Kinder fordern Mitbestimmung sowie mehr Freizeit und weniger Ausbildungsstress

19. November 2018

WICKEDE (RUHR). Der „Weltkindertag“ und der „Internationale Tag der Kinderrechte“ am morgigen Dienstag (20. November 2018) ist für den kirchlichen Rundfunksender „DOMRADIO“ in Köln der Anlass für ein kurzes Interview mit dem Wickeder Vikar Alexander Plümpe (41), der mit einer halben Stelle auch Diözesanseelsorger der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) im Erzbistum Paderborn ist. Das Gespräch ist zwischen 9.10 und 9.15 Uhr live im Programm des katholischen Senders zu hören. Hintergrund ist eine kürzlich beendete Ausstellung der Landjungend im Paderborner Dom, die unter dem Motto „Welche Freiräume brauchen Kinder?“ stand. – Die Redaktion von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ hat bereits am heutigen Montag mit Alexander Plümpe zu dem Themenkomplex Kinder und Jugendliche sowie deren Freiräume und Rechte gesprochen.

wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Als erstes einmal die kritische Frage: Ist die katholische Kirche nach den unzähligen Missbrauchsfällen in ihren Reihen, die den staatlichen Strafverfolgungsbehörden großteils verheimlicht wurden und auch kirchenintern nur sehr schleppend aufgeklärt werden, überhaupt der richtige Fürsprecher, wenn es um die Frage von Kinderrechten geht?

Vikar Alexander Plümpe: Zunächst einmal ist der „Internationale Tag der Kinderrechte“ ja keine kirchliche Erfindung, sondern der 20. November erinnert an die Erklärung der Kinderrechte im Jahr 1989 durch die Vereinten Nationen.
Und diesem Thema war die Ausstellung anlässlich des Monats der Jugendverbände im Paderborner Dom gewidmet. Denn die Jugendverbände zeichnen sich in besonderer Weise dadurch aus, dass sie als Interessensvertreter ihrer Mitglieder ein gewichtiges Wort in Kirche und Politik haben.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: In Echthausen und Wickede gab es früher eine aktive katholische Jugendarbeit. In der Nachkriegszeit waren es die Pfadfinder und später dann die Katholische Junge Gemeinde (KJG). Warum gibt es diese katholischen Jugendgruppen heute nicht mehr in der Ruhrgemeinde? Welche Angebote bietet die Kirchengemeinde St. Antonius von Padua und St. Vinzenz aktuell für Kinder und Jugendliche?

Vikar Alexander Plümpe: Ich kann Ihnen leider nicht sagen, warum es genau diese Gruppen nicht mehr gibt. Da müssten Sie einmal die älteren Wickeder fragen. Ein Blick in die Vergangenheit ist im Bereich der Jugendarbeit aber auch nicht hilfreich. Sondern da zählt hauptsächlich die Gegenwart und vor allem die Zukunft.
Mit fast 100 Messdienern und den aktiven Kolpingsfamilien mit ihren Kindern und Jugendlichen sind wir da mehr als gut aufgestellt. Nicht zu vergessen die Jugendarbeit der evangelischen Kirche, der Schulen und Kindertagesstätten, der Kommune und der vielen Vereine in unserem Ort. Wenn jemand da noch etwas vermissen sollte, ist er herzlich eingeladen, diese Lücke durch seine Mitarbeit zu füllen.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Das Motto des diesjährigen „Weltkindertages“ lautet: „Kinder brauchen Freiräume“. Wo sehen Sie als Jugendseelsorger und studierter Sonderpädagoge die heutigen Kinder und Jugendlichen heute „eingeengt“? In welchen Bereichen haben diese zu wenig „Freiräume“? Und wie können Mütter und Väter oder die Gesellschaft dies ändern?

Vikar Alexander Plümpe: Meine Sicht war in diesem Fall unerheblich. Es ging in der Ausstellung darum, den Blick der Kinder wahrzunehmen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Bedürfnisse zu artikulieren. So fordern sie mehr Mitbestimmung in ihren Belangen, mehr Freizeit, weniger Ausbildungsstress und nicht zuletzt auch eine von allen respektierte Privatsphäre. Mit diesen Aussagen möchten wir in den nächsten Wochen in das Gespräch mit Politikern gehen und ihnen diese Forderungen mit auf den Weg geben.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Nun zum „Internationalen Tag der Kinderrechte“: Angesichts der Generation mit „Hubschrauber-Eltern“, die scheinbar nur um ihre eigenen Kinder kreisen, haben außenstehende Beobachter teilweise das Gefühl, dass es heute schon ausreichend Elternpflichten und Kinderrechte gibt. Lehrern wird beispielsweise schnell mit Rechtsanwälten gedroht, wenn Kinder und ihre Erziehungsberechtigten meinen, dass sich die professionellen Pädagogen falsch verhalten haben. – Deshalb die provokante Frage: Haben Kinder in Deutschland heutzutage nicht schon genügend Rechte und manchmal sogar etwas zu wenig Respekt vor Erwachsenen?

Vikar Alexander Plümpe: Provokante Antwort: Sie haben das Prinzip des Kindertages nicht verstanden. Denn Sie sehen leider nur einen Teil der Gesellschaft und nur durch die Brille des Erwachsenen. Aber wenn Sie einmal genauer hinschauen, dann sehen Sie auch viele Kinder und Jugendliche, denen eben diese grundlegendsten Rechte wie Gleichheit, Gesundheit, Bildung, Spiel und Freizeit sowie gewaltfreie Erziehung und elterlicher Fürsorge vorenthalten werden. Denn obwohl es diese Rechte gibt, haben die Kinder keine Möglichkeit, diese Rechte über eine Instanz einzufordern. Und ein „scheinbares“ „teilweises“ „Gefühl“ einer „Meinung“ über vermeintlich falsches Lehrerverhalten hat nichts zu tun mit der Intention dieses Tages.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Was können wir aus Ihrer Sicht dazu beitragen, dass auch in anderen Ländern unser Verständnis von Kinderrechten schnell Einzug halten und diese mehr Freiräume für eine positive Entwicklung bekommen? Was können wir als Deutsche beispielsweise gegen Kinderarbeit in Entwicklungsländern und Kindersoldaten in Kriegsgebieten tun? Angesichts mancher Berichte in den Medien wirkt man da leider doch ziemlich hilflos.

Vikar Alexander Plümpe: Noch einmal: Es geht nicht um „unser Verständnis“ sondern diese Rechte sind von der Unesco als grundlegend und universal für die Kinder weltweit verstanden. Da geht es natürlich auch um Schutz im Krieg und auf der Flucht sowie um Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung. Wir können erst einmal versuchen, hier in unserem Land und in unserem Ort diese Rechte zu verwirklichen. Ich werde mich davor hüten, hier einfache Musterlösungen für komplexe globale Probleme in ein bis zwei Sätzen zu geben, zumal ich auch nicht in einer Position bin, um diese Lösungen dann auch durchzusetzen.


wickede.ruhr HEIMAT ONLINE: Danke für das Gespräch.


Bevor er Diplom-Theologe und katholischer Priester geworden ist, studierte Alexander Plümpe übrigens erst einmal Musik und Sonderpädagogik und absolvierte in diesem Bereich auch das sogenannte „Erste Staatsexamen“.


Die Fragen stellte ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“    

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Der Wickeder Vikar Alexander Plümpe (41) ist mit einer halben Stelle auch Diözesanseelsorger der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) im Erzbistum Paderborn. ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Der Wickeder Vikar Alexander Plümpe (41) ist mit einer halben Stelle auch Diözesanseelsorger der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) im Erzbistum Paderborn. ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER