Individuelles Wohl der Kinder geht vor Interessen der Kommune

25. Januar 2018

WICKEDE (RUHR). Die „Sekundarschule“ ist ein sensibles Thema. Nicht nur in der Bildungspolitik auf Landesebene, sondern vor allem auch auf kommunaler Ebene in Wickede (Ruhr). Denn bis Ende 2018 wird die Gemeinde voraussichtlich weit mehr als acht Millionen (!) Euro in den Schulstandort investiert haben.

Den Erhalt der Bildungseinrichtung im Hövel betrachten Kommunalpolitik und -verwaltung als wichtigen Teil der Infrastruktur der Industriegemeinde und eine weiterführende Schule vor Ort als notwendigen Standortfaktor, um für junge Familien als Wohnort attraktiv zu bleiben.

Deshalb sind kritische Äußerungen bezüglich der Sekundarschule in der Öffentlichkeit stets von politischer Brisanz und Probleme im Zusammenhang mit der Schule werden von offizieller Seite gerne schön geredet. Zudem wird Kritikern schnell vorgeworfen, dass sie durch die Offenlegung und Benennung von Schwachstellen und negativen Ereignissen der Schule schaden würden – oder dies sogar absichtlich wollten.

Wichtig ist einzig und allein das Wohl des Kindes

Bei einer redaktionellen Berichterstattung über die Schule darf darauf allerdings keine Rücksicht genommen werden. Denn nicht die durchaus verständlichen Interessen der Kommune als Schulträger sondern vor allem die Interessen der Kinder und das Informationsbedürfnis der Eltern müssen bei einer journalistischen Bewertung im Vordergrund stehen.

Richtige Schulwahl entscheidend für Erfolg im Leben

Die Wahl der richtigen Schule für die eigenen Kinder kann nämlich entscheidend für deren späteren Erfolg im Leben sein. Deshalb sollten dabei weder falscher Lokalpatriotismus noch die Bequemlichkeit eines kurzen Schulweges eine maßgebliche Rolle spielen. Wichtig ist einzig und allein das Wohl des Kindes.


Dazu müssen folgende Fragen bei der Schulwahl gestellt werden:

Welches Wissen und welche Werte vermitteln die Lehrer?

Gibt es ein gutes pädagogisches und didaktisches Konzept?

Fühlen sich die Kinder auf der Schule wohl?

Wie steht es um das soziale Umfeld und den respektvollen Umgang miteinander in der Schülerschaft, sprich: Hat mein Kind auf der Schule den richtigen „Umgang“ oder lernt es vielleicht „falsche Freunde“ kennen oder wird es gar „gemobbt“?

Gibt es ein vertrauensvolles Miteinander von Schule und Eltern? – gerade bei einer Ganztagsschule, die immer mehr Aufgaben auch in der Erziehung der Kinder und Jugendlichen übernimmt, ein wichtiger Faktor!

Ist ein problemloser Schulwechsel möglich, wenn sich die Wahl der Schule im Nachhinein doch als falsch herausstellt oder dieser auf Grund eines Wohnort-Wechsels notwendig wird?

Welchen Ruf hat die Schule bei potentiellen Ausbildungsbetrieben und liefert sie gegebenenfalls das notwendige Basiswissen zum Besuch der gymnasialen Oberstufe eines Berufskollegs, einer Gesamtschule oder eines Gymnasiums?

Und: Wie beurteilen bisherige Schüler und deren Eltern die Qualität der Schule?


Eltern sollten Rat der Grundschullehrer bei ihrer Entscheidung berücksichtigen

Gut beraten sind Eltern sicherlich in der Regel außerdem, wenn sie bei der Wahl der weiterführenden Schule den Rat der Grundschullehrer ihrer Kinder berücksichtigen, die dieses mit seinen Stärken und Schwächen genau kennen und schon Rückmeldungen von früheren Jahrgängen nach einem Schulwechsel erhalten haben.

Interessant sind zudem die Einschätzungen von Schülern und Lehrern weiterführender Schulen nach der 10. Klasse, die darüber Auskunft geben können, wie einfach oder schwer die Fortsetzung der schulischen Karriere mit dem erworbenen Wissensstand aus der Sekundarstufe II ist. – Bei der Sekundarschule Wickede (Ruhr) fehlen hier allerdings noch Erfahrungswerte, da es bisher noch keinen solchen Abschlussjahrgang gibt.

Wie sich so langsam herauskristallisiert, wird es voraussichtlich auch nicht viele Wickeder Sekundarschüler aus dem Gründungsjahrgang geben, die in die gymnasiale Oberstufe wechseln. Dies kann man so sicherlich aus der geringen Beteiligung bei einer entsprechenden Informationsveranstaltung im vergangenen Jahr deuten. Und auch aus den Reihen des Abschlussjahrganges heraus wird dies so bestätigt.

Dies macht deutlich, dass die Sekundarschule sicherlich eher in der Nachfolge-Tradition der 2017 geschlossenen Gerken-Hauptschule steht, als in tatsächlicher Konkurrenz zu einer Realschule oder einem Gymnasium in den Nachbarstädten.

Und durch die Schließung der Westerheide-Förderschule in Echthausen im Jahre 2015 wird sicherlich auch mancher Viertklässler, der früher diese Schule besucht hätte, jetzt lieber in die fünfte Klasse der Wickeder Sekundarschule wechseln, um den weiten Weg zur Soester Clarenbach-Schule zu vermeiden, die ansonsten als regionale Bildungseinrichtung des Kreises Soest dem Förderschwerpunkt „Lernen“ dient.

Eltern haben die Qual der Wahl bei der richtigen Schullaufbahn für ihr Kind

Entscheiden, welchen Schulweg ihr Kind nach der Grundschule einschlägt, müssen die Eltern der Viertklässler aus Wickede und den Nachbarorten schlussendlich selbst.

In einer kleinen Gemeinde wie Wickede (Ruhr) gibt es aber sicherlich genügend Kontaktmöglichkeiten zu derzeitigen Sekundarschülern und deren Eltern, bei denen man eine ungefilterte Meinung zu der Bildungseinrichtung erhält.

Dabei lauten die wesentlichen Fragen: Würden sie sich erneut für den Wechsel zur Wickeder Sekundarschule entscheiden? Oder was würden sie in dem individuellen Fall raten? Denn jedes Kind ist bekanntlich anders.

Je nachdem, welche Sekundarschüler oder Eltern man befragt, dürften die Empfehlungen auf Grund der persönlichen Erfahrungen und des jeweiligen objektiven Urteilsvermögens allerdings recht unterschiedlich ausfallen. Deshalb sollten die Entscheider auch nach den Gründen für die jeweiligen Ratschläge fragen und vielleicht mit mehreren Leuten sprechen.

Vermutlich ist die Sekundarschule Wickede (Ruhr) für das eine Kind auch genau die richtige Schule und für ein anderes Kind keine so optimale Lösung. Dies hängt sicherlich nicht zuletzt von Neigungen und Talenten, Motivation und Leistungsbereitschaft usw. ab.

Erhalt des Schulstandortes liegt nur indirekt in der Verantwortung der Eltern

Dass die Eltern durch ihre Schulwahl indirekt auch über den Fortbestand einer weiterführenden Schule am Standort Wickede entscheiden, sollte ihnen bewusst sein.

Ausschlaggebend bei ihrer Entscheidung sollte aber immer nur das individuelle Wohl des Kindes sein. Nur daraus darf resultieren, ob sich Eltern für oder gegen den Besuch der Sekundarschule der Gemeinde Wickede (Ruhr) entscheiden.

Positive Mund-zu-Mund-Werbung ist entscheidend für Image der Schule

Und: Eine Mund-zu-Mund-Werbung von Schülern und Eltern der Sekundarschule Wickede (Ruhr) wird wesentlich darüber entscheiden, ob ihr Fortbestand dauerhaft gesichert ist. Denn diese prägt das Image der Schule mehr als jegliche mediale Berichterstattung.

Wenn Schulträger, Schulleitung und Schulpflegschaft eine teils kritische Berichterstattung in den Medien als Ursache für zu geringe Anmeldezahlen der örtlichen Sekundarschule verantwortlich machen wollen, suchen sie vielleicht bereits jetzt nach einem externen „Sündenbock“, falls das teure Projekt „Sekundarschule“ in der Ruhrgemeinde doch irgendwann scheitern sollte.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“