Sanierung des ehemaligen Mannesmann-Geländes viel teurer als erwartet?

11. Februar 2020

WICKEDE (RUHR). Die Altlasten auf der Industriebrache des ehemaligen Mannesmann-Werksgeländes könnten der ohnehin hoch verschuldeten Gemeinde Wickede (Ruhr) in den nächsten Jahren eventuell noch erhebliche neue Defizite bescheren. Denn die Kosten für die Sanierung des mit giftigen Schadstoffen belasteten Erdreichs auf dem Gelände der alten Produktionsstätte der Metallindustrie mit einer Gesamtfläche von rund 21.000 Quadratmetern würden voraussichtlich im niedrigen einstelligen Millionen-Bereich liegen, erklärte Pressesprecherin Sabine Schidlowski-Boos vom „AAV – Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung “ in Hattingen kürzlich im Gespräch mit unserem lokalen Nachrichten-Portal „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“. Will sagen: Die Kosten könnten sich nach diesen Erkenntnissen wohl auf bis zu fünf Millionen Euro summieren.

Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) und Fachbereichsleiter Markus Kleindopp aus dem Rathaus der Gemeinde Wickede (Ruhr) wollten diese avisierten Kosten auf Nachfrage von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ bislang weder bestätigen noch dementieren. Sie möchten erst weitere Gespräche mit dem Altlasten-Verband und seinem mit Bodenproben und -analysen sowie der Sanierungsplanung beauftragten Gutachter-Büro SakostaCau GmbH in Düsseldorf und der Kreisverwaltung Soest als „Unterer Bodenschutzbehörde“ über mögliche Alternativen und Kostenmodelle führen.

Umfang der notwendigen Sanierungsmaßnahmen offenbar noch strittig

Dabei geht es offenbar um den Umfang der notwendigen Sanierungsmaßnahmen in Form eines Bodenaushubs und -austausches. Denn das ab- und anzufahrende Volumen von belastetem Erdreich und gutem Ersatzboden entscheidet natürlich neben den Deponierungsgebühren für das zu entsorgende Material und dem Preis für den Wiedereinbau von neuem Boden ganz erheblich über die Gesamtkosten. Hinzu kommt der Aufwand für die Beseitigung tiefer Stahlbeton-Fundamente, die sich noch auf dem Gelände der ehemaligen Produktionsstätte befinden und auf denen einst die schweren Produktionsmaschinen standen.

Kosten scheinen im Vergleich zu ersten Schätzungen zu „explodieren“

Jedenfalls scheinen die Kosten nunmehr im Vergleich zu ersten Schätzungen scheinbar „explodiert“ zu sein, so dass auch nach einer späteren Vermarktung der sanierten Flächen ein erhebliches Defizit für die Kommune entstehen könnte. Und dies, wenngleich der AAV als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ – die von Land, Kommunen und Wirtschaft finanziert wird – immerhin 80 Prozent aller Kosten trägt und die Gemeinde Wickede (Ruhr) „nur“ 20 Prozent übernehmen muss.

Auf Grundlage früherer Bodenuntersuchungen des Alt-Eigentümers „nur“ etwa zwei Millionen Euro

Zwar hatte bereits die Salzgitter AG als frühere Grundstückseigentümerin vor einigen Jahren einmal Untersuchungen des verseuchten Bodens durchführen lassen, darauf wollte sich der Altlasten-Verband aber nicht verlassen. Denn die Gutachter der Salzgitter AG hatten angeblich weitgehend geringe Belastungen ermittelt, die wiederum für eine Wohnbebauung technisch sicher zu bewältigen sein sollten.

Nach diesen Angaben und damaligen ersten Berechnungen hätte eine Sanierung schätzungsweise „nur“ etwa zwei Millionen Euro gekostet.

Nach der Auskunft des AAV, dass die Sanierung im niedrigen einstelligen Millionen-Bereich läge, könnten die Kosten wohl nunmehr auch auf das Doppelte oder mehr ansteigen.

Trotz des vorliegenden Gutachtens: Weder AAV noch Gemeinde wollen sich konkret äußern

Dass sich weder die Gemeinde Wickede (Ruhr) als aktueller Eigentümer der Industriebrache noch der nordrhein-westfälische Altlasten-Verband konkreter zu den Sanierungskosten äußern will, obwohl bereits ein rund 150.000 Euro teures Boden-Gutachten des Düsseldorfer Büros SakostaCau GmbH seit Wochen im Entwurf in der Verwaltung vorliegt, verheißt jedenfalls nichts Gutes. – Insbesondere in Erinnerung an das peinliche „Herumgeeiere“ des Rathauses bei der Kosten-Explosion bei Um- und Erweiterungsbau der kommunalen Sekundarschule im Hövel.

Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) veranlasste im Jahre 2015 den Kauf der belasteten Fläche

Die rund 21.000 Quadratmeter große Restfläche der mit Schadstoffen belasteten Industrie-Brache in der Ortsmitte wurde auf Anregung von Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) im Namen der Gemeinde im Jahre 2015 von der Salzgitter AG gekauft, die inzwischen Eigentümerin der Immobilie war. In der Amtszeit seines Vorgängers Hermann Arndt (CDU) war die Kommune hingegen nicht auf den viel zu hohen Kaufpreis des Konzerns für das Grundstück mit den Altlasten eingegangen.

Etwas später kaufte die Gemeinde Wickede (Ruhr) zudem noch den Geländeteil, der zuvor von einem Wickeder Unternehmer erworben war, der auch den Ausbau des alten Gebäudekomplexes an der Marscheidstraße zum sogenannten „Gesundheits-Werk“ durchgeführt hatte.

Denn der private Eigentümer hätte keine finanzielle Unterstützung vom nordrhein-westfälischen Altlasten-Verband für die Begutachtung und Sanierung der belasteten Freifläche erhalten. So war der Wickeder Geschäftsmann klug genug und verkaufte seine zuvor erworbene Teilfläche sogar unter Einkaufspreis an die Kommune weiter.

Bislang kaum kalkulierbares finanzielles Risiko für die Sanierung der Altlasten

Das bislang kaum kalkulierbare finanzielle Risiko für die Sanierung der Altlasten tragen nun der AAV und die Gemeinde Wickede (Ruhr), sprich: vor allem der Steuerzahler.

ANDREAS DUNKER für "wickede.ruhr HEIMAT ONLINE"

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Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) von der Gemeinde Wickede (Ruhr) könnte der Kauf der mit Schadstoffen belasteten Industrie-Brache des ehemaligen Mannesmann-Werkes an der Marscheidstraße noch schwer auf die Füße fallen. Denn offenbar zeichnet sich eine Kostenexplosion bei der Sanierung des verseuchten Erdreichs ab, welches auf seine Anregung und nach seinen Verhandlungen für rund 300.000 Euro im Jahre 2015 ohne vorheriges eigenes Boden-Gutachten erworben wurde. Der Steuerzahler muss voraussichtlich die Zeche dafür zahlen. ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (CDU) von der Gemeinde Wickede (Ruhr) könnte der Kauf der mit Schadstoffen belasteten Industrie-Brache des ehemaligen Mannesmann-Werkes an der Marscheidstraße noch schwer auf die Füße fallen. Denn offenbar zeichnet sich eine Kostenexplosion bei der Sanierung des verseuchten Erdreichs ab, welches auf seine Anregung und nach seinen Verhandlungen für rund 300.000 Euro im Jahre 2015 ohne vorheriges eigenes Boden-Gutachten erworben wurde. Der Steuerzahler muss voraussichtlich die Zeche dafür zahlen. ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Blick über die mit Schadstoffen belastete Industriebrache in der Wickeder Ortsmitte – aufgenommen aus einem Steigerwagen im kommunalen Bernhard-Bauer-Park ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Blick über die mit Schadstoffen belastete Industriebrache in der Wickeder Ortsmitte – aufgenommen aus einem Steigerwagen im kommunalen Bernhard-Bauer-Park ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Planierarbeiten auf Teilen des ehemaligen Mannesmann-Werksgeländes ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Planierarbeiten auf Teilen des ehemaligen Mannesmann-Werksgeländes ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Bau der ersten Senioren-Residenz auf dem ehemaligen Mannesmann-Werksgelände ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Bau der ersten Senioren-Residenz auf dem ehemaligen Mannesmann-Werksgelände ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Ende September 2018: Bohrungen zur Proben-Entnahme auf dem ehemaligen Mannesmann-Werksgelände ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Ende September 2018: Bohrungen zur Proben-Entnahme auf dem ehemaligen Mannesmann-Werksgelände ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Ortstermin von Mitarbeitern des Fachbereichs für Planen, Bauen und Umwelt der Gemeindeverwaltung Wickede (Ruhr) und Vertretern des „AAV – Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung“  aus Hattingen auf der mit Schadstoffen belasteten Industriebrache des ehemaligen Mannesmann-Werksgeländes ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Ortstermin von Mitarbeitern des Fachbereichs für Planen, Bauen und Umwelt der Gemeindeverwaltung Wickede (Ruhr) und Vertretern des „AAV – Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung“ aus Hattingen auf der mit Schadstoffen belasteten Industriebrache des ehemaligen Mannesmann-Werksgeländes ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
Historische Aufnahme von dem Mannesmann-Werksgelände in der Ortsmitte. Mit zwischenzeitlich rund 900 Beschäftigten war der metallverarbeitende Betrieb einst der größte Arbeitgeber in der Gemeinde Wickede (Ruhr). Der hohe Fabrikschornstein aus roten Ziegelsteinen gehörte dereinst zu den Wahrzeichen der Industriegemeinde. QUELLE: BILDARCHIV ANDREAS DUNKER
Historische Aufnahme von dem Mannesmann-Werksgelände in der Ortsmitte. Mit zwischenzeitlich rund 900 Beschäftigten war der metallverarbeitende Betrieb einst der größte Arbeitgeber in der Gemeinde Wickede (Ruhr). Der hohe Fabrikschornstein aus roten Ziegelsteinen gehörte dereinst zu den Wahrzeichen der Industriegemeinde. QUELLE: BILDARCHIV ANDREAS DUNKER