Rechtsanwalt wirft BFU massive Schlamperei bei Flugunfall-Untersuchung vor

15. August 2017

WICKEDE (RUHR) / FRÖNDENBERG. Fast vier Jahre nach dem schrecklichen Flugzeugabsturz am 27. August 2013 an der Ortsgrenze zwischen Fröndenberg und Wickede beschäftigt dieser weiterhin Sachverständige und Juristen. Massiv unter Kritik gerät dabei die „Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung“ (BFU) aus Braunschweig, die mehr als drei Jahre bis zur Veröffentlichung ihres Abschlussberichtes benötigt hatte (wir berichteten).

Rechtsanwalt Markus A. Meyer-Chory, der den hinterbliebenen Sohn und Erben des verstorbenen Piloten Theo W. aus Arnsberg vertritt, und  Heinrich Großbongardt als Luftfahrt-Experte warfen der „BFU“ am heutigen Dienstag (15. August 2015) im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ eine massive Schlamperei bei der Aufklärung des Flugzeugabsturzes vor. So sei das sichergestellte Wrack – nach bisheriger Kenntnis –  bereits nach wenigen Tagen zur Verschrottung freigeben worden.

Dabei hätte es auf Grund späterer Recherchen viel genauer begutachtet werden müssen. Denn die „Timeline“ des Motors sei bereits um zirka sechs Jahre und die der Treibstoffpumpe um etwa eineinhalb Jahre abgelaufen gewesen. Aus ihrer Sicht hätte die marode Maschine gar nicht mehr gewerblich verchartert werden dürfen, so Meyer-Chory und Großbongardt gegenüber „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“.

„Mit der Verschrottung des Wracks schon wenige Tage nach dem Absturz und ohne dass Motor und Treibstoffsystem überprüft wurden, hat die BFU in eklatanter Weise gegen ihre Pflicht zur Beweissicherung verstoßen“, behauptete Heinrich Großbongardt gegenüber „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“.

Zwei Sprecher des Piloten-Sohnes halten Aussage des Vercharterers für wenig glaubwürdig

Für wenig glaubwürdig halten die beiden auch die Aussagen des Flugzeug-Halters, der den Mehrverbrauch der Maschine beim Sprit mit rund 50 Prozent angegeben haben soll. Dies sei anhand der Unterlagen nicht nachvollziehbar.

„Im Sinne der Sicherheit der Luftfahrt hätte die BFU einen Flugunfall dieser Schwere viel genauer untersuchen müssen“, meinte Luftfahrt-Experte Heinrich Großbongardt. Das Wrack mit Motor und Treibstoffpumpe hätte bis zur endgültigen Klärung aller Rechtstreitigkeiten und Schadensersatzansprüchen von der BFU aufbewahrt werden müssen. Denn nun könne der vom Piloten-Sohn eingeschaltete zusätzliche Luftfahrtsachverständige Diplom-Ingenieur Klaus Rogge nur aufgrund der noch vorhandenen Unterlagen die Arbeit der BFU-Experten und den Unfallverlauf beurteilen.

Einer der schwersten Luftfahrtunfälle in Deutschland seit der Jahrtausendwende

Bei einem der – mit fünf Toten und drei schwerstverletzten Personen – schwersten Luftfahrtunfälle in Deutschland seit der Jahrtausendwende hätten der BFU-Untersuchungsführer und seine Helfer wesentlich mehr Sorgfalt walten lassen müssen. Scheinbar hätten sich die BFU-Mitarbeiter ihre Meinung bezüglich des Spritmangels als Absturzursache aber schon an der Unfallstelle vor Ort gebildet und später recherchierte Fakten nicht mehr anhand der Technik im Wrack verifizieren können, da dieses ja bereits verschrottet gewesen sei.

Zwei Rechtsanwälte prüfen rechtliche Schritte gegen die „Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung“

Im Auftrage des Piloten-Sohnes prüft Rechtsanwalt Markus A. Meyer-Chory nun rechtliche Maßnahmen gegen die „Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung“ (BFU) in Braunschweig.

Ein anderer Anwalt des Piloten-Sohnes prüfe eine „Strafanzeige gegen Unbekannt“ wegen der vermeintlichen Schlamperei bei der Untersuchung des Flugzeugunglücks und der kommerziellen Vercharterung des Flugzeuges mit abgelaufenem Motor und abgelaufener Benzinpumpe, so Meyer-Chory. Denn das zentrale Beweismittel sei inzwischen ja verschwunden. So könne man nicht mehr durch Dritte prüfen lassen, ob ein technische Defekt und nicht ein Piloten-Fehler die Absturzursache war, der dem Piloten und vier weiteren Menschen das Leben kostete und drei Schwerverletzte zur Folge hatte.

Zwei zivilgerichtliche Verfahren in dem Fall stehen kurz bevor

Hintergrund für die öffentlichkeitswirksame Bekanntmachung des privat beauftragten Sachverständigen-Gutachtens und den Schlamperei-Vorwürfen gegenüber der BFU sind wohl zwei noch ausstehende zivilrechtliche Gerichtsverfahren in Bezug auf finanzielle Schadensersatzansprüche gegen den Erben des wohlhabenden verstorbenen Piloten Theo W. aus Arnsberg.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“


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29. November 2016: Mehr als drei Jahre nach dem schrecklichen Flugzeugabsturz: Untersuchungsbericht bestätigt Spritmangel als Absturzgrund | wickede.ruhr HEIMAT ONLINE

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Mitarbeiter der „Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung“ (BFU) aus Braunschweig am Unglücksort des Flugzeugabsturzes bei der Untersuchung. – Das Wrack als wichtiges Beweismittel wurde inzwischen angeblich verschrottet. ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Mitarbeiter der „Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung“ (BFU) aus Braunschweig am Unglücksort des Flugzeugabsturzes bei der Untersuchung. – Das Wrack als wichtiges Beweismittel wurde inzwischen angeblich verschrottet. ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER