Bürgermeister hat keinen Überblick über die Kosten

10. Juli 2019

WICKEDE (RUHR). Die Verwaltung der hoch verschuldeten Gemeinde Wickede (Ruhr) hat offenbar überhaupt keinen Überblick über ihre finanziellen und personellen Aufwendungen für die Organisation und Durchführung der Veranstaltung „Dîner en blanc“. – Dies geht aus einem Statement von Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) hervor, welches die Redaktion unseres lokalen Nachrichten-Portals „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ am gestrigen Dienstag (9. Juli 2019) schriftlich aus dem Rathaus erhielt.

Dabei war unsere journalistische Anfrage vom 3. Juli 2019 an die Gemeindeverwaltung doch relativ simpel: „Wie hoch war der personelle und finanzielle Aufwand für die Organisation und Durchführung des kommunalen Massenpicknicks ,Dîner en blanc‘ im Freibad?“, wollten wir vor sechs Tagen von der Gemeindeverwaltung im Rahmen unserer journalistischen Recherche kurz wissen.

Vor- und Nachkalkulationen für Planung und Durchführung eines solchen Projektes

Jede professionelle Event-Agentur, die eine solche Veranstaltung durchführt, hätte darauf sicherlich blitzschnell die entsprechenden Daten parat gehabt. Denn in der freien Wirtschaft sind Vor- und Nachkalkulationen für Planung und Durchführung solcher Projekte generell Usus. Und zur kaufmännischen Bilanz gehören dabei die Kosten für eigenes eingesetztes Personal und Fremdpersonal ebenso wie der Einkauf von externen Dienstleistungen und Material. – Kalkulatorisch hätte ein Eventmanager sicherlich zudem den entgangenen Gewinn durch die vorzeitige Schließung beziehungsweise spätere Öffnung des Freibades eingerechnet.

Offenbar keine eigene Kostenstelle bei der Kommune für das „Dîner en blanc“

Bei der örtlichen Behörde gibt es aber für das „Dîner en blanc“ – eine Party auf Steuerkosten für zumeist gut situierte Mitbürger – offenbar keine eigene Kostenstelle, so dass der Bürgermeister überhaupt keinen Überblick über den tatsächlichen Aufwand für das „Dîner en blanc“ hat.

Während das Rathaus in der Vergangenheit immer dem Vorwurf eines zeitintensiven Einsatzes kommunaler Mitarbeiter für Vor- und Nachbereitung sowie Durchführung des „Dîner en blanc“ widersprochen hatte, verweist Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) nun darauf, keine Abrechnungsstatistiken für Personalstunden für das Projekt zu führen.

Erklärung von Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) in reinstem Amtsdeutsch

In reinstem Amtsdeutsch erklärte der Bürgermeister dazu: „Für das Diner en blanc gehört die Mitwirkung der sachlich zuständigen Mitarbeiter/innen schlicht zum Aufgabenbereich und wird im Rahmen des Arbeitszeitkontos individuell organisiert bzw. erfolgt beim Bauhof als Teil der Regelaufgaben dieser Organisationseinheit so wie bei anderen Veranstaltungen auch.“

Das nur die „sachlich zuständigen Mitarbeiter“ mitwirken, klingt dabei noch irgendwie logisch. Wer auch sonst? – Darüber wer die „sachlich zuständigen Mitarbeiter“ sind und vor allem wie viele dies waren, darüber hüllt sich Michalzik allerdings in Schweigen.

Neben dem Bürgermeister und seiner Sekretärin, der Tourismus-Beauftragten und Wirtschaftsförderin, dem Schwimmmeister und einem Gehilfen waren dies aber mindestens noch drei oder vier Mitarbeiter des Bauhofes, die unter anderem mehrere Boote vom Möhnesee als Dekoration mit einem Kranwagen abholten, im Freibad zu Wasser ließen und am Folgetag zurückbrachten.

Da kommen schnell einige tausend Euro zusammen

Da kommen vermutlich schnell einige tausend Euro an Personalkosten zusammen. Denn alleine die eigentliche Veranstaltung dauerte von 19 bis 24 Uhr (laut „Soester Anzeiger“).

Geht man davon aus, dass das zuständige Personal etwas früher als die Gäste anwesend sein musste und später die Einrichtung nochmals kontrollierte und sicherte, kommen alleine an diesem Veranstaltungstag schon etliche Stunden zusammen.

Planung, Organisation, Auf- und Abbau sind da noch gar nicht eingerechnet. Gleiches gilt für Honorare für externe Akteure wie Musiker und Sängerin sowie vier Schwimmerinnen.

Hinzu kommen vermutlich Kosten für Licht- und Ton-Technik, Bootsausleih und mindestens 200 Gasluftballons mit mehrfarbigem Logo-Aufdruck inklusive Befüllung, Gestaltung und Druck von Bannern, Plakaten und Handzetteln sowie Werbeschaltungen zum Gemeindejubiläum in Medien und einiges mehr. Auch hier dürfte sich der Betrag schnell summieren.

Tatsächliche Gesamtkosten bleiben fraglich

Doch dies bleiben Spekulationen. Gerne hätten wir die tatsächlichen Gesamtkosten für das „Dîner en blanc“ von der Gemeinde Wickede (Ruhr) als Veranstalter gewusst. Doch Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) blieb dazu bisher konkrete Angaben schuldig.

Ob die kommunale Verwaltung die Daten nicht sagen kann, weil sie selbst überhaupt keinen Überblick über finanzielle und personelle Aufwendungen für das Event hat, oder ob sie die Zahlen bewusst zurückhält, weil die tatsächlichen Kosten für das „Dîner en blanc“ vielleicht doch höher als immer propagiert und längst keine „Peanuts“ mehr sind, bleibt vorerst offen.

Beides ist aber gleich schlimm. Denn Bürger und Steuerzahler dürften in einer Demokratie eigentlich mehr Transparenz bei den kommunalen Finanzen einer sehr hoch verschuldeten Gemeinde erwarten.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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Das „Dîner en blanc“ im Wickeder Freibad: Was hat es die klamme Kommune tatsächlich gekostet? FOTO: ANDREAS DUNKER
Das „Dîner en blanc“ im Wickeder Freibad: Was hat es die klamme Kommune tatsächlich gekostet? FOTO: ANDREAS DUNKER
Zum Rahmenprogramm gehörten Live-Musik …
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… und eine kurze Vorführung von synchronschwimmerinnen aus Werl
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