Dramatisch steigender Bedarf an Pflegeleistungen durch alternde Bevölkerung

20. Januar 2018

WICKEDE (RUHR) / KREIS SOEST. Immer mehr ältere und pflegebedürftige Mitbürger seien in den kommenden Jahren eine gesellschaftliche Herausforderung auch für die Kommunen im Kreis Soest, erklärte Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) am heutigen Mittwoch (17. Januar 2018) im Rahmen des Regionaldialogs „Pflege stärken“ im Bürgerhaus in Wickede. Dazu waren rund fünfzig Vertreter aus allen Pflegebereichen zu einem ersten Gedankenaustausch und zu einer überörtlichen Vernetzung zusammen gekommen. Neben Vertretern von Einrichtungen und Verbänden aus der Stadt Werl und den Gemeinden Ense, Welver und Wickede (Ruhr) waren dabei auch Mitarbeiter vom Kreis Soest als Initiatoren präsent.

„Angebote in guter Qualität und ausreichender Zahl, die ältere pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen unterstützen, sind wichtige Bausteine für die zukunftsgerechte und bürgerfreundliche Stadt oder Gemeinde“, hatte Dr. Martin Michalzik als federführender Bürgermeister dazu erklärt. Und es gäbe „einen dramatisch steigenden Bedarf an Pflegeleistungen“ durch die alternde Bevölkerung, so Michalzik.

Weniger Einwohner aber mehr Pflegebedürftige

Während die Einwohnerzahl in Wickede (Ruhr) bis 2040 voraussichtlich von 11.500 auf 10.500 um 1.000 Bürger schrumpfe, wachse zeitgleich die Zahl der Über-65-jährigen Mitbürger im Anteil der Gesamtbevölkerung drastisch. Während die Kommune aktuell noch zirka 2.400 Bürger in dieser Altersgruppe verzeichne, seien es 2040 voraussichtlich schon 3.400 Über-65-jährige, wenn bisherige Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung eintreten würden.

Zahl der „Hochbetagten“ steigt enorm

Auch die Zahl der „Hochbetagten“, die älter als 80 Jahre alt seien, steige nach den Annahmen der NRW-Statistik in den kommenden 20 Jahren wohl kräftig an. Die Veränderung im Altersaufbau werde die Gemeinden verändern: „Das hat immer zwei Seiten. Positiv gesehen gibt es mehr Lebenserfahrung und Senioren-Engagement in der Gesellschaft, wie beispielsweise beim Senioren-Forum in  Wickede  (Ruhr). Umgekehrt müssen wir uns auch darauf einstellen, dass mehr Unterstützung für Senioren gefragt sein wird.“

Fachkräfte fehlen: Düstere Aussichten für Altersversorgung von geburtenstarken Jahrgängen

„Prognosen zufolge wird in den kommenden 15 Jahren die Zahl der Pflegebedürftigen um 50 Prozent auf mehr als drei Millionen steigen“, betonte Michalzik. Im Jahre 2030 – also in gerade mal 13 Jahren – würden dadurch voraussichtlich eine halbe Million Fachkräfte im Pflegebereich in Deutschland fehlen, zeichnete der Wickeder Bürgermeister ein düsteres Bild für die Versorgung der geburtenstarken Jahrgänge im Alter.

Ob riesige Pflegeheime mit zig tausend Betten da eine humane Lösung seien, stellte Michalzik als Frage in den Raum. Eine Utopie seien solche Szenarien aber längst nicht mehr, da es bereits Finanzinvestoren für solche Projekte in der Bundesrepublik gebe.

Senioren-Wohngemeinschaften, Demenz-Gruppen, Nachbarschaftshilfen und anderes

Auf regionaler Ebene sei es deshalb wichtig, die vorhandenen Angebote für ältere pflegebedürftige Menschen in den Blick zu nehmen, um eventuelle Lücken zu erkennen und zu schließen. Zudem müssten Angebote weiterentwickelt und den aktuellen Bedürfnissen der Menschen angepasst werden.

Momentan sei im westlichen Kreis Soest nur jeder sechste Bürger über 65 Jahre alt. Im Jahre 2040 sei es bereits jeder dritte Einwohner, warnte Michalzik. Und damit steige voraussichtlich auch die Zahl der Pflegefälle. Deshalb sei ein „Runder Tisch“ zu stationären, teilstationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen sowie weiteren Protagonisten aus dem Senioren- und Pflege-Bereich wichtig, der vom Bundesministerium für Gesundheit finanziell unterstützt wird.

Neben den etablierten Einrichtungen müsse man auch über Senioren-Wohngemeinschaften, Demenz-Gruppen, Nachbarschaftshilfen und andere ehrenamtliche Initiativen nachdenken. 

Allerdings dürfe man beim Ruf nach dem Ehrenamt nicht vergessen, dass es immer schwieriger werde hierfür Freiwillige zu motivieren.

Größere gesellschaftliche Wertschätzung für Pflegeberufe gefordert

Stellung bezog Michalzik auch zu den Pflegeberufen, die eine größere gesellschaftliche Wertschätzung erfahren müssten. Ohne Pflege werde eine alternde Gesellschaft nicht bestehen können, unterstrich Michalzik. Ohne gute Pflege werde es kein Altern in Würde geben. Genau deshalb sei eine größere Wertschätzung der Pflegeberufe enorm wichtig.

Gefühlte Knappheit bei Kurzzeitpflege-Plätzen in der Region

In einer kurzen Bilanz zum ersten Regionaldialog „Pflege stärken“ erklärte Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik im Gespräch mit Wickede.ruhr HEIMAT ONLINE", dass die Teilnehmer des „Runden Tisches“ insgesamt mit der Pflegesituation in der Region zufrieden seien.

Allerdings mache man die Erfahrung, dass es an Kurzzeitpflegeplätzen mangele, die „aus dem Stand heraus“ ortsnah verfügbar seien. Das gelte zum Beispiel in Fällen, wenn ein pflegender Angehöriger plötzlich selbst erkranke.

Teilnehmer aus Ense, Welver, Werl und Wickede (Ruhr)  

An dem Regionaldialog „Pflege stärken“ nahmen Vertreter von Einrichtungen und Verbänden aus der Stadt Werl sowie aus den Gemeinden Ense, Welver und Wickede (Ruhr) teil. So waren die professionellen Anbieter von Pflegeleistungen ebenso präsent wie mehrere ehrenamtlich aktive Gemeinschaften.  

Von Wickeder Seite nahmen unter anderem Vertreter des Senioren-Zentrums „Häuser St. Raphael“ aus Wimbern, des Seniorenhauses St. Josef, der Sozialstation, der Caritas-Konferenzen und der Diakonie, der Arbeiterwohlfahrt (AWO), des Senioren-Forums, der politischen Gemeinde sowie der Ruhr- und der Löwen-Apotheke an der Veranstaltung teil.

Nächstes Treffen der Gesprächsrunde für 2019 geplant

Die Teilnehmer der Gesprächsrunde verständigten sich darauf, die geknüpften Kontakte untereinander zu vertiefen. In einem Jahr wolle man wieder in ähnlicher Besetzung zusammen kommen, um weitere Entwicklungen im Pflegebereich zu informieren und zu diskutieren.  – Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) lud die Initiatoren der Veranstaltung, Holger Schubert und Nadja Dust vom Bereich „Pflegeplanung und Alter“ der Kreisverwaltung, und ihre Gäste dazu bereits jetzt schon wieder in die Ruhrgemeinde ein. 

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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Holger Schubert und Nadja Dust vom Bereich „Pflegeplanung und Alter“ der Kreisverwaltung Soest, Angelika Bechheim-Kanthak vom Senioren-Büro der Gemeinde Wickede (Ruhr), Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) und Moderatorin Ana Isabel Eichel vom Institut für Organisationskommunikation (IFOK) aus Bensheim (von links) FOTO: ANDREAS DUNKER
Holger Schubert und Nadja Dust vom Bereich „Pflegeplanung und Alter“ der Kreisverwaltung Soest, Angelika Bechheim-Kanthak vom Senioren-Büro der Gemeinde Wickede (Ruhr), Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) und Moderatorin Ana Isabel Eichel vom Institut für Organisationskommunikation (IFOK) aus Bensheim (von links) FOTO: ANDREAS DUNKER
Teilnehmer am Regionaldialog "Pflege stärken" FOTO: ANDREAS DUNKER
Teilnehmer am Regionaldialog "Pflege stärken" FOTO: ANDREAS DUNKER
Teilnehmer am Regionaldialog "Pflege stärken" FOTO: ANDREAS DUNKER
Teilnehmer am Regionaldialog "Pflege stärken" FOTO: ANDREAS DUNKER
Teilnehmer am Regionaldialog "Pflege stärken" FOTO: ANDREAS DUNKER
Teilnehmer am Regionaldialog "Pflege stärken" FOTO: ANDREAS DUNKER