Keine leichte Aufgabe: Kommunalpolitiker müssen Prioritäten setzen

23. Mai 2019

WICKEDE (RUHR). Was ist notwendig? Was ist wünschenswert? Was ist wirtschaftlich machbar und was für die Zukunft nachhaltig? Und: Wie soll die hoch verschuldete Gemeinde Wickede (Ruhr) dies alles finanzieren? Schließlich ist die Ruhrgemeinde die am höchsten verschuldete Gemeinde im ganzen Kreis Soest. Ende 2017 lag der bisherige Schuldenhöchststand der Kommune bei rund 30 Millionen Euro.

Wer zahlt schließlich die Zeche für moderne Modulbauten wie im Hövel und großzügige Glasbauten – wie sie sich die Melanchton-Grundschule als geschlossene Pausenhalle erhofft? – Die arme Witwe mit ihrer knappen Rente durch immer höher steigende Steuern auf Grundbesitz, der zuvor von der überörtlichen Politik als Altersvorsorge empfohlen wurde? Oder die nächsten Generationen, die den stetig wachsenden Schuldenberg der Kommune irgendwann (ab-)tragen müssen?

Kommunalwahl am 31. Oktober 2020

Und wie erklären es Bürgermeister und Ratsmitglieder den Grundschülern sowie deren stimmberechtigten Eltern und Lehrern vor der Kommunalwahl am 31. Oktober 2020, dass die Gemeinde Wickede (Ruhr) in den letzten Jahren als Schulträger knapp acht Millionen Euro in den Um- und Erweiterungsbau der Sekundarschule im Hövel investiert hat und nun bei schätzungsweise rund einer Million Euro für den Neubau der bereits seit Jahren völlig maroden Toiletten-Anlagen der Melanchthon-Grundschule zaudern?

Investitionen in kommunale Kindergärten und Schulen

Und welche Begehrlichkeiten weckt eine Modernisierung dieser Schule bei den Vertretern der Engelhard-Grundschule oder bei den kommunalen Kindergärten in den Ortsteilen Echthausen und Wiehagen? – Da fehlen bereits jetzt Betreuungsplätze, damit berufstätige Eltern ihre Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr tagsüber dort unterbringen können. Und darauf haben die Familien sogar einen Rechtsanspruch. – Und außerdem sind die Räumlichkeiten angesichts der gestiegenen Anforderungen durch staatliche Vorgaben und politische Versprechen dort längst nicht mehr funktionsmäßig.

Andererseits: Wer will es verantworten, wenn Wickedes nächste Grundschüler-Generation zu „Heimscheißern“ wird, weil sich die Kinder – völlig berechtigt – vor den maroden Klos in ihrer Schule ekeln? Ist solch ein unhaltbarer Zustand nicht sogar einer guten Lern-Atmosphäre abträglich? Und stinkt nicht schon der kommunale Investitionsstau zum Himmel?

Demografische Entwicklung mit einer zunehmend alternden Bevölkerung

Bei all diesen Fragen müssen die Verantwortlichen natürlich auch noch die demografische Entwicklung mit einer zunehmend alternden Bevölkerung in Deutschland berücksichtigen. Denn wer die Steuergelder nur für Schulbildung und Jugendbetreuung ausgibt, der wird sicherlich bei den Senioren der Gemeinde nicht nur Wohlwollen ernten. Auch bei Wahlen nicht.

Keinen im Regen stehen lassen …

Natürlich ist eine Pausenhalle für die kleinen Grundschüler wichtig und keiner will die Steppkes bei schlechtem Wetter im Regen stehen lassen. Aber was ist eigentlich gleichzeitig mit dem dringend notwendigen Kauf einer neuen fahrbaren Drehleiter für die Freiwillige Feuerwehr, die Leben retten kann? Und da wären natürlich auch noch Kanalisation und Straßenbau, Sport und Kultur und vieles mehr.

Gemeinde muss allen gesellschaftlichen Gruppierungen gerecht werden

Bin ich froh, dass ich als Journalist nur Fragen stellen darf und keine Antworten geben muss, wie Politik und Verwaltung. Denn die Entscheider müssen allen Bewohnern und gesellschaftlichen Gruppierungen in der Gemeinde gerecht werden. Und dabei sollten sie die jetzt schon desaströse Finanzsituation der Kommune sowie die hohen Abgaben für Gebühren- und Steuerzahler vor Ort nicht außer acht lassen, wenngleich sie den Investitionsstau aus der Vergangenheit abarbeiten und in die Zukunft der Ruhrgemeinde investieren müssen.

Was muss, was soll und was kann finanziert werden?

Da gilt es ganz genau abzuwägen: Was muss, was soll und was kann von den Steuerzahlern hart erarbeiteten Geldern sinnvoll und gerecht wofür ausgegeben werden?

Und da gilt es auch im Hinterkopf zu haben, dass die überörtliche Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen der Gemeinde Wickede (Ruhr) erst kürzlich ins Stammbuch geschrieben hat, dass sie über ihre Verhältnisse lebe.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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