Jesus Christus stand nicht als Zeuge zur Verfügung

30. Juni 2016

WICKEDE (RUHR) / WERL. „Ich habe selten eine so kluge Richterin und Staatsanwältin gesehen und ich bedanke mich für den fairen Prozess“, erklärte ein 42-jähriger Angeklagter zum Ende eines Strafprozesses vor dem Werler Amtsgericht am heutigen Donnerstag (30. Juni 2016). Richterin Patricia Suttrop und Amtsanwältin Anja Minnerop als Vertreterin der Arnsberger Staatsanwaltschaft ließen diese Komplimente unkommentiert.. – Verurteilt wurde der Werler Hartz-4-Empfänger wegen „vorsätzlicher Körperverletzung“ schlussendlich zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 15 Euro, sprich: zu einer Gesamtsumme von 1.500 Euro.

Alleinrichterin Suttrop entsprach damit der Forderung der Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Als strafmildernd bewertete die Richterin die Reue des Täters – und als strafverschärfend, dass dieser bereits mehrere Vorstrafen auf dem Kerbholz hatte.

Streit über Musik war Auslöser für Körperverletzung

Wie sich im Laufe der Gerichtsverhandlung herausstellte, waren Täter und Opfer zum Tatzeitpunkt beide bei einer Wickeder Zeitarbeitsfirma beschäftigt: das Opfer als Fahrer im Shuttle-Dienst und der Täter als Leiharbeiter.

Während eines Transfers am 21. März 2016 kam es zum Streit zwischen dem 42-jährigen vorbestraften Werler und dem 54-jährigen Enser, der den Kleinbus fuhr. Während der Fahrer sein Autoradio anhatte, wollte der abgeholte Kollege unbedingt seine eigene Musik laut vom Handy abspielen lassen und forderte den Fahrer undespektierlich auf, das Autoradio abzustellen. – Dieser „Bitte“ kam das Opfer aber nicht nach.

Als man schließlich am Ziel der Fahrt – einem Industriebetrieb im Gewerbegebiet Westerhaar in Wickede – angekommen war, zog der Straftäter aus Werl sein T-Shirt aus und schlug dem noch im Kleinbus sitzenden Fahrer mit der Faust auf die linke Gesichtshälfte, wodurch das Opfer eine Schürfwunde und ein Hämatom erlitt. Außerdem forderte der aggressive Arbeiter das Opfer schreiend auf: „Komm raus, wenn du Eier hast.“

Andere Mitarbeiter des Industriebetriebes in der Westerhaar konnten den Angeklagten schließlich etwas beruhigen und die Situation entschärfen.

Der Täter wurde von einem Disponenten noch am selben Tag „gefeuert“.

Vorsätzliche Tat zu Anfang der Verhandlung noch bestritten

Zu Anfang der Gerichtsverhandlung hatte der mehrfach vorbestrafte Angeklagte noch bestritten, dass er das Opfer vorsätzlich geschlagen habe. Und der Werler bezeichnete den Vorfall als gewöhnliche „menschliche Reaktion, wenn man von jemandem genervt“ ist.

Wörtlich sagte der Angeklagte: „Jesus Christus ist mein Zeuge, ich habe diesen Mann nicht absichtlich verletzt!“ – Richterin Patricia Suttrop erklärte dazu allerdings nur lakonisch: „Den können wir nicht als Zeugen laden, den Herrn Jesus Christus“ und rief stattdessen das Opfer in den Zeugenstand, welches den Tathergang aus seiner Sicht schilderte.

Nach der plausiblen Aussage des Opfers gestand der angeklagte Werler, der inzwischen arbeitslos ist, seine Straftat dann selbst ein.

Richterin und Staatsanwaltschaft verzichteten daher auf die Anhörung von drei weiteren geladenen Zeugen.

Angeklagter nahm das Urteil des Gerichtes an

Nach der Verkündung des Urteils wegen vorsätzlicher Körperverletzung nahm der Verurteilte dieses an.

CARINA WESTERWELLE und ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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SYMBOLBILD: ANDREAS DUNKER
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