Brandbrief an Bezirksregierung: Bürgermeister schlägt Alarm wegen Fehlalarmierungen

26. April 2016

WIMBERN. Die aktuelle Häufung mutwilliger Fehlalarme durch die Brandmeldeanlage in der Massenunterkunft für Flüchtlinge in Wimbern ist für Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) Anlass zur ernsten Sorge. Daher forderte Michalzik die Arnsberger Regierungspräsidentin Diana Ewert (SPD) am heutigen Dienstag (26. April 2016) schriftlich auf, dringend wirksame Abhilfe zu schaffen.

Die Bezirksregierung Arnsberg und die Brandschutzdienststelle des Kreises Soest sowie die Gemeinde Wickede (Ruhr) und deren Freiwillige Feuerwehr müssten gemeinsam eine Lösung schaffen, die das nicht bestimmungsgemäße Auslösen der Brandmeldeanlage verhindere beziehungsweise das unnötige Ausrücken der Rettungskräfte beende.

Bürgermeister fordert schnelle Umsetzung geeigneter Maßnahmen

Eine denkbare Variante sei die Vorschaltung der Pforte der "Zentralen Unterbringungseinrichtung" (ZUE) vor der Alarmierung der Rettungskräfte, hatten Bezirksregierung und Kommune bereits in der vergangenen Woche übereinstimmend erklärt.

Aufgrund des erneuten Fehlalarms am gestrigen späten Abend erwartet Michalzik hier aber eine schnellere Umsetzung der Maßnahme. Er fordert mit Nachdruck von der Bezirksregierung, dass in der ZUE dafür gesorgt wird, dass bei einem Alarm per Druckknopfmelder dort durch den Wachdienst  unverzüglich geprüft wird, ob tatsächlich ein Ernstfall vorliegt oder wieder ein Missbrauch, ehe die Alarmierung der Rettungsleitstelle des Kreises Soest und das Ausrücken der kompletten Wickeder Wehr erfolge.

Zig Fehlalarme in den letzten Wochen

Innerhalb der letzten fünf Wochen (22. März – 25. April 2016) habe es insgesamt neun Alarme durch die Brandmeldeanlage in der ZUE gegeben, so der Bürgermeister, die das Ausrücken der Feuerwehr in kurzer Reaktionszeit und großer Formation zur Folge gehabt hätten.

Es müsse ein gemeinsames Anliegen von Gemeindeverwaltung und Landesbehörde sein, dass das große ehrenamtliche Engagement der Feuerwehrleute sowie die Unterstützung durch ihr persönliches Umfeld nicht durch ständige Fehlalame mürbe gemacht werde, meinte Michalzik.

Sechs (!) der Einsätze in den letzten vier Wochen seien dabei böswillig und grundlos offenbar von Bewohnern der Einrichtung über Druckknopfmelder ausgelöst worden. Michalzik: "Alle diese Alarmierungen erfolgten in der Nachtzeit zwischen 21.30 und 1.00 Uhr. Auch hier rückte die Feuerwehr Wickede (Ruhr) jedes Mal vorschriftsmäßig mit großem Aufgebot aus.“ – Außerdem habe es noch tagsüber zweimal durch Handwerkerarbeiten in der ZUE eigentlich unnötig veranlasst Fehlarame gegeben.

Grenze des Zumutbaren für Feuerwehrleute erreicht

„Sie werden aus dieser Häufung verstehen, dass wir damit an die Grenze dessen gelangen, was für die Feuerwehrleute zumutbar ist. Wir erreichen einen Grenzbereich, was persönlich physisch verkraftbar und für ihre Familien zumutbar ist. Ich sehe das Risiko, dass diese Einsatzdichte – zumal unbegründet – für die heimischen Arbeitgeber, denen ich für ihre große Unterstützung des Feuerwehrdienstes sehr dankbar bin, nicht mehr vermittelbar wird“, beschreibt Michalzik im Brief an Regierungspräsidentin Ewers, wie aus Sicht seiner Wehrführung, seines zuständigen Fachbereichs unter Leitung von Jürgen Schlautmann und von ihm selbst die Auswirkung dieser Entwicklung gesehen wird.

Im Ernstfall würde man Zeit verlieren, wenn die Feuerwehr nicht direkt alarmiert wird

Zur Zwischenschaltung der Pforte oder anderer möglichen Hürden vor einer schnellen Alarmierung der Wickeder  gibt es aber auch Gegenargumente. – „Natürlich sind mir die möglichen Einwände bekannt, das damit eventuell drohen könnte, im Ernstfall etwas Zeit zu verlieren“, geht der Bürgermeister auf diese möglichen Vorbehalte ein. „Dem setze ich jedoch entgegen, dass bei weiteren Fehlalarmen eine viel schwerwiegendere Lage eintreten kann: Wenn aufgrund von Überforderung und Verärgerung auf einmal zu wenig ehrenamtliche Kräfte zur Verfügung stehen, wenn es wirklich darauf ankommt“.

Mit gelegentlichen Fehlalarmen wisse die Feuerwehr umzugehen – aber gerade auch im Interesse der Flüchtlinge in die ZUE müsse die Schlagkraft der Wehr für den Ernstfall erhalten werden. Daher müsse der weitere Kräfteverschleiß durch Missbrauch wirksam vermindert werden.

Bezirksregierung stimmt mit Gemeinde überein

„So geht es nicht mehr weiter!“ hatte auch Bettina Zipplies in ihrer Funktion als stellvertretende Einrichtungsleiterin der ZUE kürzlich in Bezug auf die viel zu häufigen Fehlalarmierungen der Feuerwehr erklärt.

Und Pressesprecher Benjamin Hahn von der Bezirksregierung in Arnsberg ließ am heutigen Nachmittag auf Nachfrage von "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE" verlauten, dass seine Behörde dem berechtigten Anliegen der Gemeinde Wickede (Ruhr) durchaus zustimme und ebenfalls an einer schnellen Lösung der Problematik interessiert sei.

Schnelle Lösung ist nicht immer die beste

Doch um den gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen nachzukommen und im Ernstfall schnellstmöglich Menschenleben zu retten sei eine schnelle und einfach klingende Lösung nicht immer die beste, hatten Brandschutzexperten diesbezüglich schon erklärt. – Darunter auch Gemeindebrandinspektor Georg Ptacek als Leiter der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Wickede (Ruhr).

ANDREAS DUNKER für "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE"


WICHTIGE ANMERKUNG DER REDAKTION: Als Redaktion möchten wir im Zuge der Berichterstattung über die wiederholten Fehlalarme in der Flüchtlingsunterkunft in Wimbern ausdrücklich darauf hinweisen, dass man zwar nicht mehr von Einzelfällen bei der missbräuchlichen Alarmierung der Rettungskräfte sprechen kann, sehr wohl aber berücksichtigen muss, dass es sich um Einzeltäter handelt, die die Gesamtheit der rechtschaffenen Asylsuchenden in Verruf bringt. Bei aktuell bis zu 480 Bewohnern in der ZUE verursacht ein einzelner Straftäter, der zu unrecht eine Brandmeldung auslöst, einen riesigen Ärger. Alle anderen Flüchtlinge sind allerdings selbst "Opfer" dieses einen Idioten (der Kraftausdruck darf an dieser Stelle ausnahmsweise mal in einem journalistischen Text verwendet werden). Denn alle Bewohner eines Gebäudekomplexes müssen nach dem ausgelösten Alarm erst einmal evakuiert werden und draußen im Freien warten, bis die Feuerwehr den Fehlalarm bestätigt und die Rückkehr der Menschen ins Gebäude wieder genehmigt. Also: So sehr man sich über Notruf-Missbräuche auch aufregen mag, eine Pauschalverurteilung der Flüchtlinge in diesem Zusammenhang wäre ungerecht und dumm. Hier gilt es differenziert zu denken, so schwer einem dies bei allen Emotionen auch fallen mag.

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Bürgermeister Dr. Martin Michalzik vor der "Zentralen Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge" (ZUE) in Wimbern ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Bürgermeister Dr. Martin Michalzik vor der "Zentralen Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge" (ZUE) in Wimbern ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER