Wickeder Sekundarschule bleibt weiterhin eine große Baustelle

27. Juni 2016

WICKEDE (RUHR). Die „Sekundarschule Wickede (Ruhr)“ ist und bleibt in jeder Beziehung eine große Baustelle: Völlig unerwartete Mehrkosten in Höhe von fast einer Million Euro, wesentlich geringere Schülerzahlen als ursprünglich erhofft und jetzt noch der überraschende Weggang von Ideengeber und Gründungsrektor Jan Haurand, der als junger Vater mit seinem Job in Wickede offenbar zeitlich überfordert ist und zur Bezirksregierung nach Arnsberg wechselt.

Und aus dem Lehrerkollegium ist zu hören, dass ein weiterer Weggang noch viel schwerer wiege: der Verlust von Schulsozialarbeiter Lars Günzler, der sich gerade um schwierige Kinder hervorragend gekümmert habe und nun nach Arnsberg wechselt (wir berichteten).

Niedrigste Zahl an Neuanmeldungen

Für das kommende Schuljahr hat die Wickeder Sekundarschule zudem die bislang niedrigste Zahl an Neuanmeldungen: Lediglich 54 Jungen und Mädchen wollen nach den Sommerferien in die fünfte Klasse der weiterführenden Schule im Hövel wechseln, erklärte Susanne Modler als verantwortliche Sachbearbeiterin im Rathaus auf Anfrage von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“.

„Übergangsquote“ als positiv bewertet

Angesichts der schwachen Schülerzahlen in den derzeitigen vierten Klassen in den Grundschulen bewerteten Modler und Schulleiter Jan Haurand die „Übergangsquote“ zur Sekundarschule allerdings als durchaus positiv und im Vergleich zu den Vorjahren als stabil.

Nur knapp die Dreizügigkeit erreicht

Die Aufrechterhaltung eines dreizügigen fünften Jahrgangs – sprich drei neue Klassen – sei allerdings nur möglich, da es auch sechs Anmeldungen für Kinder mit Förderbedarf in der Wickeder Sekundarschule gäbe, so Pressesprecher Christoph Söbbeler von der Bezirksregierung Arnsberg, die als Schulaufsichtsbehörde fungiert. Denn der Bedarf für diese Schüler würde anders gewertet, betonte Söbbeler. Die übliche Klassenstärke läge vorschriftsmäßig bei 20 bis 29 Schülern. Dies bedeute bei 54 normalen Anmeldungen in diesem Jahr eigentlich nur eine Zweizügigkeit.

Schule benötigt kurzfristig mehr Klassenräume

Kurios: Trotz der eigentlich geringen Schülerzahlen hat die Sekundarschule bereits nach den Sommerferien 2017 voraussichtlich ein Platzproblem, wenn die Gemeinde Wickede (Ruhr) als Schulträger nicht bis zum 1. September 2017 weitere Räumlichkeiten schafft. Denn die Fertigstellung des ursprünglich geplanten Anbaus an der Nordseite des bisherigen Gebäudekomplexes dauert einfach zu lange.

Zwischenlösung mit Containern?

Ein Mescheder Ingenieurbüro prüft deshalb derzeit im Auftrag der Gemeindeverwaltung, ob eine Zwischenlösung mit Containern, eine vorgezogene Baumaßnahme mit Fertigelementen im Norden oder eine ganz andere Lösung effektiver und wirtschaftlicher ist. Zudem muss dabei auch berücksichtigt werden, welche Variante den Schulbetrieb möglichst wenig beeinträchtigt. Denn momentan ist die Lärmbelästigung durch die laufenden Bauarbeiten schon enorm.

Machbarkeitsstudie für Fertigbauweise in Auftrag gegeben

„Ziel ist es, bis zum 1. September 2017 mindestens vier Klassen- und zwei Differenzierungsräume für den weiteren Schuljahrgang bereitzustellen“, erklärte Markus Kleindopp als zuständiger Fachbereichsleiter im Wickeder Rathaus. Man müsse vorab aber genau prüfen, ob eine Übergangslösung für die Dauer von zwei Jahren sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar sei. Deshalb habe man eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

Anbau an der Ecke Hövel-/Ludgerusstraße

Dabei kann sich die Gemeinde Wickede (Ruhr) als Schulträger wohl auch eine ganz andere Variante als die Norderweiterung in Stein- oder Fertigbauweise vorstellen.

Fachbereichsleiter Markus Kleindopp aus dem Rathaus hatte diese neue Idee im zuständigen Ausschuss des Gemeinderates bereits skizziert. Demnach soll auch eine süd-östliche Anbau-Alternative an der Ecke Hövel-/Ludgerusstraße geprüft werden. Außer acht Klassen- und vier Nebenräumen sollten dabei auch ein WC-Trakt sowie ein Aufzug und ein Treppenhaus geschaffen werden.

Die Realisierung einer der Erweiterungsvarianten müsste spätestens bis zum 1. September 2017 realisiert werden, sagte Kleindopp.

Bei Baumaßnahmen noch im Kostenrahmen

Nach einer öffentlichen Informationsveranstaltung im Laufe des Sommers müsse der politische Rat der Gemeinde Wickede (Ruhr) dazu dann im August diesen Jahres eine Entscheidung treffen und festlegen, welche Lösung man als Schulträger realisieren wolle.

Auf die Frage nach den zu erwartenden Mehrkosten für Machbarkeitsstudie, Zwischenlösung und Neubaupläne angesprochen, betonte Kleindopp: „Da sind wir absolut im Kostenrahmen!“ – Die weitere bauliche Erweiterung folge einfach nur der schulischen Entwicklung und sei von Anfang an so vorgesehen gewesen.

Roncalli-Haus keine Alternative

Fachbereichsleiter Markus Kleindopp unterstrich in diesem Zusammenhang nochmals, dass die Nutzung des benachbarten Roncalli-Hauses weder als Übergangs- noch als Dauerlösung für die Schulerweiterung interessant sei. Die zum Verkauf stehende Immobilie der katholischen Kirchengemeinde sei dafür einfach nicht geeignet.

Entscheidung über Schulnamen erneut vertagt

Weiterhin offen bleibt übrigens die Frage nach einem individuellen Namen für die „Sekundarschule Wickede (Ruhr)“.

Der zuständige Fachausschuss des politischen Gemeinderates hatte erst in der vergangenen Woche grummelnd dem Beschlussvorschlag von Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) zugestimmt, die Entscheidung bezüglich einer neuen Bezeichnung für die Bildungseinrichtung bis zum Herbst 2016 zu vertagen.

Dabei merkte man auf Grund der Wortmeldungen in der Sitzung allerdings deutlich, dass die Geduld der Kommunalpolitiker in dieser Frage endlich ist und sie von Schule oder Verwaltung kurzfristig mehrheitsfähige Vorschläge erwarten.

Mehrmonatige Vakanz bei Schulleiterstelle zu erwarten

Die ab 1. August 2016 vakante Stelle des Schulleiters werde voraussichtlich erst nach neun Monaten neu ausgeschrieben, hieß es seitens der verantwortlichen Arnsberger Bezirksregierung am heutigen Montag (27. Juni 2016) im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“. So lange solle der bisherige ständige Stellvertreter Peter Zarnitz die Funktion kommissarisch mit übernehmen.

Die Schwierigkeit dabei: Das pädagogische Konzept von Jan Haurand (40) für die Wickeder Sekundarschule ist sehr speziell und weicht stark von anderen vergleichbaren Bildungseinrichtungen ab. Unter anderem gibt es das „SeGeL-Konzept“ (Selbstgesteuertes Lernen) in anderen Schulen so wohl nicht.

Peter Zarnitz (56) kann sich eine Fortführung des reformpädagogischen Ansatzes allerdings gut vorstellen, wenn Haurand als „Kapitän“ das Schulschiff verlässt und er nach den Ferien das Steuer übernehmen muss.

Viele offene Fragen und keine konkreten Antworten

Das Fazit sind viele offene Fragen: Wie wächst die Zahl der aktuell 299 Schüler in Zukunft? Wie geht es mit der räumlichen Erweiterung des Gebäudekomplexes weiter? Wer übernimmt auf Dauer das Ruder in der Schulleitung? Wer kümmert sich künftig um die Schulsozialarbeit? Wie lange dauern die Übergangslösungen? Bekommt die Bildungseinrichtung einen eigenen Schulnamen oder wird sie weiterhin einfach „Sekundarschule Wickede (Ruhr)“ heißen? – Viele offene Fragen – ohne konkrete Antworten.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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Schulleiter Jan Haurand (40) und sein ständiger Stellvertreter Peter Zarnitz (56) (von rechts) FOTO: ANDREAS DUNKER
Schulleiter Jan Haurand (40) und sein ständiger Stellvertreter Peter Zarnitz (56) (von rechts) FOTO: ANDREAS DUNKER