Fortsetzung folgt: Ein Gerichtsprozess mit interessanten Dimensionen …

4. Januar 2018

WERL / WICKEDE. Haben Polizei und Staatsanwaltschaft ihre „Hausaufgaben“ nicht richtig gemacht? – Richterin Patricia Suttrop meinte bei einem Strafprozess am heutigen Donnerstag (4. Januar 2018) vor dem Amtsgericht in Werl jedenfalls, dass man noch mal „Nachzuermitteln“ müsse und setzte die Hauptverhandlung vorerst aus. Denn zu der Strafanzeige wegen „Urkundenfälschung“ auf Grund eines angeblich nicht zulässigen Autokennzeichens erklärte der angeklagte 36-jährige Wickeder beharrlich, dass das von ihm genutzte stylische „3D-Nummerschild“ gesetzlich durchaus zulässig sei.

Ein zu Rate gezogener Polizei-Beamter aus dem Zeugenstand bezweifelte hingegen die rechtliche Zulässigkeit eines solchen Plastik-Schildes als ordnungsgemäße Kennzeichnung für einen Pkw. So etwas sei wohl höchstens als Parkplatz-Schild zur Reservierung für ein Fahrzeug mit diesem Nummernschild geeignet, behauptete der Polizist.

Der Verteidiger des Angeklagten bezweifelte wiederum, dass das „3D-Nummernschild“ seines Mandanten nicht zulässig sein solle. Denn schließlich sei dieser in der Vergangenheit schon mehrfach von der Polizei kontrolliert worden und das Kfz-Kennzeichen mit den reliefartig erhabenen Zeichen noch niemals beanstandet worden.

Nach Polizei-Kontrolle am 7. Juli 2017 das 3D-Kfz-Kennzeichen eingezogen

Erst bei einer Kontrolle am 7. Juli 2017 in Werl hatten Polizei-Beamte das Kfz-Kennzeichen als ungültig befunden und eingezogen.

Richterin Patricia Suttrop will nun zum Fortsetzungstermin in der Sache die Akte der behördlichen Zulassungsstelle zu dem Fall hinzuziehen.

Zweite Anklage wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis

Bezüglich einer zweiten Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den Wickeder wegen zweimaligen Fahrens ohne Fahrerlaubnis – angeblich am 20. Oktober 2017 in Werl und am 26. Oktober 2017 in Wickede – stieg das Gericht denn auch nicht weiter in die Beweisaufnahme und Zeugenvernehmung ein. 

Der Angeklagte bestritt heute allerdings schon in einem der Fälle am Steuer seines Fahrzeuges gesessen zu haben. Er sei nur Mitfahrer gewesen. Durch die verspiegelten Scheiben hätten die Polizisten ihn gar nicht sehen können.

Widersprüchliche Statements des Angeklagten und seines Verteidigers

Etwas widersprüchlich zu dieser Einlassung seines Mandanten war die Stellungnahme des Verteidigers, der ankündigte, dass sich sein Klient in den zwei Fällen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis geständig zeigen würde.

Aktuelle Recherchen von  „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ zur Zulässigkeit von 3D-Kennzeichen

Bezüglich der ersten Strafanzeige muss allerdings wohl wirklich noch einmal ordentlich „nachermittelt“ werden. Denn wie aktuelle Recherchen von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ am heutigen Donnerstag (4. Januar 2018) schnell ergaben, scheinen 3D-Kfz-Kennzeichen aus Kunststoff generell sehr wohl als Autonummernschilder rechtlich zulässig zu sein.

Kfz-Meister Markus Thurau aus Wickede beispielsweise besitzt selbst rote Nummernschilder mit dem 3D-Effekt, wie er auf Anfrage von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ erklärte.

Und auch ein Mitarbeiter der Kfz-Zulassungsstelle des Kreises Soest in Lippstadt bestätigte heute, dass die neuen 3D-Kennzeichen durchaus erlaubt seien, wenn sie die gesetzlich geforderten Normen erfüllen würden.

Nur Kfz-Zulassungsstelle darf Nummernschilder mit „Siegeln“ versehen

Thurau merkte allerdings dazu noch an, dass das „Siegel“, sprich die Zulassungsplaketten, nicht vom Fahrzeughalter selbst sondern von einem Vertreter der Straßenverkehrsbehörde auf dem 3D-Kennzeichen angebracht werden müssten. Ein Halter dürfte die Plakette nicht einfach selbst von einem alten Aluminium-Schild mit klassischer Prägung abmachen und auf ein neues 3D-Kennzeichen umkleben. Dies sei nicht erlaubt, so Thurau.

Kunstoff-Kennzeichen mit besonderer 3D-Optik seit 2013 auf dem Markt

In einem Online-Artikel von „Auto Bild“ heißt es: „Das 3D-Kennzeichen ist 2013 in Deutschland auf den Markt gekommen. Kunststoff-Chemiker Dr. Michael Bauer hat das Verfahren dazu entwickelt: Statt Aluminiumblech, das bei herkömmlichen Schildern zum Einsatz kommt, verwendet Bauer für seine 3D-Kennzeichen Kunststoff. Der Vorteil: Die Kunststoffschilder sind elastisch und kehren auch nach starkem Verbiegen immer wieder in ihre Ausgangsform zurück. Beulen, Dellen (…) gibt es bei den Kunststoffkennzeichen daher nicht. Die spezielle 3D-Optik kommt dadurch zustande, dass die Lettern nicht wie beim Alu-Schild einfach in die Platine geprägt werden. Sie werden stattdessen selbst aus Kunststoff hergestellt und dann auf die Platine aufgesetzt und fest mit ihr verbunden. Neuerdings gibt es die Lettern sogar im Carbon-Look, der in der Tuning-Szene gerade sehr beliebt ist.“ (Quelle: 3D-Kennzeichen: Nummernschild aus Kunststoff – autobild.de / http://www.autobild.de/artikel/3d-kennzeichen-4474002.html)

Erhabenes Relief aus Buchstaben und Zahlen macht optisch etwas her

Optisch machten die neuen Kfz-Kennzeichen aus Kunststoff durch die Buchstaben und Zahlen in erhabener Relief-Form mit ihrer besonderen Dreidimensionalität „in jedem Fall etwas her“, heißt es an anderer Stelle im Internet.

Dies hatte sich wohl auch ein Freund des Angeklagten gedacht, der dem Wickeder Fahrer eines weißen Audis mit verspiegelten Scheiben deshalb die besonderen Auto-Nummernschilder zum Geburtstag geschenkt hatte.


Fazit: 

Nach unseren sorgfältigen Recherchen sind 3D-Kfz-Kennzeichen generell gültig, wenn sie die Vorgaben nach Paragraf 10 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung erfüllen. Probleme gibt es scheinbar nur in einigen Regionen Deutschlands mit einer Carbon-Variante, die nicht von jeder Zulassungsbehörde „gesiegelt“ wird. 

Ob sich der Angeklagte trotz der allgemeinen Zulässigkeit von 3D-Nummernschildern in der nächsten Gerichtsverhandlung eventuell doch noch wegen des Vorwurfes der „Urkundenfälschung“ strafrechtlich verantworten muss, wird vermutlich davon abhängen, ob die „Siegel“ (Plaketten) vorschriftsmäßig von der Zulassungsstelle auf seinem genutzten Auto-Kennzeichen angebracht wurden – oder ob der Angeklagte dies eventuell vielleicht selbst gemacht hat. Dies wäre wohl nicht erlaubt und könnte doch noch eventuell den Straftatbestand der „Urkundenfälschung“ erfüllen.

Auf jeden Fall dürften Juristen und Polizisten durch diesen Prozess lernen, dass 3D-Kfz-Kennzeichen aus Kunststoff wohl generell in Deutschland zulässig sind.

Das Amtsgericht in Werl ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Das Amtsgericht in Werl ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER