Marktbus, Mitfahrerbank und andere Möglichkeiten für Mobilitätseingeschränkte

4. März 2017

WICKEDE (RUHR). Die Mobilität älterer Menschen ist gerade im ländlichen Raum ein Problem. Denn egal ob Arztbesuch oder Einkauf, vieles ist auf Grund der Entfernung nur mit dem Auto möglich. Erschwerend kommen in einigen Bereichen der Gemeinde Wickede (Ruhr) die topografischen Verhältnisse hinzu. Denn mit Gehstock, Rollator und Rollstuhl sind die Wege bergauf und bergab für Senioren häufig kaum zu bewältigen.

Wenn man im Alter selbst nicht mehr Auto fahren kann oder die Unterhaltung eines eigenen Kraftfahrzeuges angesichts einer kleinen Rente zu teuer wird, müssen Angehörige häufig als Chauffeur dienen. – Bei Berufstätigen vielfach eine zeitliche Belastung, die schwer zu leisten ist.

Und eine „teure“ Taxifahrt können oder wollen sich viele Senioren nicht leisten. Wenngleich ein paar Fahrten mit dem professionellen Personenbeförderer vielleicht sogar billiger wären als früher die laufenden Betriebskosten fürs eigene Fahrzeug. – Der spontane Ruf eines Taxis ist außerdem in der Regel mit Wartezeiten verbunden. Bei ungeduldigen Senioren teilweise ein weiteres Problem.

Fehlende Barrierefreiheit im eigenen Heim und auf öffentlichen Wegen

Auf Grund fehlender Barrierefreiheit im eigenen Heim und auf öffentlichen Wegen, der mangelnden Infrastruktur zur Nahversorgung in Dörfern und im ländlichen Außenbereich sowie einer geringen Haltestellen-Dichte und eines schlechten zeitlichen Taktes im öffentlichen Bus-Netz wird die Situation angesichts einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung und der teilweisen „Landflucht“ junger Leute immer problematischer. Gefragt sind deshalb innovative Lösungen zur Minimierung der Mobilitätsprobleme im Alter.

Individueller Personennahverkehr von der eigenen Wohnung ins Zentrum

Der „Marktbus“ des Senioren-Forums sei daher ein guter Ansatz, hieß es bei den Diskussionsteilnehmern beim „Dorftreff“ mit Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) und Ortsvorsteher Rainer Belz (CDU) sowie Mitarbeitern der Kommune am vergangenen Donnerstag (2. März 2017) in Echthausen. Im Rahmen eines öffentlichen Bürgergespräches ging es dabei um einen „Zukunftsplan 2025“ für die Ruhrgemeinde.

Gewünscht wurde dabei von Beteiligten auch ein „Bürgerbus“, der für einen individuellen Pendelverkehr zwischen den Wohnstätten von (älteren) Menschen mit Behinderungen und dem Zentrum in Wickede dienen könnte.

„Im Moment sehe ich die Notwendigkeit noch nicht!“

Kommunalpolitiker Helmut Bäcker (SPD), selbst im Senioren-Forum und beim Marktbus-Projekt aktiv, sah dies am heutigen Samstag (4. März 2017) im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLIE“ allerdings skeptisch. „Im Moment sehe ich die Notwendigkeit noch nicht!“ erklärte Bäcker wörtlich. Denn der Marktbus am Donnerstag sei zwar eine gute Idee, werde aktuell allerdings nur etwa von knapp einem Dutzend Stammkunden aus der gesamten Gemeinde genutzt.

Vorteile gegenüber Taxen und Anrufsammeltaxis seien die geringen Kosten für die Nutzer (pauschal 2,00 Euro) und der ehrenamtliche Service, der den Wareneinkauf der Senioren auch notfalls bis in die Wohnung der Nutzer trägt.

Der „Marktbus“ sei im Vergleich zum bereits vor Jahren angedachten „Bürgerbus“ ein kleiner Kompromiss. Bei allen Initiativen müsse man aber auch schauen, wie der wirkliche Bedarf sei. Zudem müsse man stets auch die Wirtschaftlichkeit prüfen.

Es fehlt an ehrenamtlichen Fahrern für einen Bürgerbus

An den Geldern für die Anschaffung eines Transportfahrzeuges habe es bislang nicht gemangelt. Ein bereits bestehender eingetragener Bürgerbus-Verein in Wickede habe aber einfach nicht genügend ehrenamtliche Fahrer für einen solchen Service gefunden.

Damit widersprach Helmut Bäcker dem Einwurf von Günther Randelhoff, der während des Dorftreffs in Echthausen gemutmaßt hatte, dass das Projekt an parteipolitischen Animositäten gescheitert sei. – Bäcker hingegen verwies ausdrücklich nur auf die fehlenden Fahrer für ein solch ehrenamtliches Projekt.

Das Senioren-Forum sucht übrigens auch aktuell noch dringend einen zusätzlichen ehrenamtlichen Fahrer, wie Diplom-Pädagogin Angelika Bechheim-Kanthak vom kommunalen Senioren-Büro am Mittwoch (1. März 2017) mitteilte.

Neben Firma Fahnemann stellen auch DRK und Feuerwehr einen Kleinbus zur Verfügung

Fahrzeuge habe man für das Marktbus-Projekt genügend, so Helmut Bäcker gegenüber „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“. Neben dem von der Firma Frank Fahnemann zur Verfügung gestellten Kleinbus stellen Deutsches Rotes Kreuz (DRK) und Freiwillige Feuerwehr notfalls noch jeweils einen Bulli als Ersatzfahrzeuge zur Verfügung.

Allerdings seien alle Transporter nicht für die Aufnahme von Rollstuhlfahrern oder anderen Schwerbehinderten geeignet, da eine entsprechende Hebebühne oder Rampe an den Fahrzeugen fehle, so Bäcker.

Die Sammelhaltestelle am „KaDeWi“ (Kaufhaus der Wickeder) des Caritasverbandes an der Kirchstraße in Wickede diene übrigens auch den sozialen Kontakten der älteren Menschen. Denn dort könnten die Passagiere bei Kaffee und Waffeln vor der Rückfahrt mit dem „Marktbus“ warten und ein Schwätzchen halten.

Bedürftige Behinderte erhalten erhebliche Zuschüsse für notwendige Taxi-Fahrten

Wenig Verständnis gibt es beim Taxi-Gewerbe für einen ehrenamtlichen Bürgerbus-Service, der Passagiere kostenlos von Tür zu Tür kutschiert. Denn nicht immer seien es die wirklich Bedürftigen, die diesen Fahrservice nutzten, hieß es. Zumal es durchaus kommunale Beförderungsgutscheine zur gesellschaftlichen Teilhabe von Schwerbehinderten gäbe. Dadurch sei ein Zuschuss von mehr als 900 Euro pro Jahr für finanziell schlecht gestellte Mitbürger möglich, so ein Taxi-Unternehmen. Zudem würden auch Krankenkassen manche Fahrt kostenmäßig übernehmen. Außerdem könne man auch Fahrgemeinschaften bilden, um sich so beispielsweise Taxi-Kosten für Fahrten aus den Ortsteilen ins Zentrum zu teilen.

Ein ehrenamtlicher Bürgerbus sei also nicht notwendig. Auch wenn dies manche Angehörige vielleicht wünschten, damit ihnen ehrenamtlich engagierte Mitbürger die „lästigen“ Fahrdienste für ihre älteren und gehbehinderten Verwandten abnehmen würden.

Die Idee zur Schaffung einer „Mitfahrerbank“ wurde begrüßt

Pragmatischer war eine andere Idee beim Dorftreff in Echthausen: Die Schaffung einer sogenannten „Mitfahrerbank“, einem Treffpunkt für spontane Fahrgemeinschaften. So könnten an Ausfahrtsstraßen einfach Sitzgelegenheiten und Hinweisschilder aufgestellt werden, damit vorbeikommende Autofahrer anhalten und die Wartenden mit in den Hauptort oder eine Nachbarstadt nehmen.

„Wer nicht mit einem Fremden fahren möchte, der wartet einfach, bis ein Bekannter aus dem eigenen Ort anhält“, heißt es dazu im Internet. Dies sei der Unterschied zum „Trampen“.

Da sich die meisten Menschen im dörflichen Bereich kennen würden und immer mal einer von ihnen nach Wickede oder Neheim fahre, sei die Idee realistisch und wurde in Echthausen durchaus begrüßt.

Im Nachbardorf Voßwinkel gibt es einen solchen Haltepunkt übrigens schon seit einiger Zeit.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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Die Diskussionsrunde des Dorftreffs in Echthausen sprach über den "Zukunfsplan 2025" für die Gemeinde Wickede (Ruhr) sowie die Mobilitätsprobleme älterer Menschen im ländlichen Raum. FOTO: ANDREAS DUNKER
Die Diskussionsrunde des Dorftreffs in Echthausen sprach über den "Zukunfsplan 2025" für die Gemeinde Wickede (Ruhr) sowie die Mobilitätsprobleme älterer Menschen im ländlichen Raum. FOTO: ANDREAS DUNKER
Der Marktbus mit Organisatoren und Fahrern sowie Sponsor Frank Fahnemann ARCHIVBILD: ANDREAS DUNKER
Der Marktbus mit Organisatoren und Fahrern sowie Sponsor Frank Fahnemann ARCHIVBILD: ANDREAS DUNKER