Bürgermeister Michalzik: Veranstaltungen wie der Neujahrsempfang sind „unbezahlbar“

20. Januar 2020

WICKEDE (RUHR). Der traditionelle Neujahrsempfang der Kommune zählt zu den wichtigsten gesellschaftlichen Ereignissen im Veranstaltungskalender der Gemeinde Wickede (Ruhr). Da dort nur geladene Gäste zugelassen sind, ruft der Empfang alljährlich aber auch immer wieder kritische Fragen und Diskussionen in der Bürgerschaft hervor – insbesondere bei denjenigen, die nicht daran teilnehmen (dürfen). – Unser lokales Nachrichten-Portal „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ hat deshalb mal bei Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) nach Sinn und Zweck sowie Aufwand und Kosten für das Event nachgefragt.

Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) sieht als Ziele des seit 1985 alljährlich am zweiten oder dritten Freitag im Januar stattfindenden Empfangs vor allem die „Stärkung des Gemeinschaftsgefühls“ sowie die Möglichkeit der Vernetzung von lokalen Verantwortungsträgern aus allen gesellschaftlich relevanten Bereichen. Zudem diene die Veranstaltung der Anerkennung und Wertschätzung besonderer Leistungen einzelner Personen und Gemeinschaften in der Gemeinde Wickede (Ruhr). – Dazu habe sein Vorgänger Hermann Arndt (CDU) seit 2005 die heutige Form des kommunalen Events entwickelt, so Michalzik.

Die Veranstaltung diene als Rahmen für die Würdigung besonderer Leistungen, beispielsweise aus den sozialen, sportlichen oder beruflichen Bereichen. So würden besondere Siege von Wickedern in einzelnen Sportarten ebenso wie Ausbildungsbeste und erfolgreiche Unternehmer auf der Bühne präsentiert und geehrt.

Alljährlich werden rund 400 Einladungen an ausgewählte Bürger versandt

Alljährlich lade der Bürgermeister im Namen der Gemeinde rund 400 Gäste ein. In diesem Jahr habe die Verwaltung sogar zirka 450 Einladungen verschickt, hieß es aus dem Rathaus. Erfahrungsgemäß würden dann zwischen 280 und 350 Personen tatsächlich an dem Event teilnehmen.

In den Nachbarkommunen gibt es ähnliche Veranstaltungen

Auch in den Nachbarkommunen gäbe es ähnliche Empfänge, die von Repräsentanten der Gemeinde Wickede (Ruhr) besucht würden. Regelmäßig sei man in Ense und Werl sowie gelegentlich auch in Fröndenberg und Menden zu Gast, berichtete der Bürgermeister.

Bürgerhaus wirkt per se repräsentativ

Die Veranstaltung der Gemeinde Wickede (Ruhr) sei nicht wesentlich aufwändiger gestaltet als in den Nachbarorten. Allerdings wirke das Bürgerhaus mit seinem Foyer, dem großen hohen Saal, den vorhandenen großen Tischen und seiner Bühne und Lichttechnik per se sehr repräsentativ im Vergleich zu manchen Schützenhallen oder anderen Veranstaltungsorten, betonte Michalzik.

Seit 2018 jeweils ein besonderes Motto für den Empfang der Ruhrgemeinde

Zudem setzte man in den letzten Jahren mit geliehenen Objekten zu jedem Motto eine dekorative Note. So beispielsweise mit Booten des örtlichen Kanu-Clubs zum Motto „Auf zu neuen Ufern“ (2018), mit Schildern des kommunalen Bauhofes zum Thema „Baustelle Gemeinde“ (2019) oder mit Modelleisenbahnen von Martin Vollmer und Leihgaben des Bochumer Eisenbahnmuseums jüngst zu „150 Jahre Eisenbahn – Abfahrt in die Zukunft“ (2020).

Kommune lässt sich die Veranstaltung jährlich einige tausend Euro kosten

Bei den Kosten kalkuliere die Gemeindeverwaltung als Faustformel pauschal zirka 15 Euro für jeden Gast bei 300 Teilnehmern. Michalzik: „Ich finde, das ist ein Aufwand, der niemand ärgern oder neidisch machen sollte. Zumal der Einladungsverteiler und der jährliche Zielgruppenwechsel viele Zugangsmöglichkeiten bietet.“ – Per Zufallsprinzip würden auch immer wieder neue Einwohner einbezogen.

Neben den vorgenannten Bewirtungs-, Honorar- und Sachkosten von beispielsweise rund 5.000 Euro in diesem Jahr mit zirka 330 Teilnehmern kommen natürlich noch die Arbeitsstunden im Rathaus, bei den Hausmeistern und Reinigungskräften des Bürgerhauses sowie teilweise auch bei den Mitarbeitern des kommunalen Bauhofes mit auf die Gesamtrechnung.

Da die Kommune keine eigene Kostenstelle für deren Arbeiten für den Neujahrsempfang hat, kann die Verwaltung den tatsächlichen finanziellen und zeitlichen Aufwand für die Veranstaltung aktuell nicht ermitteln. – Dies gehöre einfach mit zum Job der Beteiligten, so der Bürgermeister.

Nach Schätzungen von Experten dürften sich die Personalkosten für Vor- und Nachbereitung sowie Durchführung des Neujahrsempfangs aber auf einige tausend Euro summieren.

Trotz 28 Millionen Euro Schulden hält der Bürgermeister die Ausgaben für vertretbar

Trotz der hohen Verschuldung der Gemeinde (Ende 2018: rund 28 Millionen Euro Schulden – inkl. Gemeindewerke) sowie relativ hoher Grund- und Gewerbesteuer-Sätze hält Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) die Veranstaltung des kommunalen Neujahrsempfangs weiterhin für vertretbar.

Er meint, dass der Empfang sowie weitere kommunale Veranstaltungen wie Feste, Märkte und Wanderungen wie der Schnadegang sogar „unbezahlbar“ (O-Ton Michalzik) seien. – Dies aber nur im sprichwörtlichen Sinne von „für besonders wichtig“ oder „für unverzichtbar“. Denn Events wie diese vermittelten die Erfahrung „Gemeinsam sind wir Wickede (Ruhr).“

Bei dieser Behauptung lässt Michalzik allerdings unerwähnt, dass die rund 330 Gäste des Empfangs nur knapp 2,7 Prozent der insgesamt 12.239 Einwohner der Gemeinde Wickede (Ruhr) (Stand: 31. Januar 2019) darstellen und es sich bei kommunalen Veranstaltungen häufig um einen ähnlichen Teilnehmerkreis handelt.

In der Nachbarkommune Ense werden die Steuerzahler nicht belastet

In der Nachbargemeinde Ense gibt es übrigens auch einen Neujahrsempfang mit rund 500 Gästen sowie kostenlosen Getränken. Zu diesem laden Gemeinde und der sogenannte „Initiativkreis Ense e. V.“, der sich die Förderung der Wirtschaft und Kultur auf die Fahne geschrieben hat, gemeinsam ein. Die Kosten für die Veranstaltung trägt allerdings allein der Verein – und nicht die Kommune.

Michalzik hat mehrere Argumente für den teuren Neujahrsempfang der Gemeinde

Als Argument pro kommunalem Neujahrsempfang listet der Wickeder Bürgermeister aber immer wieder auf, dass die Veranstaltung in erster Linie der Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements zum Wohle der Allgemeinheit diene. Dabei würdige die Kommune zudem immer wieder die Lebensleistungen besonders verdienter Bürger und Unternehmer, die seit Jahren viele Arbeitsplätze vor Ort schaffen würden.

„Leistungen, die der Gesellschaft und unserem Ort nützen und gut tun“, so Michalzik.

Insbesondere gelte dies auch für den sozial-karitativen, den sportlichen und den kulturellen Bereich sowie die Kräfte im Rettungswesen. Diesen Menschen wolle die Gemeinde Wickede (Ruhr) unter anderem durch den Neujahrsempfang ihre Wertschätzung entgegen bringen.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“


Anmerkung der Redaktion: Mit diesem Beitrag möchte sich das lokale Nachrichten-Portal "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE" weder pro noch contra "Neujahrsempfang der Gemeinde Wickede (Ruhr)" positionieren. Uns ist in diesem Zusammenhang nur an der Klärung einiger kritischer Fragen aus der Bevölkerung anhand von Fakten gelegen. Als Berichterstatter sind wir seit Jahren gerne selbst zu Gast auf dem Empfang und schätzen seine gesellige, unterhaltsame und informative Atmosphäre sowie die Funktion der Veranstaltung als Kommunikationsplattform. Trotzdem sind wir der Ansicht, dass auch solche bei den Teilnehmern beliebte Veranstaltungen im Sinne des Gemeinwesens journalistisch immer wieder hinterfragt werden müssen und der Steuerzahler ein Recht auf eine Transparenz der Kosten hat.

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Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) ist seit Januar 2015 der Gastgeber und Moderator des kommunalen Neujahrsempfangs im Bürgerhaus. FOTO: ANDREAS DUNKER
Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) ist seit Januar 2015 der Gastgeber und Moderator des kommunalen Neujahrsempfangs im Bürgerhaus. FOTO: ANDREAS DUNKER