19. Juni 2017
WICKEDE (RUHR). „Mit LEADER europäisches Geld bereit zu stellen, damit Bürger gute Ideen für eine attraktive Heimat umsetzen können, halte ich nach wie vor für überzeugend. Schade ist nur, wenn für eine überschaubare Summe ein riesengroßes bürokratisches Rad gedreht werden soll“, ist Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) frustriert, wie das EU-Förderprogramm in NRW umgesetzt wird. „Die komplizierte Antragsstellung strapaziert die meist ehrenamtlichen Initiatoren doch sehr, was Zeit und Energie angeht.“
Der Weg zum Ziel sei stets machbar, aber sollte weniger aufwändig sein, so Michalzik. Hier sieht der Wickeder Bürgermeister die Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden in der Pflicht: „Man muss sich entscheiden, soll das Programm für örtlich engagierte Bürger passen oder für alle Wünsche, die Bezirksregierung, Finanzministerium und EU-Prüfbehörden maximal abgedeckt wissen möchten.“
Zwar habe er Verständnis dafür, dass die EU-Behörden mit strengeren Vorschriften auf bekannt gewordene Missbrauchsfälle in anderen Staaten reagieren würden, aber es dürfe unter gewissen Förderbeträgen sicher ausreichen, ein ordentliches Angebot für Dienst- oder Sachleistungen einzuholen und den regionalen Behörden zur Plausibilitätsprüfung vorzulegen. – Schließlich würden sich alle unnötigen Kosten ja auch zu Lasten der Antragssteller auswirken, da immmer ein prozentualer Eigenanteil zu leisten sei, der sich in der Summe dann auch erhöhe.
Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) will sich deshalb mit einem landesweiten Sprecherkreis für ein vereinfachtes Verfahren bei geringeren Fördersummen einsetzen.
„Ökumenischer Meditationsweg“ der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinden
Ein Beispiel für den demotivierenden und langwierigen Prozess bei „LEADER“ ist der geplante „Ökumenische Meditationsweg“ der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinden in Wickede. – Seit zig Monaten kommt man dabei nicht zum Abschluss. – Dabei sind die Planungen schon weit fortgeschritten: Der „Ökumenische Meditationsweg“ soll Bürger zum Entdecken schöner Strecken und Orte sowie zum Nachdenken über das eigene Leben einladen. Auf dem Wanderweg sollen Stationen mit religiösen Spruchtafeln sowie eine Begleitbroschüre und ein Online-Portal entsprechende Denkanstöße und Anregungen zum Reflektieren geben. Insgesamt soll die Route rund acht Kilometer um Wickede (Ruhr) führen.
„Die Projektidee ist ökumenisch entwickelt, aber ein offenes Angebot für Menschen, unabhängig von Konfessionen. Insgesamt fallen dafür rund 7.000 Euro an. Ähnliche Projekte an anderen Stellen in Südwestfalen finden bereits guten Anklang, so dass auch eine Vernetzung über Wickede (Ruhr) hinaus möglich erscheint“, weiß Michalzik.
Bauwerke der Wasser- und Wirtschaftsgeschichte als kleine Wahrzeichen für Wickede (Ruhr)
Als weitere Idee für „LEADER“ schwebt dem Wickeder Bürgermeister ein eigenes Projekt unter dem Stichwort „Ruhrleuchten“ vor. Dabei sollen technische Bauwerke entlang der Ruhr mit besonderen Lichteffekten in Szene gesetzt und damit ins Auge der Passanten gerückt werden.
Vorstellen könnte sich Michalzik beispielsweise eine besondere Beleuchtung des alten Wasserwehres, welches unter Denkmalschutz steht, und der Eisenbahnbrücke sowie ähnlicher Flussquerungen. – Als Projektträger sollten dabei der Bürgerverein und der Heimatverein fungieren.
Vorab müsse man aber eine Machbarkeitsstudie für rund 3.000 Euro bei einem Fachingenieurbüro in Auftrag geben, um die technische Realisierbarkeit, einmalige Investitions- und mögliche Folgekosten zu ermitteln, meint Michalzik.
Mit LED-Licht sei heute viel möglich, um Bauwerke attraktiv „in Szene zu
setzen“, so die Erfahrung des Wickeder Bürgermeisters. Besonders prominent und groß sei dies im Landschaftspark „Duisburg
Nord“ zu sehen. Die Lichtinstallationen entlang der Henne in Meschede seien ein
weiteres schönes Beispiel dafür.
Mit entsprechenden Lichtakzenten könnten auch örtliche Bauwerke der Wasser- und Wirtschaftsgeschichte kleine Wahrzeichen für Wickede (Ruhr) werden, hofft Michalzik.
Farbige Fassadengestaltung am Freibad: Jugend-Projekt mit Graffiti-Künstler
Zusammen mit dem heimischen Kanu-Club hat Michalzik zudem über bessere Einstiegsstellen für die Wassersportler an der Ruhr nachgedacht. Die Renaturierung der Ruhr und Brutzeiten der dortigen Vogelwelt machten es den Wasserwanderern oft unmöglich, einfach durchzufahren. Da biete sich der „Bypass“ über den „Obergraben“ als parallelem Kanal zur Ruhr an.
Neben diesem Projekt könne man zudem weitere touristische Infrastrukturmaßnahmen durch „LEADER“ fördern lassen. So denke er beispielsweise an Fahrradstationen mit Wetterschutz-Unterständen sowie Sitz- und Liegebänke am Flussufer, die von Wanderern zum Ausspannen in der freien Natur genutzt werden könnten, berichtete der Bürgermeister im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“, der in Personalunion auch Vorsitzender des regionalen LEADER-Vereins ist.
Verwirklichung von guten Ideen aus dem LEADER-Prozess nicht nur mit EU-Fördergeldern
In den Diskussionen über „LEADER“ seien auch Ideen geweckt worden, die am Ende kein EU-Geld brauchten – aber trotzdem wertvoll für die Gemeinde seien.
Eines dieser Projekte sei eine Aktion mit Jugendlichen, die Fassadenflächen am Freibad farblich mit Graffiti-Kunstwerken gestalten sollen, weiß der Wickeder Bürgermeister. Träger des Projektes unter dem Titel „FarbBad" sei der Freibad-Förderverein.
Zusammen mit dem kommunalen Streetworker Frank Hake und einem renommierten Grafitti-Künstler sollten heimische Jugendliche dabei die Rückwände der Umkleidekabinen, die der Parkplatzreihe am ehemaligen Tennisplatz zugewandt sind, mit Sommer- und Freibadmotiven verschönern.
Schutzhütte am Flussufer soll durch kommunale Finanzmittel gefördert werden
Nicht mehr für vernünftig hält der Bürgermeister inzwischen die Beantragung von LEADER-Fördergeldern für die bereits seit zig Jahren angedachte Schutzhütte am Flussufer zwischen „Weißer Villa“ an der Hauptstraße und dem historischen Trommelwehr an der Ruhr.
Mit geringen Gemeindefinanzen und einer Kreisförderung für die Jugendarbeit sei die Idee sicherlich effektiver und schneller zu verwirklichen als auf dem langen bürokratischen Weg von „LEADER“, ist sich der Verwaltungschef sicher. Dabei stellt er heraus, dass die jungen Leute einen Unterstand schaffen, der für alle bestimmt sei – insbesondere natürlich für die Touristen auf dem Ruhrtalradweg.
Offenbar ist man sich auch noch nicht so ganz klar darüber, ob es sich bei dem kleinen Bau eher um einen Treffpunkt für Jugendliche oder einen Unterstand zur Naturbeobachtung an der in den letzten Jahren renaturierten Ruhraue handeln soll, wenn man Verlautbarungen aus dem Rathaus liest.
Bislang noch keine LEADER-Projekte in Wickede (Ruhr) realisiert
Der gelegentlichen Kritik mancher Bürger und Oppositionspolitiker im Gemeinderat, dass bislang noch kein LEADER-Projekt in der Ruhrgemeinde realisiert wurde, stellt Michalzik drei Argumente entgegen: „Erstens haben wir noch Zeit bis Ende des Jahres 2020, um gute ideen zu entwickeln, und bis 2022, um diese umzusetzen. Zweitens kommt es auf die Bürger an, Ideen zu entwickeln. Drittens ist das kein Programm allein für Wickede (Ruhr), sondern für fünf Kommunen. Deshalb zählt am Ende die Gesamtbilanz!“
Die bisherigen Projekt-Ideen für Wickede (Ruhr) seien inzwischen mit Kosten von insgesamt rund 40.000 Euro kalkuliert, so der Bürgermeister.
ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“