu einem angeblich erhöhten Krankenstand unter den zuständigen Sachbearbeitern konnte er keine konkreten Angaben machen.

Und nur wenige Minuten später tönte Ministerpräsidentin Kraft dann vor denselben Medienvertretern, dass Nordrhein-Westfalen nun die Hauptlast des aktuellen Flüchtlingszustroms aus Ungarn schultern werde, nachdem Bayern diesbezüglich in die Knie gegangen sei.

Arnsbergs neue Regierungspräsidentin Diana Ewert sieht ihr Team für Flüchtlingsfragen allerdings auch „am Rand der eigenen Erschöpfung“.

Man agiere nicht mehr, man reagiere nur noch, so Ewert. – Und auch Hannelore Kraft gab zu, dass das Handeln des Landes „nicht mehr planvoll“ sei.

 „Allzeithoch“ der Flüchtlingszahlen seit Gründung der Bundesrepublik

Dr. Christian Chmel-Menges bestätigte auf Nachfrage, dass es sich bei den aktuellen Flüchtlingszahlen um ein „Allzeithoch“ seit Gründung der Bundesrepublik handele. Selbst die Höchststände während der Balkankrise in den 1990-er Jahren habe man inzwischen überschritten.

Und die Zahlen würden „permanent nach oben korrigiert“, sagte Kraft, die davon ausgeht, dass die Prognosen der Bundesregierung von 800.000 neuen Flüchtlingen in Deutschland alleine in diesem Jahr noch viel zu niedrig angesetzt seien. – Ob es vielleicht sogar mehr als eine Million werden würden, wollte die Ministerpräsidentin nicht mutmaßen.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlingen stellen eine besondere Herausforderung dar

Neben dem personellen Einsatz von Behörden und Betreuungsorganisationen sah Kraft vor allem im Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen eine besondere Herausforderung.

Auf die Kommunen kämen hohe finanzielle Belastungen dadurch zu, so die SPD-Landespolitikerin.

Während im Jahre 2012 nur 15.000 Flüchtlinge während des gesamten Jahres nach NRW kamen, rechne die Landesregierung nunmehr alleine in den kommenden acht Tagen mit einem gleich großen Volumen.

Tausend Flüchtlinge pro Tag kämen derzeit nach NRW. – Hinzu nehme man aktuell noch die Sonderkontingente auf, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entgegen des Dublin-Abkommens großzügig aus Ungarn nach Deutschland „durchgewunken“ hatte. Alleine am vergangenen Wochenende hätte Nordrhein-Westfalen dafür kurzfristig 2.495 zusätzliche Plätze geschaffen, hieß es.

Noch keine „Ungarn-Flüchtlinge“ in Wimbern untergebracht

Auf die Belegung der „Zentralen Unterbringungseinrichtung“ (ZUE) in Wimbern hat der anschwellende Flüchtlingsstrom bislang keine Auswirkungen.

Heute seien nur 467 von 480 Regelplätzen in der Massenunterkunft des Landes belegt gewesen, berichtete Dr. Christian Chmel-Menges im Gespräch mit "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE".

Von den Flüchtlingen direkt aus Ungarn habe man bislang noch keine in Wickede (Ruhr) untergebracht. Denn derzeit bestünde immer noch das nicht gelöste Brandschutz-Problem für die zusätzlichen Räumlichkeiten im ehemaligen Marien-Krankenhaus mit seinen Nebengebäuden.

So lange dieses Problem nicht geklärt sei, gäbe es keine Kapazitätserhöhung auf die angekündigten 800 Regelplätze (plus weitere 100 Notplätze), so Chmel-Menges.

Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) hatte kürzlich noch erklärt, dass er für Mitte September mit einer höheren Belegungszahl in der ZUE in Wimbern rechne.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zusammen mit der neuen Arnsberger Regierungspräsidentin Diana Ewert und ihrem Vize Volker Milk (von rechts) FOTO: ANDREAS DUNKER
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zusammen mit der neuen Arnsberger Regierungspräsidentin Diana Ewert und ihrem Vize Volker Milk (von rechts) FOTO: ANDREAS DUNKER