Erst Liebe dann Hiebe: Geliebter soll Geld von Prostituierter abkassiert haben

2. Februar 2017

WICKEDE / WERL / SOEST. „Ich wusste gar nicht, dass sie Prostituierte war“, beteuerte der angeklagte 33-jährige Libanese aus Wickede am heutigen Donnerstag (2. Februar 2017) vor dem Schöffengericht in Soest. – Seine Ex-Freundin aus Werl behauptete hingegen, dass ihrem ehemaligen Geliebten von Anfang an bekannt gewesen sei, dass sie als „Hure“ im Horizontalgewerbe gearbeitet habe.

„Blind vor Liebe“ habe sie ihm anfangs ihr Geld aus der Prostitution auch freiwillig überlassen, um sich ein gemeinsames Leben aufzubauen. Zudem habe sie ihn auch finanziell unterstützt, indem sie Schulden und Strafgelder für ihn beglichen habe. Denn als Prostituierte habe sie teilweise 500 Euro pro Tag verdient.

Geschlagen, bedroht und erpresst

Nachdem sie aber irgendwann ihr Geld für sich hätte behalten wollen, habe der Angeklagte sie geschlagen, bedroht und erpresst, um sie zu zwingen weiterhin für ihn „anschaffen“ zu gehen. Unter anderem habe er sie an den Haaren aus einem Café gezogen und sie mit der Hand so fest ins Gesicht geschlagen, dass sie umgestürzt sei.

„Hure“ zahlte für ihr Geheimnis

Auch nach Beendigung der Beziehung habe er nicht auf sie als „Einnahmequelle“ verzichten wollen und ihr weiterhin nachgestellt. Unter anderem habe er sie damit erpresst ihre Tätigkeit als Prostituierte gegenüber ihren Eltern und Bekannten bekannt zu machen. Damit er diese Drohung nicht wahr mache, habe sie ihm 1.000 Euro bezahlt, so die Zeugin. – Denn die Werlerin hatte ihre Arbeit als „Hure“ – unter anderem in einem Bordell am Düsseldorfer Flughafen – bis dato in ihrem persönlichen Umfeld weitestgehend verschwiegen.

Der Beschuldigte habe ihr auch gedroht erotische Fotos von ihr in ihrem Wohnort auszuhängen und auf Facebook zu veröffentlichen, wenn sie ihm nicht wöchentlich zwischen 500 und 1.000 Euro zukommen ließe.

„Besorg dir dein Geld von anderen Schlampen!“

Irgendwann habe sie für sein Schweigen aber nicht mehr bezahlen wollen und ihm mitgeteilt: „Verpiss dich aus meinem Leben, besorg dir dein Geld von anderen Schlampen!“

Vor dem Amtsgericht in Soest trat das Opfer als Zeugin sehr selbstbewusst gegenüber dem arbeitslosen Libanesen und seinem Pflichtverteidiger auf und ließ sich nicht einschüchtern.

Entäuscht von ihrem einstigen Liebhaber und späteren Peiniger erklärte die geschädigte Zeugin vor Gericht: „Ich hab’ ihm viel geholfen.“ Sie sei anfangs einfach „blind vor Liebe“ gewesen. – Und: „Jetzt find’ ich es langsam nicht mehr lustig!“

Chatverläufe als Beweise für Behauptungen

Da sich die angeklagten Straftaten bereits zwischen August 2014 und Februar 2015 in Werl und andernorts ereignet haben, ließen sich auch nicht mehr alle Details vor Gericht klären. Die Zeugin sagte, dass sie nach so vielen Monaten teilweise Erinnerungslücken hätte. – Andererseits hatte sie bereits bei Polizei und Staatsanwaltschaft entsprechende Bildschirmfotos von Chatverläufen als Beweise für ihre Behauptungen abgegeben.

Weitere Zeugin angeblich aus „Todesangst“ nicht vor Gericht erschienen

Eine zweite Frau, die der Wickeder Libanese ebenfalls körperlich misshandelt und zur Prostitution und Geldabgabe gezwungen haben soll, war vermutlich aus Angst nicht zu der Gerichtsverhandlung erschienen, obwohl sie auch als Zeugin geladen war.

Ein Zeuge bestätigte zögerlich entsprechende Äußerungen der „Dame“ über ihre „Todesangst“ vor dem 33-jährigen Libanesen aus Wickede, nachdem ihm von der Staatsanwaltschaft klar gemacht wurde, dass er mit Bußgeld oder gar Beugehaft zu rechnen habe, wenn er die Aussage verweigere.

Die fehlende Zeugin soll zum Fortsetzungstermin des Strafprozesses am Freitag, 10. Februar 2017, um 9.15 Uhr durch die Polizei zur Anhörung vorgeführt werden.

Angeklagter bestritt fast alle Beschuldigungen

Eine geständige Einlassung machte der in insgesamt sieben Fällen wegen Bedrohung, Nötigung, Erpressung und Körperverletzung angeklagte Libanese nur in Bezug auf eine illegale Veröffentlichung eines erotischen Fotos seiner Ex-Freundin im Sozialen Netzwerk „Facebook“. – Die restlichen Beschuldigungen stritt er ab.

Ob der in Wickede wohnhafte Angeklagte nun ein „Unschuldslamm“ oder ein krimineller Zuhälter ist, der Frauen gewerbsmäßig zur Prostitution zwingt und dabei auch nicht vor Gewalt zurückschreckt, muss der weitere Verlauf der Gerichtsverhandlung ergeben.

Manche Widersprüche zwischen Opfer und vermeintlichem Täter sollen durch weitere Beweise und Zeugen geklärt werden, deren Aufenthaltsort teilweise noch ermittelt werden muss. Einer soll aktuell eine Strafe in einer Justizvollzugsanstalt verbüßen.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
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