Richterin Patricia Suttrop stellt klar: „Sie sind KEIN Betrüger!“

31. Januar 2019

WICKEDE / WERL. Wegen angeblich unrechtmäßigen Bezuges von Sozialleistungen zwischen dem 1. September und dem 31. Dezember 2017 war ein 37-jähriger Deutsch-Libanese aus Wickede am 8. November 2018 vom Amtsgericht Werl zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro verurteilt worden. Richterin Patricia Suttrop hatte damals einen Strafbefehl erlassen, da der Angeklagte der Gerichtsverhandlung ohne Entschuldigung fern geblieben war. Doch der Mann legte Beschwerde ein, da er sich zu Unrecht als Betrüger verurteilt sah. – Am heutigen Donnerstag (31. Januar 2019) gab es nun eine erneute Hauptverhandlung in Strafsachen mit dem Betroffenen auf der Anklagebank.

# Reumütig erklärte der Familienvater: „Ich entschuldige mich, dass ich (zu dem ersten Gerichtsprozess, Anm. d. Red.) nicht gekommen bin!“ – Er habe eine beruflich und privat sehr schwere Zeit hinter sich und deshalb die Post nicht geöffnet. Deshalb sei ihm der Termin für die Verhandlung nicht bekannt gewesen. Und er sei kein Betrüger.

Nunmehr habe er aber wieder alles im Griff und wolle dem Gericht anhand genauer Aufzeichnungen und Dokumente darlegen, dass es sich nur um ein Versehen gehandelt habe und er sich keinen unrechtmäßigen Vermögensvorteil durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichen habe. Vielmehr habe er sogar auf staatliche Regelleistungen, die ihm eigentlich während einer mehrmonatigen Arbeitslosigkeit zugestanden hätten, freiwillig verzichtet und nur eine geringe finanzielle Aufstockung erhalten. Ihm sei es sehr wichtig, dass er nicht öffentlich als Sozialbetrüger dastehe.

Die Zahlungen des Job-Centers in Höhe von 3.305,60 Euro zwischen dem 1. September und 31. Dezember 2017 habe er einfach nicht richtig zuordnen können. – „Ich habe gedacht, dass das eventuell eine (berechtigte, Anm. d. Red.) Aufstockung zu meinem geringen Gehalt wäre“, so der Angeklagte.

Er habe keinesfalls „schwarz“ in dem Gebraucht-Computer-Handel seines Bruders in Wickede gearbeitet sondern diese sozialversicherungspflichtige Tätigkeit bei der Aufnahme ganz offiziell angemeldet. Beim Empfang des Job-Centers habe er außerdem persönlich seinen Arbeitsvertrag eingereicht, so dass die Arbeitsagentur eigentlich hätte über seine neue Beschäftigung informiert sein müssen.

Warum dieser Vertrag offenbar nie bei der Zahlstelle für die finanziellen Leistungen ankam, konnte auch ein Vertreter der Arbeitsagentur als Zeuge vor Gericht nicht erklären.

Nach der Beweisaufnahme und dem Verhör der Zeugen, erklärte Richterin Patricia Suttrop in Bezug auf die Schilderungen des Angeklagten zu seiner Unschuld schließlich: „Das hört sich für mich schlüssig an!“

Und auch der Vertreter der Arnsberger Staatsanwaltschaft forderte zum Ende der Verhandlung einen Freispruch für den Beschuldigten. – Süffisant dabei: Er schilderte aus eigener Erfahrung kurz, dass seine Ehefrau bei einem Job-Center beschäftigt sei und ihm bestätig habe, dass auf den bürokratischen Wegen der Arbeitsagentur so manche Dokumente nicht am gewünschten Ziel ankämen.

So sprach Richterin Patricia Suttrop den Angeklagten und zuvor ja bereits in Abwesenheit zu einer Geldstrafe verurteilten Wickeder Familienvater schließlich vom Vorwurf des Sozialbetruges frei.

Um seinen Leumund wieder herzustellen, fragte der Wickeder nach dem Freispruch aber noch einmal nachdrücklich in Richtung der Richterin: „Also bin ich kein Betrüger?“ Und Patricia Suttrop bestätigte laut und deutlich: „Sie sind KEIN Betrüger!“

Die Kosten für das Verfahren trägt die Staatskasse.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“      


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Amtsgericht Werl ARCHIVFOTO: ANDREAS DUNKER
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