Bürgermeister Martin Michalzik (CDU): Neuer Konflikt zwischen Land und Gemeinde Wickede

15. Juni 2016

WICKEDE (RUHR). Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) hat am heutigen Mittwochnachmittag (15. Juni 2016) schriftlich zu den Ergebnissen des Behördengespräches am gestrigen Tage im Rathaus Stellung genommen. Dabei ging es um die Ausweisung des ehemaligen TuS-Sportplatz-Geländes als Überschwemmungsschutzgebiet und die Verweigerung einer Baugenehmigung durch die Bezirksregierung Arnsberg (wir berichteten). Michalzik sieht dies als einen schweren Rückschlag für ein wichtiges Projekt in der Gemeindeentwicklung an und greift die Landesbehörde an. Nachstehend die Pressemitteilung im Wortlaut:

Die Bezirksregierung Arnsberg verwehrt der Gemeinde Wickede (Ruhr) und interessierten Investoren aktuell, das rund 11.000 Quadratmeter große Gelände des alten Sportplatzes an der Ruhrbrücke gewerblich zu vermarkten beziehungsweise zu nutzen.

Dies ist das aktuelle Zwischenergebnis aus einem Behördengespräch, das jetzt im Rathaus der Gemeinde Wickede (Ruhr) mit Vertretern des Kreises Soest und der zuständigen Fachabteilung der Bezirksregierung Arnsberg stattfand. Für das Gelände am alten Sportplatz existiert seit dem Jahr 2008 ein rechtskräftiger Bebauungsplan, der die Nutzung als Gewerbefläche vorsieht. Dafür gibt es inzwischen einen sehr ernsthaften Interessenten aus der Gemeinde Wickede (Ruhr). Dieser beabsichtigt, dort eine Präsentationsfläche und ein Verkaufsbüro für Automobile zu errichten. Aus Sicht der Gemeinde Wickede (Ruhr) ist dies eine Verwertung, die sich für diesen – von der Bundesstraße gut sichtbaren – Standort hervorragend anbietet, eine belästigungsarme gewerbliche Nutzung darstellt und überdies gewisse Probleme reinigen kann, die sich für das expandierende Unternehmen in seinen gegenwärtigen Liegenschaften und deren Umfeld stellen

Bis in die jüngste Zeit wurden für die als Überschwemmungsschutzgebiet festgesetzten Bereiche noch Baugenehmigungen ausgesprochen. Noch 2013 war den Kommunen mit Flusslandschaften auf einer NRW-Fachtagung versichert worden, dass gültige Bebauungspläne wirksam blieben. Das Gespräch im Rathaus zeigte demgegenüber jetzt einen anderen Kurs der Arnsberger Bündelbehörde: „Hier will man nach unserem Eindruck die im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes, das hier Rechtsgrundlage ist, ausdrücklich vorgesehenen Spielräume gar nicht für uns prüfen und anwenden.“

Diese Spielräume sehen vor, dass in Überschwemmungsgebieten Bauvorhaben möglich bleiben, die den Überschwemmungsschutz „nicht beeinträchtigen“ oder „hochwasserangepasst ausgeführt“ würden. Beide Bedingungen sehen Gemeinde und Kaufinteressenten als erfüllbar an.

Stattdessen vertritt die Landesbehörde die Auffassung, die negativen Auswirkungen der neuen Linie müssten von den Grundeigentümern als Wille des Gesetzgebers hingenommen werden. Diese Sicht der Dinge können weder Gemeinde noch Bauinteressenten nachvollziehen. Schließlich gebe es zum einen einen gültigen Bebauungsplan und gerade zur Würdigung des örtlichen Einzelfalls den durch den Bundestag beschlossenen gesetzlichen Spielraum für die zuständige Behörde. „Daher sind wir mit der klaren Absicht in die Vermarktung des alten Sportplatzes und in dieses Gespräch gegangen“, so Bürgermeister Dr. Michalzik, „mit den Aufsichtsbehörden und den Interessenten eine Planung umzusetzen, die Nutzung und Hochwasserschutz gemeinsam ermöglicht“.

Über die sogenannten „wasserrechtlichen Belange“ bei Bauanträgen befindet bei Projekten in Wickede immer die Kreis- oder Bezirksverwaltung. Dass nun in Arnsberg – entgegen den bisherigen Genehmigungen auch im Umfeld des alten Sportplatzes – schon die Suche nach einem gemeinsamen Weg für diese Fläche grundsätzlich abgelehnt wird, ist für die Wickeder Seite nicht nachvollziehbar. Denn es lasse zum Beispiel außer Acht, dass es für die Gemeinde Wickede (Ruhr) aufgrund der geringen Gemeindegröße, der ausgeprägten Berg- und Tallagen und mit den weitläufigen Wasserschutzgebieten überhaupt keine anderen Möglichkeiten mehr gebe, einem solchen Unternehmen einen Standort anzubieten.

„Es kann nicht angehen, dass bei uns Ziele des Trink-, Gewässer- und Hochwasserschutzes für ganz NRW so durchgesetzt werden, dass unsere wirtschaftliche Entwicklung von Gemeinde und Mittelstand völlig blockiert wird. Zugleich wird hier kommunales Eigentum im beträchtlichen Wert mit einem Federstrich entwertet“, so Bürgermeister Michalzik.

Denn genau zum Zweck der gewerblichen Entwicklung und Vermarktung hatte die Gemeinde Wickede (Ruhr) nach Verlegung des TuS-Sportplatzes ins Ohl vor Jahren das Gelände an der Ruhrbrücke erworben und – bislang im Einklang mit der Regionalplanung – für Gewerbe vorgesehen.

Die vorgesehene Aufstellung von Pkw bedeute auch kein reales Umweltrisiko, ist die Kommune überzeugt, da die Fahrzeuge bei drohenden Überschwemmungen fortgefahren werden könnten. Denn anders als in engen Tallagen ist im Ruhrtal mit sturzflutartigen Ereignissen und Flutwellen in Minutenschnelle nicht zu rechnen. Darüber hinaus werde sich durch die vorgesehene Renaturierung im weiteren Verlauf der Ruhr die Hochwassersituation deutlich verändern. Auch das müsste Berücksichtigung finden.

Die Interessenten an dem Grundstück zeigten sich über die strikte Ablehnung ebenfalls sehr betroffen und befremdet. Sie haben bereits in Entwurfsplanungen zur Vorbereitung einer Baugenehmigung investiert. Vor allem jedoch hänge die weitere Errichtung von Arbeitsplätzen und die Unternehmensentwicklung in Wickede insgesamt von dieser Verlagerungschance ab.

Die Verwaltung wird den Gemeinderat über den Sachverhalt in der kommenden Sitzung des Umwelt-, Bau- und Planungsausschusses informieren und mit dem Gemeinderat über die nächsten möglichen Schritte beraten.

„Ich halte für richtig, dass wir nun im Umweltministerium in Düsseldorf um eine differenzierte Betrachtung unseres Projektes werben und mit aller Kraft versuchen, dort eine kooperative Lösung zu erreichen“, sieht der Bürgermeister als Verwaltungsvorschlag für die Ratsberatung vor. „Ich sehe dies als Ernstfall für die allgemeinen Erklärungen der Landesregierung an, gerade auch für kleinere Kommunen Entwicklungschancen zu schaffen.“

Dieses Ziel wird von den interessierten Unternehmern nachdrücklich unterstützt. „Wir arbeiten so in enger Abstimmung und mit Hochdruck daran, dass ein schwerer Rückschlag für ein wichtiges Projekt der Gemeindeentwicklung abgewendet wird“, führt der Bürgermeister aus: „Dafür erwarten wir eine Bearbeitung und Bewertung durch die Landesregierung, die unseren örtlichen Belangen Rechnung trägt. Wir wollen eine Lösung erreichen, die der Gemeinde den Verkauf und den Interessenten die Nutzung ermöglicht. Wir sind und bleiben überzeugt, dass das im Einklang auch mit einem effizienten Überschwemmungsschutz möglich ist.“


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Bürgermeister Dr. Martin Michalzik ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Bürgermeister Dr. Martin Michalzik ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER