Mutmaßungen, Falschangaben und Fremdenfeindlichkeit?

16. September 2015

WICKEDE. Grünen-Fraktionschef Lothar Kemmerzell ist für seine vollmundigen Ankündigungen von kritischen Anfragen und Anmerkungen im politischen Rat der Gemeinde Wickede (Ruhr) und seinen Gremien bekannt. Häufig ist es allerdings nur heiße Luft, die bei den „investigativen“ Fragen und merkwürdigen Forderungen des Kommunalpolitikers heraus kommt.

Mit seinen „kritischen“ Kommentaren, die er angeblich vor dem lokalen „Parlament“ vortragen will, prahlt Kemmerzell dabei gerne schon mal im Vorfeld in der Öffentlichkeit. Häufig wartet der politisch interessierte Bürger dann aber in den Sitzungen vergeblich auf die angekündigten Statements der Fraktion von „Bündnis 90 / Die Grünen“. – So auch in der Bauausschuss-Sitzung des politischen Rates am gestrigen Dienstag (15. September 2015).

Das einzige, was von Lothar Kemmerzell während des öffentlichen Teils der Sitzung zu hören war, war ein wiederholt störendes Knistern mit Bonbon-Papier. Ansonsten saß er – entgegen seiner Ankündigung – einfach stumm im Zuhörer-Bereich. Und auch sein Fraktionskollege als Mitglied im Fachausschuss hatte scheinbar nichts zur „Bolzplatz-Affäre“ (O-Ton Heinz Vihrog) zu sagen.

Ein krasser Widerspruch zu dem Kommentar von Lothar Kemmerzell auf der Facebook-Seite des Flüchtlings-Freundeskreises „Menschen helfen Menschen“ vom Wochenende. Denn darin hatte er noch vollmundig angekündigt: „…das wird im Bauausschuss (…) zu klären sein“ (wir berichteten). – Gemeint war damit wohl der Anlass für den „umgepflügten“ Rasen auf dem Wimberner Bolzplatz.

Recherchen von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ brachten Aufklärung

Grünen-Ratsherr Lothar Kemmerzell sowie die Freundeskreis-Sprecher Martin Schemm und Heinz Vihrog hatten dabei angedeutet, dass es sich bei dem nicht mehr bespielbaren Fußballfeld eventuell um einen fremdenfeindlichen Racheakt von Wimberner Dorfbewohnern gegenüber den Flüchtlingen aus der „Zentralen Unterbringungseinrichtung“ (ZUE) im ehemaligen Marien-Krankenhaus handeln könnte.

Dies war aber mitnichten so, wie die Redaktion von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“, in zwei kurzen Gesprächen mit Wimberns Ortsvorsteher Edmund Schmidt (CDU) und Michael Scharlipp als Vorsitzendem der Freizeit-Sport-Gemeinschaft (FSG) Wimbern schnell herausfand.

Denn bei der umgepflügten Grasnarbe handelt es sich um den ersten Schritt zur Sanierung des Rasenplatzes, die bereits seit vielen Monaten geplant ist und auch eine erhebliche Verbesserung für die Fußballspieler aus der Flüchtlingsunterkunft darstellt, die den Bolzplatz am Wimberner Dorfrand inzwischen sehr häufig nutzen.

Kein Beitrag zum gedeihlichen Miteinander

Dass Lothar Kemmerzell und seine Mitstreiter inzwischen so wortkarg geworden sind, dürfte vermutlich daran liegen, dass sie zu den eifrigen Lesern von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ zählen, um sich zu informieren, und somit mitbekommen haben, dass sie sich mit weiteren Mutmaßungen über eine fremdenfeindliche Aktion mehr als lächerlich machen würden.

Kurz nach der Veröffentlichung unseres aufklärenden Artikels wurde übrigens der gesamte Beitrag auf der Facebook-Seite des Freundeskreises „Menschen helfen Menschen“ gelöscht – inklusive der Kommentare von Vihrog, Schemm und Kemmerzell.

Zu einem gedeihlichen Miteinander dürften der Grüne und die Sprecher des Flüchtlings-Freundeskreises mit ihren Postings nicht beigetragen haben.

Seinem Motto „Menschen helfen Menschen“ ist der kleine Verein dabei jedenfalls nicht gerecht geworden. Denn solche Häme und Hetze sowie haltlosen Unterstellungen gegenüber anderen Menschen kennt man sonst eher aus einer anderen politischen Richtung. „Mitbürger gegen Mitbürger“ hätte in diesem Fall eher gepasst.

Bereits die Forderung eines Jagdverbotes war ein Schuß, der nach hinten losging

Bereits bei ihrer Forderung nach einem Jagdverbot rund um die ZUE hatten Kemmerzell und der Freundeskreis ja nur mit „Platzpatronen“ geschossen, da sich auch damals auf Grund von Recherchen von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ schnell herausstellte, dass es gar keine Schüsse rund um die ZUE gab, ein Jagdverbot rechtlich gar nicht möglich ist und es bislang auch noch nie Beschwerden von Flüchtlingen gab.

ALDI-Erweiterung wird auch in Zusammenhang mit ZUE gebracht

Kurios auch die Ankündigung von Kemmerzell, dass er in einer Ratssitzung mal süffisant nachfragen wolle, ob die ALDI-Erweiterung wohl auf Grund der zahlreichen neuen Kundschaft aus der ZUE notwendig sei – oder ob man nur Arrestzellen für die zunehmende Zahl von Ladendieben bei ALDI plane.

In der folgenden öffentlichen Ratssitzung blieb Kemmerzell allerdings auch zu diesem Thema stumm.

Was – laut Meinung mancher Wickeder – vielleicht in vielen anderen Situationen ebenso hilfreich wäre …

Fragwürdige Angaben über Mitgliederzahl des Freundeskreises

Mutmaßungen und Falschangaben passen aber in die Kreise, die gegen ihre einheimischen Mitbürger hetzen und polarisieren: So stellte sich kürzlich in einem Gespräch von „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ mit dem Freundeskreis-Sprecher Heinz Vihrog heraus, dass der Verein „Menschen helfen Menschen“ noch nicht einmal ein Dutzend eingeschriebene Mitglieder umfasst.

Der Wickeder Freundeskreis hatte zuvor sowohl gegenüber unserer Redaktion als auch in einer Veröffentlichung im „Soester Anzeiger“ erklärt, dass er bereits nach wenigen Monaten seines Bestehens angeblich weit mehr als 500 Mitglieder zähle. Später räumte Vihrog dann in einem Telefongespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“ ein, dass der  Freundeskreis in Wirklichkeit nur aus einer Handvoll eingeschriebener Mitglieder bestehe. Vihrog hatte einfach „Follower auf Facebook“ und „Newsletter-Empfänger“ als Vereinsmitglieder mitgezählt, um die Zahl zu schönen. So wurden aus fünf Mitgliedern in der Selbstdarstellung des Vereins einfach mal ganz schnell „weit mehr als 500“!

Bei dieser Zahl handelt es sich aber eben nicht um Mitglieder im vereinsrechtlichten Sinne, die ein entsprechendes Formular unterschrieben haben und einen Jahresbeitrag bezahlen. Somit werden sie auch nicht demokratisch an Entscheidungsprozessen beteiligt – beispielsweise im Rahmen einer jährlichen Generalversammlung. Der Verein besteht quasi nur aus dem Vorstand.

Das gut gemeinte Engagement für die Flüchtlinge und die Hilfe des Freundeskreises und seiner Gönner durch Geld- und Sachspenden soll an dieser Stelle gar nicht in Abrede gestellt werden. – Merkwürdig erscheint es aber, dass ein solch kleiner Personenkreis mit Sitz und Stimme am „Runden Tisch“ vertreten ist, wenn es um Probleme rund um die Flüchtlingsunterkunft geht und damit seinen Einfluss bei wichtigen Entscheidungen geltend macht.

ANDREAS DUNKER für „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“

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FOTO: ANDREAS DUNKER
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