Nach dem Tod der Gastronomie bleibt nur „Beerdigungskaffee“

29. Oktober 2015

ECHTHAUSEN. „Was wäre Echthausen arm, wenn wir den Gasthof Schulte (…) nicht hätten“, heißt es in einem Beitrag in der 2011 erschienenen „Geschichte des Dorfes Echthausen“. Über die einzige Gastwirtschaft des Ortes merkt der Schreiber in der Chronik weiter an: „Hier findet das gesellige Leben der Dorfgemeinschaft statt.“

Und auf der Homepage des einzigen bislang noch verbliebenen Echthausener Gastronomiebetriebes ist am heutigen Donnerstagabend (29. Oktober 2015) immer noch zu lesen: „Wir begrüßen Sie ganz herzlich in unserem traditionsbewussten Gasthaus, das seit 1898 von unserer Familie geführt wird. (…) Wir gehen mit der Zeit, dennoch ist es uns eine Herzensangelegenheit die Tradition unseres Hauses zu bewahren.“

Ab sofort geschlossen

Zeitgleich teilt das „Gasthaus Schulte“ allerdings heute zirka 17.30 Uhr in einem Posting auf seiner Facebook-Seite mit: „… leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass unser Restaurant ab sofort geschlossen ist. Familiäre und betriebliche Gründe veranlassen uns zu diesem Entschluss.“ (Wir berichteten aktuell!)

Seit heute Abend ist die Gaststätte in ihrer bisherigen Form also Geschichte. Das Ende einer Tradition gekommen und Echthausen ein Stück „ärmer“.

Der Werbespruch auf der modernen Homepage des „Gasthauses Schulte“ bekommt plötzlich eine ganz andere Bedeutung als wohl ursprünglich von seinem Verfasser gedacht: „Wir gehen mit der Zeit …“

Nach dem Tod der Gastronomie bleibt nur noch der „Beerdigungskaffee“

Und statt der Botschaft „Kehren Sie ein und lassen Sie es sich gut gehen!“ ist nun scheinbar „Kehraus“ in der Gaststube angesagt. Denn Inhaber Egon Schulte und seine Familie wollen nur noch Übernachtungen mit Frühstück anbieten – und keine warmen Speisen und kühlen Getränke mehr. Mit Ausnahme von „Beerdigungskaffee“.

Das „Wohnzimmer“ des Dorfes

Die Nachricht vom Ende der Gaststätte an der Ruhrstraße verbreitete sich heute über elektronische Medien und soziale Netzwerke sowie den dörflichen Mundfunk wie ein Lauffeuer.

Denn von Stammtischen über Familienfeiern und Geschäfttreffen bis hin Vereinssitzungen fand bei „Schulten Egon“ alles statt. Die Gaststätte der Familie Schulte war bis heute das Wohnzimmer des Dorfes Echthausen.

Weiterhin „Übernachtung mit Frühstück“

Zu den „familiären und betrieblichen Gründen“ zur sofortigen Schließung ohne Vorankündigung gab es viele ratlose Stammgäste und einige Gerüchte.

Die Familie Schulte selbst wollte heute keine Stellung mehr zur Schließung der traditionsreichen Geschäftsteile „Schankwirtschaft“ und „Restaurant“ sowie zum verbleibenden Geschäftsmodell „Übernachtung mit Frühstück“ abgeben. – Den Familienmitgliedern stand der Schock über die eigene Entscheidung beim Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ noch ins Gesicht geschrieben.

Noch vor wenigen Tagen die neue Speisenkarte angepriesen

Nach längerer Überlegungsphase hatten die jungen und die alten Eheleute Schulte die Entscheidung aber wohl in dieser Woche kurzfristig getroffen. Denn nach einem kurzen Betriebsurlaub hatte man vor acht Tagen noch groß die neue Speisenkarte für die Herbst- und Winterzeit angepriesen.

Auf Grund der „zahlreichen Reservierungen“ wurden Gäste in den letzten Tagen zudem um „telefonische Voranfrage“ gebeten, wenn sie im Restaurant speisen wollten.

Radtouristen und Monteure

Um so unerwarteter kam wohl für die meisten Gäste und Bürger aus Echthausen die Nachricht von der abrupten Schließung der Gaststätte, die durch die direkte Lage am viel befahrenen Ruhrtalradweg in den letzten Jahren doch offensichtlich erheblich profitiert hatte. Denn bei schönem Wetter machten zahlreiche Radfahrer ihre Rast im Biergarten vor dem Hause Schulte – und die Zimmer des Hotels waren dem Vernehmen nach vielfach durch die Touristen sowie Monteure ausgebucht.

Fortführung durch jüngere Familiengeneration?

Die Dorfgemeinschaft hatte dadurch auf einen Fortbestand der Traditionsgaststätte gehofft. Zumal sich mit der Rückkehr von Sohn und Koch Stephan Schulte sowie seiner Ehefrau Andrea ins elterliche Haus nach Echthausen eine Übernahme und Fortführung durch die nächste Generation abzuzeichnen schien.

Doch nun hat Inhaber Egon Schulte (64) zusammen mit dem Familienrat entschieden: Die Gaststätte bleibt ab sofort dicht. Weitergeführt wird nur noch das Hotel.

Als Hauptgrund für die Entscheidung nennt er den Mangel an qualifiziertem Personal für die Gastronomie. Im Dorf können manche dieses Argument nicht nachvollziehen.

ANDREAS DUNKER für "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE"


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Das Gasthaus Schulte: bislang mit Biergarten, Schankwirtschaft, Restaurant und Hotel ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Das Gasthaus Schulte: bislang mit Biergarten, Schankwirtschaft, Restaurant und Hotel ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER